Man darf nicht alles als schlechtes Omen sehen, auch wenn der Check-in in Kloten alles andere als optimal verläuft. Fangen wir unser Abenteuer doch besser mit dem Flug an.

Eigentlich ist es ja eine Schande, die immer noch grünen Wiesen und Wälder – auch wenn der kommende Herbst sich langsam bemerkbar macht – zu verlassen und sich auf eine Wanderung zu machen, die im Wesentlichen durch verbrannte Einöde führt.

Eine gute Stunde später sind die grünen Wiesen verschwunden und haben einer grau-braunen, abweisenden Wüste – man kann es nicht anders nennen – Platz gemacht. Na ja, besonders ermutigend sieht das nicht aus.

Aber dann landen, Gepäck suchen, Bus in die Stadt nehmen, zu Fuss zum Hotel. Aber wo findet man den Eingang? Es dauert eine Weile, das Hotel „Nuevo Suizo“ zu eruieren, es gibt einen Hinweis auf meine überragenden Orientierungskünste.

Aber ich bin angekommen, sitze mitten in Sevilla, das Leben dröhnt und ich bin glücklich.

Die Via de la Plata

Manchmal weiss man Jahre zuvor, dass man etwas irgendwann mal tun will. Und genau so verhält es sich mit der Via de la Plata, dem längsten und beschwerlichsten aller Jakobswege in Spanien. Ich habe mir die Route schon vor Jahren angesehen, die endlosen sonnenverbrannten Wege dem Horizont entgegen, und jedesmal hat es mich in den Beinen gejuckt, sofort loszulegen.

Aber auch die Verwirklichung von Träumen dauert manchmal etwas länger als angenommen. Die beiden Weitwanderwege in den vergangenen zwei Jahren – der Alpenpanoramaweg und der Trans Swiss Trail – haben zur Überzeugung beigetragen, dass ich die 1000 Kilometer schaffen könnte.

Et voilà – es ist soweit.

Ob ich es aber schaffe, trotz 1000 km Vorbereitung, steht in den Sternen und macht mich zugegebenermassen etwas nervös.

Ich meine 1000 km sind eine Menge Meter und eine Menge Schritte, sicher zwischen 1 und 1.5 Millionen. Die Zahl ist so unfassbar hoch, dass man besser nicht daran denkt.

Anyway, alles steht bereit, der Wanderführer gekauft und mehrfach durchgelesen, eigentlich kann mich nichts mehr aufhalten. Wir werden sehen …

Sevilla

Aber zunächst bin ich mal in Sevilla, die Hitze ist hoch, aber nicht so hoch wie befürchtet. Der Entscheid, bis Anfang September zuz warten, scheint der richtige gewesen zu sein.

Ich liebe die spanischen Städte. Ich liebe die Spanier, ihre Kultur, Ihre Musik, ihre Sprache. Vor vielen Jahren, an der Universidad Complutense in Madrid, habe ich einige der schönsten Monate meines Lebens verbracht. Sowas hinterlässt Spuren.

Und nun bin ich zurück in Sevilla, nicht das geringste Erinnerungsstück vom ersten Besuch vor über 40 Jahren ist geblieben, also entdecke ich eine neue Stadt.

Und die neu entdeckte Stadt fibriert. Es ist dieses besondere Feeling in südlichen Städten, das sich unmittelbar einstellt. Dieses Gefühl von Lebendigkeit, von seliger Freiheit. Vielleicht ganz einfach von etwas, was wir verloren haben, oder vielleicht nie gehabt haben.

Langsames Flanieren durch die nächtlichen Strassen und Gassen, umgeben von fröhlichen Menschen, die den warmen Spätsommerabend geniessen. Man könnte alle paar Meter stehen bleiben, die wunderbaren Läden bewundern, in deren Fenster zuckrige Kunstwerke zur Schau gestellt werden.

Aber dann muss ich dem langen Tag Tribut zollen und ziehe mich in mein Zimmer zurück.

Entdeckungsreise

Frühstück in einem nahegelegenen Café. Der Kellner nickt zustimmend, als ich ihn nach Churros frage. Man könnte sagen, der Besuch in Spanien beginnt erst richtig mit einem Frühstück. Mit Café con Leche y Churros.

Was ich besonders liebe an Stadtrundgängen ist das planlose Spazieren. Kein Blick auf Google Maps, ganz einfach dem inneren Kompass folgen, der mich hierhin und dorthin führt. Allzu viel kann nicht schiefgehen, denn die Stadt stellt ein ausgeprochen vielfältiges Angebot an Attraktionen bereit.

Und dann steht man vor einem Turm, bleibt bewundern stehen, holt einmal tief Luft und erklimmt die oberste Etage oder …

… man bewundert die Skyline mit der berühmten Kathedrale …

… wundert sich über allerhand Unerwartetes …

… und landet schliesslich – wie alle Touristen – an der Plaza Espana und ist überrascht von der Schönheit des Platzes und natürlich vom Zauber des Flamenco …

 

Und hier startet der Camino de Santiago … mit den ersten Etappen von Sevilla nach Almadén de la Plata