Wer hätte gedacht, dass man in Vang Vieng, diesem berüchtigten Paradies für Drögeler und andere Süchtige, Ausflüge in eine herrliche Landschaft machen kann.
Ich bin heute zur Abwechslung mit einem Mountain Bike, einer ziemlich heruntergekommenen Maschine, unterwegs. Doch das Fahren wird erstaunlicherweise trotz schlechten Strassen zu einem Vergnügen. Dass mir am Abend der Arsch schmerzt, steht allerdings auf einem anderen Blatt.
Über Stock und Stein
Es geht über Stock und Stein, durch staubige Abschnitte, die das Atmen schwer machen, dann wieder durch Tümpel, deren Tiefe man nur erahnen kann. Trotz der Hitze und dem ungewohnten Terrain fühle ich mich prächtig. Die Muskeln spielen mit, die Lunge auch, nur manchmal, wenn es alle paar Kilometer eine Ansteigung zu erobern gilt, geht mir die Puste aus. Doch wie zuhause auf der Joggingstrecke ist das funktionierende System eine Anreicherung positiver Gefühle. Dazu braucht es nicht mal die Ausschüttung von Endorphinen.
Staubig und heiss und unberechenbar
Immer anstrengender
Der Weg wird immer anstrengender und gelegentlich an der Grenze des Zumutbaren. Die Luft ist gesättigt mit dem aufgewirbelten Staub, eine dicke Schicht hat sich über meine Kleider, mein Gesicht, meine Arme und Beine gelegt.
Anyway, nach weiteren mühsamen Kilometern treffe ich auf ein junges Paar, ebenfalls mit den Tücken des Weges kämpfend. Wir durchlaufen die üblichen drei Stufen der Bekanntmachung: zuerst auf englisch, dann hochdeutsch und schliesslich schweizerdeutsch. Jürg ist Berner, Sandra Walliserin, wir freunden uns schnell an und beschliessen, die Fahrt gemeinsam fortzusetzen.
Laotische Gastfreundschaft
An einer Kreuzung spricht uns ein modisch gekleideter junger Mann an. Er arbeitet in der Stadt und will nun seinen auf dem Land lebenden Verwandten offenbar seine Weltläufigkeit beweisen, indem er uns unbedingt ins Haus seiner Eltern und Verwandten einladen möchte. Nach anfänglichem Zögern geben wir nach und befinden uns schon bald inmitten unzähliger Menschen, die gar nicht wissen, wie ihnen geschieht.
Die durch mangelhafte Fremdsprachenkenntnisse beeinträchtigte Unterhaltung erschöpft sich in mehr oder weniger stummer gegenseitiger Betrachtung. Wir sitzen auf einem Holzboden unter einem Vordach, umgeben von lauter Frauen mit ihren Kindern, in der Mitte steht ein Topf mit einer Art Suppe. Selbstverständlich werden wir dazu aufgefordert, ihr karges Mahl mitzuessen, und nach weiterem Zögern – wir wollen ja den sicher nicht gerade wohlhabenden Leuten ihr Mahl wegessen – greifen wir zu.
Es schmeckt ausgezeichnet. Und so sitzen wir mit uns völlig unbekannten Menschen zusammen, kommunizieren mit Händen und Füssen und fühlen uns trotz der ungewohnten Situation völlig wohl.
Der junge Mann ist sichtbar stolz auf seinen Coup, was ihm sicher einige soziale Credits seitens seiner Verwandten einbringen dürfte. Und schliesslich das Unvermeintliche: wie bedankt man sich? Ist es beleidigend, wenn man ihnen Geld gibt? Oder soll man es als das betrachten, als das es gedacht ist, nämlich pure und ehrlich gemeinte Gastfreundlichkeit, die keine Gegenleistung verlangt? Wir entscheiden uns für letztere Variante, allerdings trotzdem mit einem leichten Schuldgefühl.
Ballonfahrten
Vang Vieng hat aber noch weitere Highlighs im Köcher. Zurück in der Stadt werden wir Zeuge des Starts eines Heissluftballons. Es sieht abenteuerlich aus, und das dürfte es hier auch sein. Da kommen beim Anblick der Ballonhülle doch einige Fragen auf, die sich alle mit Sicherheit befassen. Nun, beim Start geht jedenfalls alles gut, und unter dem Hurragebrüll der vielen Zuschauer erhebt sich der Ballon in die Lüfte und verschwindet am Horizont.
Am Abend treffe ich mich mit meinen zwei temporären Freunden zum Essen, ein lustiger Abend unter Eidgenossen. An den Nebentischen wird heftig gepafft, der feine Duft guten Stoffs steigt in die Nase, während auf den zahlreichen Bildschirmen – Überraschung – eine Folge von „Friends“ gezeigt wird.
PS Song zum Thema: Pink Floyd – Bike
Und hier geht’s weiter …