Nun bin ich also im Zentrum des Monsters. Der letzte Tag. Anstrengend, kräfteraubend, wahrscheinlich durch die schlechte Luft, den Lärm, die vielen Leute, die Millionen von Autos. Ist aber trotzdem ok, mir hat Bangkok schon immer gefallen. Es ist eine verrückte Stadt, aber trotz aller Verrücktheit hat sie etwas Faszinierendes, das nicht einfach zu erfassen ist.
Schon beim ersten Besuch vor ungefähr hundert Jahren ist mir etwas aufgefallen. Trotz Luftverschmutzung, trotz die Nerven strapazierenden Lärms, der eher einem nie endenwollenden Getöse ähnelt, trotz dichtem Verkehr und selbstmordgefährdeter TukTuk-Fahrten stellt ein unerklärliches Gefühl des „Alles-ok“ ein. Wie so vieles andere in Asien kaum erklärbar.
Und heute ist es wieder so. Trotz der kurzen Zeit geschieht sehr viel. Ich bin wie üblich zu Fuss unterwegs, erkunde die unmittelbare Umgebung des Hotels, lasse mich treiben, dem Fluss und den geschäftigen Strassen und Gassen entlang.
Das Schlepper-Problem
Also, wie sich herausstellt, ein willkommenes Opfer für einen Schlepper. Trotz grinsenden Protesten meinerseits und der Behauptung, dass ich nie im Leben etwas kaufen werde, kutschiert man mich mit einem TukTuk zu einer erstklassigen Touristenfalle. Es handelt sich um einen trés distingué Laden für hochwertige Herrenmode, in das ich mit meinen heruntergekommenen Klamotten und dem 4-Wochen-Bart passe wie eine Kuh in den Petersdom.
Nun, die Leute lassen sich dadurch aber nicht davon abhalten, mir überteuerte Anzüge (sogar nach Thai-Standards), schrecklich farbige Kravatten oder warme Mäntel anzubieten. Ausgerechnet! Aber irgendwie geniesse ich die Behandlung, auch wenn sich diese sehr schnell in höfliche Verachtung verwandelt, sobald mein offenkundiges Desinteresse auch wirklich offenkundig wird. Sogar der Schlepper/TukTuk-Fahrer macht auf der Rückfahrt den Eindruck, als würde er mich am liebsten in den Fluss kippen. Sorry, aber ich habe euch gewarnt!
Das Briefmarken-Problem
Die Grusskarte wartet immer noch auf Beförderung, und so versuche ich, in einem Laden Briefmarken zu kaufen. Das scheint auf den ersten Blick erfolgreich zu sein, allerdings nur bis zu dem Moment, wo ich realisiere, dass es hier nur ziemlich grosse Briefmarken mit einem dafür sehr niedrigen Wert gibt. Ich würde also einen ganzen Bogen brauchen, um auf die geforderten Versandkosten zu kommen.
Es ergibt sich nun wieder mal Realsatire in Reinkultur. Das gesamte Verkaufspersonal, das sich in der Zwischenzeit um mich versammelt hat, schlägt vor, alle Marken aufzukleben. Also ungeachtet der Tatsache, dass dann weder Platz für Adresse und noch für Grüsse übrig bleibt. Das beiderseitige Gelächter wird immer lauter, während wir die Karte vorn und hinten mit Briefmarken bekleben, während für Adresse und Grüsse gerade noch ein paar Quadratzentimeter zur Verfügung stehen. Anmerkung im Nachhinein: die Post scheint wenig Freude an der Karte gehabt zu haben, sie ist auf jeden Fall nie an ihrem Zielort angekommen.
Anschliessend – nun auch mental in Bangkok engekommen – nehme ich die Hochbahn zur Stadtmitte. Der Versuch, ein Shoppingcenter zu finden, scheitert seltsamerweise (was in Bangkok doch eher selten sein dürfte). Also marschiere ich halt alle diese seltsamen Strassen mit den unleserlichen Namen auf und ab, bis ich müde bin. Ich ziehe mich in ein Kaffee zurück, in dem es von jungen Thais wimmelt, die emsig am Lernen sind.
Das Chip- oder Münzeneinwurf-Problem
Tja, und dann wird es Abend, ich bin hundemüde, und nehme die neue U-Bahn zum Flughafen, was mir wieder mal ein besonderes Erlebnis beschert. Ich habe gelernt, dass die normalen Tickets durch den Einwurf einer entsprechenden Anzahl Münzen gekauft werden (die man sich vorher an einem Schalter besorgen kann), anschliessend wird das Ticket an der vorgesehenen Stelle eingelesen, und los geht’s.
Nicht so bei der neuen U-Bahn zum Flughafen. Dort gibt es zwei Möglichkeiten: entweder man bezahlt wie gewohnt mit den Münzen oder – und das ist neu – man kauft sich am Schalter einen Chip (der logischerweise bei der Barriere eingeworfen werden muss). Wer hat schon so viele Münzen bei sich, also kaufe ich einen Chip und werfe ihn dort ein, wo auch die Münzen eingegeben werden.
Doch die Sache hat natürlich einen Haken: der Chip darf natürlich nicht anstelle der Münzen eingeworfen werden, was mir allerdings entgeht, denn damit bewirke ich eine sofortige und vollständige Blockierung des Automaten. Es gibt schnell eine ziemliche Aufregung und schon bald auch eine ziemliche Schlange. Ich entschuldige mich hinten und vorne, aber die Thais nehmen das sehr gelassen. Wahrscheinlich sind sie längst zur Überzeugung gelangt, dass die Überlegenheit der weissen Rasse doch eher einem historischen Zufall zu verdanken ist. Heute habe ich diesen Verdacht mehr als bestätigt.
PS Song zum Thema: The Animals – Bright Lights, Big City
Und hier geht’s weiter …