Ich muss wieder mal auf das spezielle Vergnügen eines perfekten Frühstücks zu sprechen kommen.

Dieses hier, im ‚Ruta de Sur“, bekommt den Oscar für das reichhaltigste, liebevollste, geschmackvollste der bisherigen Reise. Auch die Umgebung, die ja weiss Gott auch anders sein kann, manchmal muffig, irgendwo allein in einem riesigen düsteren Raum oder stehend an einer schmutzigen Theke, ist diesmal besonders erwähnenswert.

El Hostal Ruta da Sur in Cali

Man sitzt in einem echten Patio unter dem offenen Himmel, umgeben von allerlei Sträuchern und Gebüschen, geschützt durch einen Sonnenschirm, und isst mit Leuten zusammen, die man noch nie vorher gesehen hat.

Ein zartes Persönchen und ein kahlgeschorener Engländer

Darunter ein nicht mehr ganz junges deutsches Paar, das seine neunzehnjährige Tochter besucht, die hier in Cali an einem Voluntariat für Strassenkinder teilnimmt.

Das junge zartgliedrige Persönchen ist auch da, erzählt von Aufgaben, die täglich zu erledigen sind, den permanenten Frustrationen, denen man sich stellen muss, den kleinen Erfolgen und Fortschritten, die das Ganze trotz allen Rückschlägen zu einem Erfolgserlebnis werden lassen. Von der Lebensschule für eine Dame in so jungen Jahren ganz zu schweigen. Während sie erzählt, folgen die Augen der Eltern, stolz und erstaunt zugleich, ihren Ausführungen. Chapeau!

Und da ist der kahlgeschorene Engländer, dessen Genuschel zu folgen ich Mühe habe, der mit dem Motorrad auf einer elend langen Reise ist und als nächste Destination Panama ansteuert. Seine Erlebnisse und Erkenntnisse teilt er laufend mit seinem inzwischen zu grossen Zahlen angewachsenen Publikum mit und will seine Abenteuer später in Buchform herausbringen (einer von Millionen, die das gleiche planen).

Cali – eine schwierige Beziehung

Cali macht es sich nicht einfach, meine Gunst zu erobern.

Irgendetwas, ich kann es nicht genau definieren, stört mich an dieser Stadt. Ist es die kriminelle Vergangenheit, die Drogen, das jahrelange Morden? Oder bleibt im Unterbewusstsein die Vorstellung haften, dass sich nichts geändert hat und im Untergrund immer noch vor sich hindämmert, einfach etwas versteckter?

Auf jeden Fall scheint auch das Wetter meine Ansicht zu teilen und regnet sich wieder mal aus, sodass der Besuch in der Stadt buchstäblich ins Wasser fällt.

Cali city

Cali (offiziell: Santiago de Cali) ist mit knapp 3 Millionen Einwohnern die drittgrößte Stadt des Landes.

Bekannt wurde die Stadt auch durch das Cali-Kartell, das im Handel mit Kokain neben dem Kartell von Medellín eines der wichtigsten und mächtigsten Drogenkartelle der Welt war. Drogenhandel und im Zusammenhang mit Drogen stehende Gewaltkriminalität spielen trotz des Zerfalls des Kartells in Cali immer noch eine große Rolle.

Da Morde – in den 1990ern – vor allem mit Alkohol und Bars zusammenhingen, wurde erfolgreich ein Alkoholausschankverbot in Lokalen ab 1 Uhr, am Wochenende ab 2 Uhr früh und an Wochenenden ein Waffenverbot verfügt. In der Stadt selbst gibt es mehrere Invasionen, Hüttensiedlungen, in denen aus anderen Landesteilen Vertriebene wohnen. Zu den Problemvierteln gehören Aguablanca, eine Wellblechstadt in den feuchten Flussniederungen des Río Cauca, und Siloé an den Berghängen im Westen.

Eine sichere Gegend?

Die Gegend um mein Hotel herum wird allerdings als sicher bezeichnet (nur schon die Tatsache, dass man ein Quartier als sicher bezeichnen muss, zeigt die Situation), und so mache ich mich auf den Weg in Richtung der vielen Bars und Restaurants, die es in dieser Gegend geben soll.

Ein kleines Strassencafe mit ein paar wenigen Tischen hat es mir auf den ersten Blick angetan. Allerdings gibt es mal wieder keine Menükarte, und man muss sich selbst einen Überblick über die brutzelnden Gerichte machen. Am besten wählt man etwas, was einigermassen essbar bzw. bekannt aussieht und lässt sich überraschen.

Ich entscheide mich für etwas Rundes, gut Riechendes, und wie sich später herausstellt, handelt es sich dabei um Arepas, ein auf Maisbasis beruhendes Gebäck, das mit Käse gefüllt ist. Endlich etwas Einheimisches, das einer Erinnerung würdig ist.

Salsa Dance in Cali

Salsa

Und sonst? Nichts besonderes und nichts Neues unter der Sonne bzw. dem Regenschirm.

Mein iPhone bleibt verschwunden, der Regen fällt weiter, und die schwergewichtige Dame an der Reception singt und tanzt Salsa . Ach ja, beinahe vergessen: Cali ist die selbsternannte Hauptstadt des Salsa. Aus allen Ecken dröhnen die Rhythmen, jedermann, ob alt oder jung, ob fett oder behindert, bewegt sich in perfekten Bewegungen zur Musik. Es muss im Blut liegen.

Daneben ist Cali, wie gesagt, ein Reinfall, aber ich habe ihm auch keine Chance gelassen. Vielleicht ein Fehler, aber ich werde der Stadt nicht nachtrauern (auch wenn das Hotel sehr empfehlenswert ist.) Mal sehen, wie Escobar-Ciudad Medellin aussieht …

 

Kilometerstand: 7869

Song zum Thema: David Bowie – Criminal World

Und hier geht der Trip weiter … nach Medellin

 

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