In der heiligen Stadt trifft man an allen Ecken und Enden auf Mönche. Sie erwecken Aufsehen in ihren dunkelroten Gewändern, ihren kahlgeschorenen Köpfen, ihrem wachen und verschmitzten Ausdruck im Gesicht. Da ist gar nichts Asketisches zu entdecken, eher eine ungebrochene Lebensfreude.
Die Samaneras hingegen, in hellerem Orange gekleidet, sind Novizen, der Nachwuchs sozusagen. Allerdings ist der Anteil der Samaneras klein, der sich zu einem mönchischen Leben entschliesst. Die meisten Jungen verbringen eine gewisse Zeit im Kloster und kehren dann in ihre bürgerliche Existenz zurück.
Der Hügel
Nach den gestrigen Anstrengunen ist heute Easy-Going angesagt. Die Stadt bietet soviele Highlights, dass die paar Tage kaum reichen, um alles zu sehen. Der über der Stadt thronende Hügel muss bestiegen werden, es soll dort allerhand Spannendes zu sehen geben. Der Hügel spielte auch militärstrategisch (was mich als Militärhasser allerdings nicht vom Stuhl wirft) eine bedeutsame Rolle, die entsprechenden Hinterlassenschaften der kriegerischen Zeiten sind immer noch zu bestauen oder je nach Sicht zu verabscheuen.
Dann steht mitten in der Stadt das Museum bzw. der Königspalast, dessen Ruf allerdings nicht der Beste ist. Den Grund dafür werde ich selbst herausfinden. ansehen, lesen, chillen, mehr nicht. Und schreiben. Mal sehen, wie es mit meinen Romanen weitergehen soll. Ich muss mir da was einfallen lassen.
Über der Stadt thront ein angenehm zu besteigender Hügel, der auch bei grosser Hitze, so wie heute, ohne Anstrengung zu erobern ist. Die Aussicht ist erwartungsgemäss umwerfend. Die Stadt liegt wie eine alternde Dame unter uns, eingebettet zwischen die sie umgebenden Flüsse und die fruchtbaren Felder ringsum. Ein leichter Dunst schwebt einem durchsichtigen Schleier gleich über der Landschaft, verleiht ihr beinahe etwas Mystisches.
Ein waschechter Samanera
Auf dem Weg hinunter treffe ich auf einen jungen Mönch, einen waschechten Samanera. Er gibt sich redlich Mühe, Englisch zu sprechen, löchert mich mit Fragen zum Woher und Wohin, um mir dann am Schluss 500 Kip abzuluchsen. Der gut geplante und durchgeführte Trick verdient Respekt.
Am Fuss des Hügels setze ich mich an einen Tisch vor dem Kloster, und schreibe in mein Tagebuch. Einmal mehr merke ich, wie sehr ich es vermisse.
Und noch ein Samanera
Der junge Mönch spricht mich nochmals an, und ich bin tatsächlich drauf und dran, ihn zu fragen, was er denn nun schon wieder will, bis ich merke, dass es nicht der gleiche ist wie vorher. Dieser ist intelligenter und sprachenkundiger als der erste und erzählt mir seine Geschichte.
Es ist immer die gleiche: die Jünglinge stammen in den meisten Fällen aus armen Familien, die es sich nicht leisten können, ihre Söhne zuhause zu ernähren, und so werden diese für ein paar Jahre ins Kloster geschickt. Dort werden sie geschult, erhalten eine Ausbildung, die es ihnen später erlaubt, einen Job zu finden. Das Gespräch dauert lange und bringt mir eine Menge neuer Informationen. Bis sich der junge Mönch mit grossem Bedauern verabschieden muss, denn eine Glocke ruft zu Was-weiss-ich.
Der Königspalast
Am Nachmittag der Königspalast. Eigenartig. Er ist irgendwie aus der Zeit gefallen, dabei regierte der letzte König bis in die 70-er Jahre, bevor er von den Kommunisten samt Familie eingesperrt wurde. Niemand überlebte. Königsein und Altwerden vertragen sich manchmal schlecht.
Alles wirkt gleichzeitig königlich und furchtbar spiessig. Die Phantasie streikt, will sich das Familienleben mit den Kindern und Bediensteten und Untergebenen und Besuchern vorstellen. Trotz Pomp wirkt das Gebäude – nicht nur weil es ein Museum ist – irgendwie merkwürdig und leer und voll von falschem Pathos. Erinnert mich an die vielen Paläste in Indien, dasselbe Phänomen.
Ich habe mich entschlossen, noch einen Tag länger zu bleiben. Vielleicht noch einmal ein bisschen velofahren, herumstreunen. Das gute Essen geniessen. Die Atmosphäre der alten Stadt reinziehen. Und dann weiter reisen Richtung Süden.
PS Song zum Thema: Dressed Up Animals – Ruinen