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Nepal

Chitwan Distrikt – Versengte Wiesen, heftige Gewitter

Irgendwie läuft alles ein bisschen komisch an diesem Morgen.

Kein Frühstück in Gesellschaft meiner gefiederten Freunde (zu früh für den Koch?), dafür ein seltsam schmeckendes Irgendwas im Dorf.

Der Bus fährt nicht pünktlich um acht los, sondern wird für eine geschlagene Stunde in den Schatten gestellt.

Das Taxi, das mich nach Dumre fahren soll, stoppt vor einer gigantischen Baustelle, die ein baldiges Durchkommen verunmöglicht. Dafür zu Fuss über Stock und Stein und Bauschutt bis zu einem weiteren Taxi, das auf der anderen Seite wartet.

Kein Restaurant bei der Haltestelle, dafür eine nette alte Dame in einem winzigen Shop, der ich etwas abkaufe, damit ich mich an den Tisch setzen darf (das etwas entpuppt sich allerdings nicht als Chips sondern als Fertignudeln). Sie serviert mir ausserdem einen Black Coffee, so stark und so süss, der auch den biblischen Lazarus ohne die Hilfe von Jesus zum Leben erweckt hätte.

 

At least I would have something to read - if I was able to read it
Ich hätte zumindest etwas zu lesen – wenn ich es denn lesen könnte

Und vor allem – kein Bus, der mich irgendwann zwischen neun und zehn abholen sollte.

Ich warte also, und warte, und warte … Andere Touristen, deren Bus erheblich später als meiner terminiert ist, kommt pünktlich an und fährt weiter. Aber wo ist meiner?

 

Beobachtungen beim Warten

Viele Menschen versäumen das kleine Glück, während sie auf das Große vergebens warten (Pearl S. Buck).

So kommt es mir vor. Ich bin also wieder mal auf der Suche nach dem kleinen Glück. Vielleicht ist es die Familie der Ladenbesitzerin, ein zusammengewürfeltes Patchwork aus Kindern, Jugendlichen, Grosseltern (?), Onkeln und Tanten (?) und allerhand Freunden der Familie.

Man trinkt Kaffee oder Tee oder was auch immer die Nepalesen vormittags trinken, man schwatzt und lacht, putzt die Zähne, spielt mit dem Hund (der mir ein bisschen leid tut) und begutachtet die Küken eines Verkäufers, der diese zusammengepfercht in einem Korb auf dem Kopf trägt (die Küken tun mir noch viel mehr leid).

 

Poor chicken

 

Man hat mich vergessen

Es gibt tausend Sprichwörter und Kalendereinträge zum Thema warten, allerdings keines, das mir an diesem Vormittag die Wartezeit erträglich machen kann. Auf der anderen Strassenseite entleert ein gelber Schulbus seine uniformierten Insassen auf die Strasse, während andere bereits wieder auf dem Nachhauseweg zu sein scheinen.

Und ich warte.

Doch dann, es ist mittlerweile 10.10 geworden, höre ich eine Stimme. „Chitwan?“, ruft sie. Und tatsächlich, ein junger Bursche eilt mir entgegen, wiederholt seine Frage. Ich nicke und werde bereits in den Local Bus verfrachtet, der mit röhrendem Motor abfährt.

Etwas konsterniert, erkundige ich mich, was los ist. Offenbar hat man vergesssen, an meiner Haltestelle zu stoppen und hat mich schlicht vergessen. Und ich selbst habe den Bus übersehen, was angesichts des dichten Verkehrs eine lässliche Sünde ist. Erst im Zentrum von Dumre ist aufgefallen, dass da jemand fehlt, hat den Busbegleiter kurzerhand zurückgeschickt, um das verlorene Schaf zu suchen.

 

Eine geruhsame Fahrt in den Süden

Der Bus ist voll, für einmal ausschliesslich von Touristen besetzt. Man wirft mir zwar beim Einsteigen ein paar seltsame (mitleidige?) Blicke zu, doch dann ist das Thema abgehakt.

Es ist eine geruhsame Fahrt, anfänglich dem Prithvi-Highway entlang, bis der Bus ungefähr auf halbem Weg nach Kathmandu bei der Muging Bridge in Richtung Süden abzweigt. Die Route führt nun einem Fluss, der eine tiefe Schlucht gegraben hat, entlang nach Süden.

 

Through the mountains to the south
Durch die Berge nach Süden

Es sind zahlreiche Querrillen in den Strassenbelag gefräst worden, vermutlich um den Verkehrsfluss zu beruhigen. Ob es wirkt, ist fraglich, aber für die Insassen des Busses ist es alles andere als eine Beruhigung, sie werden alle paar Minuten mit einer Art Schüttelfrost beglückt.

Die asiatische Dame neben mir fällt in tiefen Schlaf, ihr Kopf sinkt auf meine Schulter, und als Gentleman wage ich mich selbstverständlich nicht mehr zu bewegen.

 

Die Hitze

Dass der Chitwan-Distrikt im Süden Nepals liegt und damit bereits zur nordindischen Ebene gehört, ist zwar bekannt, aber die Auswirkungen davon eher nicht. Denn beim kurzen Stopp nach der Durchquerung der Berge schlägt die Hitze wie ein Dampfhammer zu.

Einerseits eine willkommene Abwechslung zu den frostigen Temperaturen im Himalaya, andererseits aber auch eine Herausforderung. Denn es wird richtig heftig. Und so wird es auch die nächsten Tage bleiben.

 

Sauraha

Wir durchqueren nun eine weite Ebene, die Wiesen, die Häuser, die Strassen sehen versengt aus, als wäre jemand mit einem Flammenwerfer darüber gefahren. Dann eine grosse Stadt, Bharatpur, sie scheint endlos zu sein, dann eine weitere, Ratnagar. Ich erkenne die Ähnlichkeiten zu den Städten in Nordindien, alles gleicht sich, auch die Menschen auf den Strassen, die Tiere, die Vehikel. Ich komme mir fast ein bisschen vor wie zuhause.

Das Tagesziel Sauraha, am Rand des Chitwan-Nationalparks gelegen, ist gottlob klein und übersichtlich. Der Bus hält etwas ausserhalb des Dorfzentrums, ein TukTuk bringt mich zu meinem Hotel, dem Rhinoceros Homestay.

Das Zimmer ist okay, ein riesiger Fan an der Decke wird mir hoffentlich die notwendige Kühlung verschaffen, denn es ist heiss wie in der tiefsten Hölle.

 

my hotel room
Schön und bequem und sehr heiss

Und auch der Hotelmanager ist äusserst nett und zuvorkommend, auch kein Wunder, denn er betreibt ausserdem ein Touristen-Office. Es bietet, ebenfalls keine Überraschung, auch Jeep-Touren in den Nationalpark an. Auf jeden Fall habe ich bereits nach einer halben Stunde eine solche für den nächsten Tag organisiert.

 

Die ersten Elefanten

Man sollte bei dieser Hitze eigentlich irgendwo im Schatten ein kühles Bier trinken und auf die Abkühlung am Abend warten. Was auch die meisten Leute tun, denn die Strassen sind verwaist, die Restaurants leer, nur ich und ein Elefant werfen uns einen kurzen Blick zu beim Begegnen.

 

My first elephant in Sauraha

 

Gewitter und Stromausfall

Zur allgemeinen Freude aller vermag gegen Abend ein heftiges Gewitter die Hitze etwas zu lindern. Was allerdings dazu führt, dass der Strom ausfällt (ein Phänomen, das nicht nur bei Gewittern auftritt, sondern sozusagen täglich, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen).

Nach dem Nachtessen im Apple Restaurant (das ich von nun an zu meinen Favoriten bezüglich Essen und Trinken einreihen werde), kehre ich also in ein Zimmer zurück, das sich im Verlauf des Tages so richtig aufgeheizt hat und mir nun eine Ventilator-lose Nacht mit geschätzten 35 Grad bieten wird.

Es ist von grossem Vorteil, wenn man im letzten Leben ein Rikschafahrer in Kerala war und grosse Hitze als normal empfindet. Und so schlafe ich erstaunlich gut, werde kurz aufgeweckt, als sich um Mitternacht der Ventilator ächzend und knatternd in Bewegung setzt und die heisse Luft durcheinander wirbelt. Mehr ist nicht zu erwarten …

 

PS Song zum Thema:  The Dead South – In Hell I’ll be in good Company

Und hier geht die Reise weiter …

 

Nepal

Bandipur – Paradies in den Hügeln

Heute ist einer der Tage, die man als Atemholen zwischen zwei Stürmen nennen könnte. Es scheint mir passend, den Tag mit einem von unzähligen Vogelstimmen untermalten Frühstück auf der Dachterrasse zu beginnen und dabei den Blick über die in allen Schattierungen von Grün und Braun leuchtenden Hügel wandern zu lassen. Wie gestern haben sich die Bergketten des Himalaya hinter eine Dunstwand geflüchtet.

Kein Annapurna, nur ein flirrender Vorhang aus Feuchtigkeit.

 

Die Süsse des Morgens

Dieser Morgen scheint mir etwas Besonderes zu sein. Manchmal erschliesst sich nicht jedes Glück von selbst. Man muss es suchen.

Anyway, ich sitze also da, kein Mensch weit und breit, nur ich und die Vögel und die Süsse des Morgens. Vor mir ein Banana-Pancake, der endlich mal wieder diesen Namen verdient; solche im Langtang Valley konnten fast alles sein, aber niemals richtige Pancakes, auch wenn die Menükarte dies behauptete. Man hätte die Dinger eher als Karton-Cakes bezeichnen können.

Ich würde gerne wissen (wie schon so oft, ich Banause), welche beiden Vögel auf dem Mäuerchen ihre gegenseitige Zuneigung beschwören. Es erinnert an Liebesszenen aus Filmen und Büchern, auf jeden Fall scheint Romantik eine Rolle zu spielen. Oder gefällt mir einfach die Vorstellung, weil sie so gut zur Stimmung dieses Morgens passt?

Eigentlich egal. Ich nippe an meinem Kaffee, das iPad daneben, doch es wird heute und für den Rest der Reise deaktiviert bleiben. Die permanenten Probleme mit den schwachen WiFis haben mich nicht nur zermürbt, sondern zur Weissglut getrieben. Also lassen wir das …

 

Der Mensch – eine seltsame Spezies

Die Gegend um das Dorf herum besteht hauptsächlich aus Hügeln, dazwischen ein paar Fusspfade und vereinzelte Häuser. Es geht also dauernd rauf oder runter. Um mich auf die zu erwartenden Anstrengungen vorzubereiten, genehmige ich mir noch einen Kaffee in einem der zahlreichen Restaurants an der Bazarstrasse und lasse das geschäftige Treiben auf mich wirken.

 

Temple in Bandipur

 

Eine alte Frau ruft einer anderen etwas zu, beide lachen und deuten auf einen älteren Mann, der mit würdevollen Schritten die Strasse abschreitet, als gehörte sie ihm und ihm ganz allein.

Ein kleines Mädchen fällt mir auf, sie strahlt etwas Quirliges aus, sie erinnert mich an meine Enkeltochter, meine kleine süsse Mila.

Aber da kommt, Schirme über dem Kopf, Schutzmaske vor den bleichen Gesichtern, eine chinesische Gruppe die Gasse herauf, man schaut sich um, zückt das Handy und den Selfiestick, klick – klick – klick, und auch diese Sehenswürdigkeit ist im Kasten.

So vergeht die Zeit, gefüllt mit Beobachtungen der Spezies Mensch, diesem ganz und gar mysteriösen Wesen, das mich immer wieder zu erstaunen vermag.

 

Tadchi Mai – vergeblich gesucht

Die Tasse ist leer, ebenso die Strasse, also Zeit, meinen Muskeln Bewegung zuzuführen. Dazu scheint sich die höchste Erhebung des Dorfes, ein Hügel namens Tadschi Mai, besonders gut zu eignen. Ein letzter Blick auf die Karte und Google Maps und los geht’s.

Ich folge also frohgemut einem anfänglich steilen, schweisstreibenden Pfad den Hang hinauf, er führt mich an baufälligen Häusern (habe ich je andere gesehen?), an Scheunen und Gärten und kleinen Wiesen immer höher hinauf, bis das Dorf unter mir liegt.

Es ist ein wunderbar anregender Spaziergang durch blühende und duftende Wiesen, die – im Unterschied zu unseren Breitengraden – noch von summenden Bienen und Insekten bevölkert sind. Manchmal folgt der Weg horizontal zwischen Wiesen hindurch, dann wieder auf staubigen Pfaden steil hangaufwärts. Traktoren kreuzen meinen Weg, man winkt sich zu, freundschaftlich.

 

A small paradise in the hills  On the alleged way to the Tadchi Mai

old gnarled trees  Haze over the valley

Irgendwo dann eine Tafel, darauf steht „Cave“, versehen mit einem Pfeil, der hangabwärts zeigt. Ich überlege eine Sekunde, ob ich mir den Abstieg und späteren Wiederaufstieg antun soll, verzichte aber grosszügig darauf. Der Tadchi Mai wird Belohnung genug sein.

Die Kuppe des Hügels, den ich als eben diesen Tadchi Mai identifiziert habe, scheint immer noch recht weit zu sein. Ausserdem verläuft sich der Pfad nun zwischen den Bäumen, allerdings in einer anderen Richtung. Irgendwas stimmt nicht, also frage ich den netten Herrn, der wie gerufen aus den Bäumen tritt.

The wrong Tadchi Mai

„Tadchi Mai?“, frage ich und deute auf den Hügel oberhalb unseres Standortes. Sein Lachen ist anfangs etwas ungläubig, doch dann wird es lauter, und er deutet mit der Hand auf die gegenüber liegende Talseite, wo sich ebenfalls ein stattlicher Hügel erhebt.

„That’s the Tadchi Mai?“, frage ich ungläubig, einmal mehr überrascht von meinem fehlenden Orientierungssinn, der mich wieder mal in die Irre geführt hat.

Ja, es ist so. Ich öffne Google Maps und erkenne, dass die Himmelsrichtung nicht stimmt. Es ist alles genau umgekehrt. Ich lache auch, tippe mir an die Stirn, was den freundlichen Herrn noch mehr zu amüsieren scheint. Recht hat er.

 

Der richtige Tadchi Mai

Es macht mir aber eigentlich überhaupt nichts aus. Ich habe eine Seite des Tales gesehen, wo sich normalerweise kein Tourist hinbewegt. Der Weg hinunter ins Dorf ist genauso schön wie hinauf, allerdings hat sich nun eine lähmende Hitze über die Welt gelegt.

Es dauert etwas, bis ich den Pfad hinauf zum Tadchi Mai finde, doch dann geht’s so richtig los. Mir kommt es schon bald vor, als hätte mich mein Schicksal am Vormittag davon abhalten wollen, die tausend Treppenstufen zu bewältigen.

 

Once again endless steps  Over the Hills and far away

Es ist tatsächlich eine weitere Übung in Kraft und Durchhaltevermögen, gepaart mit Schnaufen und Fluchen und Ächzen. Die Häuser bleiben unter mir zurück, der Raum öffnet sich, wird weit und hell und grossartig.

 

Parkour

Immerhin gibt es sogar so etwas wie ein Ruheplatz, wahrscheinlich explizit für ältere Herrschaften wie mich angelegt. Doch der Ruheplatz auf halber Höhe ist  belegt. Ein junger Mann bewegt sich mit allerlei seltsamen Bewegungen fort, springt ein paar Meter den Hang hinauf, wuchtet sich über den Steintisch, landet auf den Füssen und macht einen letzten langen Sprung, der ihn vor die Füsse seiner hübschen Freundin bringt.

Als grosser Fan von Casino Royale, einem der besten Bondfilme überhaupt, weiss ich natürlich sofort, was der junge Mann da treibt.

Parkour

Allerdings habe ich noch nie jemanden live gesehen, der diese Technik zu beherrschen scheint. Es handelt sich um ein Paar aus Italien, reisend so wie ich, doch noch nicht müde genug vom Aufstieg. Wie unterhalten uns über Daniel Craig und seinen Widersacher im Prolog von Casino Royale, Sébastien Foucan, einer der Begründer einer ähnlichen Sportart, dem l’art du deplacement.

 

Ein Tempel ganz oben

Dann geht es plötzlich ganz schnell, obwohl mich eine johlende Schulklasse noch einen Augenblick lang aufhält. Die Schüler möchten ihre knappen Englisch-Kenntnisse an den Mann bringen, d.h. ausgerechnet an den schnaufenden und keuchenden Herrn aus der Schweiz.

 

Top of the hill
Ganz oben

Die Aussicht ganz oben ist überragend, sie wäre allerdings noch viel überragender, wenn man die Berge sehen könnte. Aber der Fluch, der 1990 begann und seither wirkt, vermag auch an diesem Nachmittag die Berge zu verschleiern. Ein Hinweis zu 1990: Der Trek der Kali Gandaki Schlucht entlang führt zwischen den Giganten des Himalaya  Massivs durch. Also rechts der Daulaghiri, links der Annapurna. Eine wunderbare Aussicht, etwas, was man sein Leben lang nicht vergisst.

Beziehungsweise nicht vergessen würde im Konjunktiv. Wir schafften es nämlich, eine Woche lang zwischen den schönsten Bergen zu wandern, ohne auch nur eine einzige Sekunde lang etwas davon zu sehen.

Anyway, ich bewundere halt den Rest, setze mich auf eine Mauer und lasse die Aussicht wirken.

 

No idea why the temple is cordoned off with ropes, there is not much to see nor steal   This strange building is obscure

Keine Ahnung, warum der Tempel mit Seilen abgesperrt ist, es gibt weder viel zu sehen noch zu stehlen, und welche Funktion das seltsame Gebäude hat, ist unklar

Die besten Momos aller Zeiten

Zum Mittagessen erwarten mich die besten Momos aller Zeiten. Während eine junge Amerikanerin dem Koch detailgenaue Angaben zur Zubereitung des gewünschten Menüs gibt („I hope you don’t use the same frying pan for the potatos as for the Chapatis“), streift mein Blick über die Bazarstrasse, doch ausser ein paar wenigen der Hitze trotzenden Touristen ist kein Mensch zu sehen.

Die Chicken Momos hingegen sind ein Gedicht. Nicht nur eine Belohnung für meine Irrfahrten am Vormittag sondern vor allem für den heroischen Aufstieg zum Tadchi Lai.

 

Tudikhel

Mit Ausnahme grüner Hügel und dörflicher Atmosphäre (was an sich schon sehr viel ist), sucht der Tourist natürlich alles, was der Guide an Sehenswürdigkeiten noch zu bieten hat. Es soll also einen Aussichtspunkt namens Tudikhel geben, eine Art Sportplatz, der gelegentlich auch für Helikopterlandungen herhalten muss.

Ich folge also wieder mal schmalen Pfaden und staubigen Strassen und erreiche schliesslich den Aussichtspunkt. Seine besondere Bedeutung ist einmal mehr nur im Konjunktiv zu beschreiben, denn so sehr ich mich bemühe, etwas zu erkennen, ich sehe nur im Dunst verschwommene Landschaften.

 

The view from Tudikhel down into the hazy valley
Die Aussicht vom Tudikhel ins dunstige Tal hinunter

Aber immerhin wird die Enttäuschung etwas gemildert durch die Anwesenheit farbig gekleideter Damen, die mir begeisterte Blicke zuwerfen. Offenbar sind Touristen an diesem Ort doch eher eine seltene Spezies, also muss man die Gelegenheit gebührend feiern. Ich würde mich gerne mit ihnen unterhalten, doch die Sprachbarrieren sind wieder mal zu gross. Schade!

Cricket Training

Cricket ist trotz „Lagaan“ immer noch ein Buch mit sieben Siegeln für mich. Doch als ich auf dem Heimweg einen jungen Burschen sehe, der verzweifelt und mit ziemlich wenig Talent Schläge übt, kann ich nicht widerstehen, ihm ein wenig Hilfe zu leisten. Schliesslich kann ich mich genau erinnern, wie der Werfer den Ball wirft (eine seltsame Bewegung aus dem gestreckten Arm heraus).

Und so entwickelt sich eine ungleiche Paarung. Ich auf englisch Anweisungen gebend (obwohl ich keine Ahnung habe), er auf nepalesisch fluchend, wenn er zum x-ten Mal daneben schlägt. Doch nach einer halben Stunde geschieht das Wunder: er trifft nun beinahe jeden Ball, jubelnd und sich am Schluss tausend Mal bei mir bedankend für den unerwarteten Fortschritt seiner Kunst. Wahrscheinlich denkt er, dass er einem wahren Cricket-Meister begegnet ist.

 

Ein Abend wie vor langer Zeit

Der Ausklang dieses denkwürdigen Tages an der Bazarstrasse. Kinder spielen, Erwachsene flanieren vorbei, auch das quirlige kleine Mädchen, das mir bereits am Morgen auffiel, ist wieder da. Man spielt mit Reifen (so wie wir vor hundert Jahren), mit allem, was zur Verfügung steht, und ist vollkommen glücklich.

Man könnte endlos zusehen.

 

Memories come back - children playing in the street  Memories of old times

Erinnerungen werden wach – spielende Kinder auf der Strasse

Doch der Tag, ebenso wie der Aufenthalt in diesem kleinen wunderbar entspannten Ort, geht zu Ende. Morgen beginnt ein neues Kapitel, das schon beinahe letzte dieser Reise. Chitwan.

 

PS Song zum Thema: Black Sea Dahu – In Case I fall for you

Und hier geht die Reise weiter …

 

Nepal

Bandipur – The accidental Tourist

Es kommt selten vor, dass ich mich über eine Woche am selben Ort aufhalte, und noch seltener, dass mir der Abschied so schwer fällt. Doch die Stadt, obwohl hektisch und eine Touristenfalle erster Ordnung, hat mich mit ihrem Charme und der entspannten Atmosphäre überrascht.

 

Abschied ohne Freude

Und so esse ich um 6.15 mein letztes Frühstück, verabschiede mich vom Personal und vom Boss und wünsche ihnen allen viel Glück für die Zukunft. Die floskelhafte Beteuerung, auf jeden Fall wiederzukommen, scheint mir in diesem Augenblick etwas schal, denn natürlich ist mir bewusst, dass es das letzte Mal gewesen sein könnte.

Ich bin früh dran, also gehe ich den Weg zur Busstation zu Fuss und geniesse wie immer die noch morgendliche Stille vor dem Sturm, die würzige Luft, das langsame dem Tag Entgegengehen. Eine keuchende Kohorte uniformierter Soldaten joggt an mir vorüber, mit Ausnahme der Führenden scheint niemand so richtigen Spass dabei zu haben. Meine mitleidigen Blicke werden mit einem resignierten Schulterzucken beantwortet.

 

Bus station

Der Bus steht bereit, neben vielen anderen, mein vollgestopfter Rucksack passt wieder mal nicht in die Gepäckaufbewahrung über dem Kopf, aber dass ich den Rucksack in den Laderaum gebe, steht nach dem Debakel bei der Retourfahrt von Syabrubesi ausser Frage. Jä nu, dann halt auf den Knien.

 

The Accidental Tourist

Bandipur, so wurde mir auf dem Trek ans Herz gelegt, lohnt einen Abstecher in die Berge. Der Name ist mir unbekannt, aber auch der Hotelmanager kennt den Ort und findet es eine ausgezeichnete Idee, auf dem Weg nach Chitwan einen Abstecher zu machen.

Nun gut, betätige ich mich wieder mal als Accidental Tourist, also jemand, der aus purem Zufall über Orte und Erlebnisse stolpert. Es erinnert mich a) an einen wunderbaren Film mit William Hurt und b) den entsprechenden ebenso wunderbaren Roman von Anne Tyler, der die Grundlage für den Film schuf.

 

Macon Leary ist Autor von Reiseliteratur. Als sein Sohn bei einer Schießerei stirbt, gerät seine Ehe mit Sarah in eine Krise. Macon lernt die lebenslustige Muriel Pritchett kennen, die ihm als das Gegenteil seiner Ehefrau erscheint.

Macon und Sarah haben ein Gespräch, in dem Sarah erwähnt, dass sie bereits daran gedacht hat, noch einmal ein Kind zu kriegen. Sie streiten sich deswegen. Nachdem sie sich wieder beruhigt haben, sagt Macon seiner Frau, sie habe den Tod ihres Kindes überwunden und brauche ihn nicht mehr. Er brauche allerdings Muriel, die ihm geholfen habe herauszufinden, wer er selbst sei.

Er unternimmt eine Reise nach Paris und sitzt gerade in einem Taxi, als er auf dem Bürgersteig Muriel sieht. Das Auto hält an und Muriel freut sich, als sie Leary erblickt.

 

Dr. med. aus Barcelona

Eine junge Dame, die sich später als eine Dr. med. aus Barcelona herausstellt, setzt sich neben mich. Wir schweigen uns, nachdem sich der Bus zeitgemäss in Bewegung gesetzt hat, eine Weile gegenseitig an, bis mir ihr Buch auffällt, das sie liest. „Siddharta“ von Hesse. Erstaunlich, dass diese Hippie-Literatur nach wie vor gelesen wird. Wahrscheinlich schätze ich sie deswegen etwas jünger ein, als sie offenbar ist, denn ihre Karriere im Spital hat längst begonnen.

Es geht natürlich nicht ohne meinen Senf dazu. Und so entwickelt sich eine lange und intensive Diskussion, unterbrochen lediglich von einem kurzen Kaffee-Stop. Natürlich taucht irgendwann das Thema Katalonien auf, eine schwierige Geschichte, die im Moment in einer klassischen Sackgasse steckt. Aber als  Schweizer kann ich mich auf meine neutrale Position zurückziehen und bleibe ebenso diplomatisch wie nichtssagend.

 

Dumre

Aber schon erreichen wir Dumre, ich verabschiede mich, „Buen Viaje“, ein Winken, und eine kurzzeitige Bekanntschaft, so wie so viele andere, verschwindet auf Nimmerwiedersehen im Staub des abfahrenden Busses.

Eine andere Dame ist eben dabei, ein Taxi nach Bandipur zu organisieren, unsere Blicke treffen sich, „Shall we share?“ Das Taxi, eines dieser winzigen Vehikel (koreanisch? japanisch? Oder sogar chinesisch?), steigt mit röhrendem Motor über die steile Strasse und die zahlreichen Serpentinen den Berg hinauf, während Heba und ich uns bekanntmachen.

My Hotel Himchuli - situated on the hillside and otherwise a revelation
Mein Hotel Himchuli – am Hang gelegen und auch sonst eine Offenbarung

Das Himchuli Guesthouse

Ein paar Meter neben der Haltestelle liegt mein Hotel, das Himchuli Guesthouse.

Es liegt am Hang, ein paar mörderische Stufen führen zum Eingang hinunter. Die Dame des Hauses ist nicht nur nett, sondern auch ausserordentlich hübsch.

Wie schon in Pokhara fühle ich mich sofort wohl (nicht nur der Dame wegen) und kann mir die nächsten zwei Tage schon mal als angenehm vormerken.

Das Zimmer hat einen Balkon mit Sicht auf das Tal, und auf der obersten Terrasse stehen ein paar Tische für das Frühstück bereit. Momoll, das wird mir gefallen …

 

Bandipur

Die ersten Schritte durch das Städtchen zeigen, dass hier eine vollkommen andere Welt herrscht. Es liegt auf einem Bergrücken, verteilt über mehrere Hügel, verbunden durch Strässchen und unbefestigte Pfade. Seit die zentrale Basarstrasse für den Verkehr gesperrt wurde, herrscht eine Atmosphäre wie vor hundert Jahren.

 

Bandipur  It looks like times long gone

Restaurants and hotels and stores  enchanted corners

Entlang der plattenbelegten Strassen sind zahlreiche Restaurants und Hotels und Läden angesiedelt, Kinder spielen johlend zwischen den gemächlich spazierenden Touristen, die staunenden Auges das unübliche Bild geniessen.

Ein Bild aus längst vergangenen Zeiten.

 

Ein Bier und viele Gespräche

Ich habe mich mit Heba zu einem Spaziergang durch das Städtchen verabredet, wir schlendern entspannt und immer wieder erfreut über die überraschenden Bilder durch den stillen Ort. Doch das Bier an der Basarstrasse ist erstens verdient und zweitens notwendig. Und so stossen wir an, Heba, die Libanon-Schweizerin, und ich, der Schweizer-Schweizer.

 

Samay Baji

Die vielen Touristen haben die Restaurants gestürmt, alle Plätze, besonders die im Freien, sind besetzt, also suchen wir, ein bisschen frustriert, nach einer Alternative. Sie findet sich in einem Restaurant mit offener Vorderseite, also halb drinnen, halb draussen, wo das Hausmenü Samy Baji heisst und aus allerhand Zutaten zusammengesetzt ist. Offenbar ein typisches Newar Gericht, mit Kartoffeln, Chicken, Linsen, Linsen-Pancake, Kartoffelsalat mit Yoghurt-Sauce und als Spezialität Beaten Rice.

 

Samay Baji  Samay Baji

Geschlagener Reis? Klingt für meine Ohren etwas seltsam, sieht sehr trocken aus und schmeckt auch so. Keine Ahnung, was das soll, aber dieser Beaten Rice ist ungeniessbar. Der Rest ist, na ja, ziemlich kalt, mit Ausnahme des Huhns, das dafür ziemlich zäh ist. Heba findet es zu Recht etwas problematisch und gibt nach ein paar Bissen auf.

 

Späte Gäste

Die Zeit fliegt. Nachdem auch die lärmende Guppe Italiener (jedes Vorurteil wird bestätigt) das Lokal verlassen hat, sind wir plötzlich die einzigen Gäste. Auch auf der Strasse ist es mucksmäuschenstill geworden, alle Restaurants und Läden geschlossen. Ich finde knapp den Weg ins Hotel zurück, die elenden abschüssigen Stufen zum stockfinsteren Eingang hinunter. Es kommt mir ein bisschen vor wie in einer Jugendzeit, nur war es dann morgens um vier und nicht um knapp zehn Uhr abends …

 

PS Song zum Thema:  Lana Del Rey – Summertime Sadness

Und hier geht die Reise weiter …