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Burma

Von Bhamo nach Mandalay – Der Weg zurück

Ein furchtbar langer Weg zurück – mit vielen Umwegen.

Bhamo ist mit allen möglichen Transportmitteln zu erreichen, ein einziges erfüllt einigermassen die Bedürfnisse. Natürlich könnte man erneut das Boot nehmen, entweder den ganzen Weg nach Mandalay oder zumindest nach Katha und von da an wieder den Zug.

Keine gute Idee. Mit dem Flugzeug? Fliegt erst am Freitag..

 

Dann also auf der Strasse mit dem Bus

Allerdings gilt es zu beachten, dass der direkte, d.h. kürzere Weg durch aufständisches Gebiet führt, was im Moment ebenfalls nicht sehr intelligent wäre.

Der Bus muss in der Konsequenz einen massiven Umweg in Kauf nehmen und nicht nur das: die einzige verfügbare Strasse ist mehrheitlich unbefestigt, staubig, ein Flussbett. Kennen wir doch irgendwie. Sahara light sozusagen, aber was soll’s, packen wir’s. 15 Stunden sind angesagt, plus/minus ein paar zerquetschte.

 

From Bhamo to Mandalay
Von Bhamo nach Mandalay

Ein letzter Gang durchs irgendwie ans Herz gewachsene Städtchen, einen letzten Kaffee Mixed, ein paar Esswaren für den langen Weg (es gibt tatsächlich eine Bäckerei, die allerhand Verführerisches anbietet). Der Busfahrer gibt schon ein paar Minuten vor vier ein paar Mal Gas, Fast and Furious in Bhamo, dann, als hätte er den Startschuss nicht abwarten können, prescht er zwei Minuten vor vier los.

 

Bus to Mandalay
Von aussen sieht er ganz in Ordnung aus …

 

Wir fressen Staub

Es wird eine denkwürdige, wenn auch viel angenehmere Fahrt als erwartet. Natürlich fressen wir Staub, dass es zwischen den Zähnen nur so knistert, natürlich hat man zuwenig Platz, und die Füsse schlafen ein, natürlich wird man hin und her geworfen, aber das ist kalter Kaffee im Vergleich zum Zug. Und der Driver kennt sein Metier. Er fährt die Strecke ab, als gälte es die Paris-Dakar-Ralley zu gewinnen.

Und so geht der Tag dahin. Man sieht aus dem Fenster, solange es was zu sehen gibt, armselige Hütten am Fluss, ein paar Kühe und Wasserbüffel, dann wieder der Fluss. Wer lebt hier? Manchmal taucht eine Gestalt – ein Mann, ein Kind? – ein paar Sekunden auf, kaum sichtbar, schnell verschwunden, als wollte sie sich nicht zeigen.

Das hier ist Armut, die wir uns nicht vorstellen können. Wir sind Voyeure, wir beobachten, ohne Teil der Welt zu sein, wir sind Spitzel aus der Fremde. Wir sehen zu, frösteln innerlich ein wenig über das Gesehene … und gehen weiter.

So ist unsere Welt.

Wir folgen lange Zeit dem Irrawaddy, erkennen die Schluchten und Abhänge und Hügel und fragen uns einmal mehr, warum dieser Fluss so grauenhaft verschmutzt ist.

Ich meine, der Mekong ist auch nicht die Limmat, niemand badet darin aus Freude am sauberen Wasser, aber das hier? Was zum Henker schwimmt da auf der Oberfläche? Ist es das, was ich denke, das es ist? Fäkalien? Ist der Fluss die Klärgrube für den ganzen Norden Burmas? Lieber Himmel …

 

poor huts at the Irrawaddy
Ein paar armselige Hütten am Fluss
Waterbuffalos
Wasserbüffel, ein paar Kühe im tristen Grau des frühen Abends

Und so geht die Fahrt weiter, döst ein bisschen, steigt bei jedem Halt aus, um sich die Füsse zu vertreten, macht es sich wieder bequem. Wir bewegen uns lange in westlicher Richtung, bis der Bus dann nach ein paar Stunden gegen Süden abzweigt.

 

Irgendwann fällt die Nacht über die Welt

Leute kommen, Leute gehen, man lädt zwanzig Säcke mit Knoblauch aus, ersetzt sie durch unzählige 50-kg Säcke mit weiss der Teufel was drin. Meine Sitznachbarin verschwindet irgendwann, ich werde sie nicht vermissen, hatte sie doch eine ziemlich eigenwillige Vorstellung von fairer Platzverteilung.

Der Kopf fällt vornüber, doch der Schlaf will nicht kommen, also sucht man in der Dunkelheit nach etwas Essbarem, kaut, schaut in die Nacht hinaus, zu den wenigen Lichtern. Wer lebt dort? Eine Bauernfamilie, versammelt um eine Oelpfunzel (elektrisch ist hier draussen Mangelware)? Ich weiss es nicht.

Oder das riesige verlassene Gebäude – eine ehemalige Fabrik? – wo genau ein Licht brennt? Wer könnte das sein? Fragen über Fragen, jede für sich unwichtig, aber das Denken darüber vertreibt die Zeit. Und macht schläfrig, und so gleite ich ganz und gar unerwartet hinüber, erwache zwar gelegentlich mit verquollenen Augen, aber wir sind noch nicht da, noch lange nicht.

 

Ein Zwischenhalt

Irgendwann ein längerer Halt, Mitternacht ist längst vorbei. Ich beisse in etwas Sandwichartiges aus der Bäckerei, doch der Blick auf einen kleinen weissen Hund, der apathisch am Boden liegt, vertreibt meinen Hunger. Ich weiss nicht, ob es am Sandwich liegt oder ob es ihm wirklich so schlecht geht, auf jeden Fall verschmäht er mein Angebot. Ich streichle ihn ein bisschen, vielleicht das erste, vielleicht das letzte Mal …

 

Stopover on the way to Mandalay
Ein Halt in dunkler müder Nacht

 

Angekommen

Und dann, an einem undefinierbaren Ort ohne Namen oder Bezeichnung erreichen wir Mandalay. Ich verabschiede mich von Ivo, der direkt weiter fährt und nehme ein Mopedtaxi zum Hotel. Es ist halb sechs, die Fahrt hat etwas mehr als 13.5 Stunden gedauert.

 

PS Song zum Thema:  Eagles – Long Road out of Eden (Live)

Und hier geht die Reise weiter …

 

Burma

Bhamo – eine gefangene Insel

Bhamo liegt vollkommen abseits der Welt.

Man muss sich einen Ort vorstellen, der zwar über Land und Wasser und Luft erreichbar ist, aber durch seine besondere Lage eine gefangene kleine Insel inmitten von Dschungel und Niemandsland darstellt. Die Unruhegebiete der Aufständischen sind zwar nah, aber davon merkt man nicht viel.

Doch schon die Ankunft bei der Anlegestelle deutet darauf hin, an einem sehr besonderen Ort angekommen zu sein. Es herrscht eine andere Stimmung, seltsamerweise viel entspannter und gelassener als beispielsweise in Mandalay. Vielleicht hat es mit seinem besonderen Charakter als abgelegenes Eiland zu tun. Alles ausserhalb ist ausgesperrt, all die Verrücktheiten des modernen Lebens scheinen hier noch nicht angekommen zu sein.

Das ist schon mal ein guter Anfang.

 

Ein seltsames Hotel

Das Hotel liegt im Stadtzentrum (falls man dies als solches bezeichnen kann), es ist ganz ok, obwohl ich nicht meine ganzen Ferien hier verbringen möchte.

Das Zimmer müffelt etwas, und irgendwas an der Dusche ist seltsam. Einige TV Kanäle sind sogar als solche erkennbar (allerdings stört mich schon ein bisschen, dass mitten in Alien 3 der Strom ausfällt und der entsprechende TV Kanal anschliessend verschwunden ist; da ich den Ausgang der Geschichte aber kenne, kein wirkliches Problem).

 

Die Rezepte des Doktor Tayzar Soe Myint

Die verflixte Erkältung, die mich seit dem Ghostrider-Trip verfolgt, hat erneut zugeschlagen (die eiskalte Nacht im Zug hat das ihrige dazu beigetragen). No Problemo würde Arnold Schwarzenegger sagen, aber der zunehmend heftige Husten macht mir etwas Sorgen, also beschliesse ich, die Segnungen des burmesischen Gesundheitssystems auf Herz und Nieren zu prüfen. Ein paar Schritte vom Hotel befindet sich ein Private Health Center.

Private Health Center? Klingt doch ganz annehmbar.

Angesichts der vielen Wartenden bereite ich mich auf eine längere Geschichte vor, aber nein, Ausländer erhalten wieder mal eine gesonderte Behandlung. Nach der initialen Identifikation werde ich in ein Zimmer geführt, wo ich von einem jungen Arzt und einer Entourage von knapp 10 Personen erwartet werde.

Ich fühle mich wie eine seltene, längst ausgestorbene Spezies, die nun wissenschaftlich untersucht werden soll. Dann also hinlegen, Blutdruck wird – anfänglich über den Ärmel meiner Jacke – von einer jungen, hübschen und ein bisschen schüchternen Dame genommen.

Das Nicken des Dottore kann alles bedeuten, aber weiter geht’s in ein anderes Zimmer, wieder hinlegen, eine neue Dame erscheint, sie misst eventuelles Fieber, was aber nicht da ist. Dann der Auftritt des Arztes: sein Englisch ist recht ordentlich, er fragt nach der Krankengeschichte, nach möglichen Allergien, nach anderen Krankheiten oder notwendigen Medikamenten.

Und so schreibt er mir ein Rezept aus, selbstverständlich auf Burmesisch, es ist lang und mit Zeichnungen, offenbar meiner Lungenflügel, ergänzt. Meiner Lungenflügel? Das macht mir nun doch etwas Sorgen, und ich frage nach.

Doch Zeichnungen gehören offenbar zwingend dazu, auch wenn nichts Ernsthaftes zu befürchten ist. Rest and drink a lot, sagt er mit ernster Miene. Werde ich machen, verspreche ich, und nehme bei der Apothekenabteilung mehrere Medikamente (die sehr farbig und sehr wirksam aussehen) und einen orangefarbenen Hustensirup entgegen. Die Rechnung werde ich zuhause wohl eher nicht über die Krankenkasse abrechnen. Behandlung = 4000 Kyats (4 Fr.), Medikamente = 5000 Kyats.

Was mir tatsächlich verschrieben worden ist, weiss ich nicht. Jonathan, der UNHCR Schweizer, glaubt, dass zumindest eines der Medikamente ein Antibiotikum sein muss. In diesen Landen wird zuerst und immer Antibiotika verschrieben. Na ja, Hauptsache, es nützt.

 

Der ehrwürdige Mr Sein Win

Immer wieder – auf diesen Reisen ganz besonders – lernt man Menschen kennen, die vieles auf den Kopf stellen, was man bisher gewusst zu haben glaubt. Sie gehören einem ganz besondere Typ Mensch an. Jenem mit Träumen.

Einer davon ist der ehrwürdige Mr. Sein Win. Wir finden ihn in einem weissgestrichenen Häuschen, das mehr Werkstatt als Wohnhaus zu sein scheint.

Wir möchten eigentlich einen halbtägigen Veloausflug mit ihm unternehmen, bleiben jedoch bereits in seinem Haus stecken, denn das, was er uns voller Stolz präsentiert, verdient tatsächlich besondere Beachtung.

 

Mr Sein Wins house
Mr. Sein Wins Haus und Werkstatt
Mr Sein Win and his flying machine
Mr Sein Win und seine Flugmaschine

 

Ein flugfähiger Helikopter

Dieser steht nichts etwa in der Werkstatt, oh nein, er steht mitten im Wohnzimmer (falls es das ist), ein auf den ersten Blick nicht unbedingt als Helikopter erkennbares Ding aus Metall.

Aus seinen Erklärungen entnehmen wir, dass er ihn aus alten Wasserröhren zusammengeschweisst hat (so sieht er auch aus), er besitzt einen Propeller, einen abgewetzten Sitz (offenbar haben Hundertschaften seiner Kunden sich darauf gesetzt), Steuerungskomponenten, eigentlich alles, was zu einem ordentlichen Helikopter gehört. Für die Steuerung hat er sich mangels Alternativen etwas Spezielles ausgedacht, was unserer bescheidenen Meinung nach auch tatsächlich funktionieren könnte.

Nur eines fehlt – der Motor! Leider besitzt Herr Win die notwendigen 2500 $ nicht, um sich den 45 PS Motor kaufen zu können. Die Geschichte der Entwicklung ist lang und voller technischer Einzelheiten, die durchaus Sinn machen. Allerdings macht mich die Vorstellung, dass er tatsächlich eines Tages mit diesem Ding in die Lüfte abheben will, doch etwas Bange. Für sein Seelen- und alles andere Heil hoffe ich für ihn, dass sein Traum immer ein Traum bleiben wird.

 

I don't think I would want to fly with it
Ich glaube nicht, dass ich damit fliegen möchte

 

Tempel und Handwerker

Nach der Verabschiedung von Mr. Sein Win (es bleibt Wehmut und ein bisschen Trauer über den Erfolg/Misserfolg des ehrwürdigen alten Ingenieurs), setzen wir uns auf die etwas herunterkommen aussehenden Fahrräder und besuchen die Umgebung Bhamos.

Irgendwo stossen wir auf den/die unvermeidlichen Tempel und Stupas, aber viel interessanter sind – wie immer – die Menschen.

 

Plans and discussions
Pläne und Diskussionen
Workshop
Altertümliche Werkstatt
working like hundred years ago
Schaufel und Pickel – wie vor hundert Jahren

Trotz der sichtbaren Armut legen die Menschen eine gelassene und optimistische Energie an den Tag (es bleibt ihnen auch nichts anderes übrig). Es wird mit den Mitteln, die vorhanden sind (vergleichbar mit den 50-er Jahren in Europa), gearbeitet, also mit altmodischen Maschinen zum Sägen, mit Pickel und Schaufel beim Strassenbau.

Es ist seltsam, aber auf irgendeine unverständliche Weise beneidet man sie.

 

Drei Schritte vor, zweieinhalb zurück

Am Abend stellt uns Jonathan, der für das UNHCR arbeitet, sein Haus vor. Man tritt durch eine Art Tor direkt ins Wohnzimmer, was sich letztlich als grosser geräumiger Raum entpuppt, mit einem schönen Riemenboden, mit Wänden aus Holz.

Das ist mehr oder weniger aber auch schon alles. Zwei Sessel sind vor einem grossen TV Apparat angeordnet, beleuchtet von einer schrecklichen grellen Glühbirne, die allem einen kränklichen Eindruck verleiht.

Es gibt eine Art Küche, eine Art Badezimmer und Dusche, ein ganz ordentliches Schlafzimmer. That’s it. Man stelle sich ein Bauernhaus Anfang 20. Jahrhundert vor, dunkel, rauchgeschwärzte Wände und Decken, irgendwo ein Ofen oder eine Feuerstelle, alles sehr einfach und ärmlich.

Ich bin sicher, dass ich in diesem Haus nach dreissig Minuten die erste depressive Verstimmung hätte.

Aber ihm gefällt’s, und das ist die Hauptsache. Man muss offenbar zu einer Species gehören, die alles ein bisschen weniger eng sieht. Seine Arbeit bestätigt diese Annahme. Er ist im Auftrag des UNHCR als Koordinator für die Flüchtlingscamps verantwortlich, d.h. für die tausenden von Kachin Refugees, die aus ihren Dörfern vertrieben wurden und nun seit Jahren in Camps darauf warten, in ihre zerstörten Dörfer zurückkehren zu können.

Drei Schrittchen vorwärts, zweieinhalb grosse Schritte zurück, das ist für ihn Daily Business. Mühselige, endlose Verhandlungen mit der Regierung, mit den Aufständischen, mit den vielen christlichen Kirchen, die als einzige etwas für die Flüchtlinge tun, aber seit langem an ihre Grenzen kommen.

Das ist definitiv eine andere Welt, die uns durch die rosarot gefärbte Touristenbrille meistens vorenthalten bleibt …

 

PS Song zum Thema:  Pink Floyd – High Hopes

Und hier geht die Reise weiter …

 

Burma

Auf dem Irrawaddy nach Bhamo

Morgensonne, es ist noch früh, ein laues Lüftchen weht um die Nase.

Ein perfekter Beginn eines perfekten Tages. So hoffe ich. Denn heute gilt es, auf dem Irrawaddy nach Bhamo zu fahren.

 

Der Irrawaddy

Es könnte ein Meer sein, das vor mir liegt, doch es ist nur ein Fluss, mächtig, breit, das andere Ufer kaum zu erkennen. Wenn ich nicht den Mekong längst zu meinem Lieblingsfluss ernennt hätte, würde es definitiv dieses braun-dreckige Gewässer sein, auf dem ich die nächsten Stunden verbringen werde.

Einzelne Boote kreuzen einsam auf dem Wasser, vielleicht Fischerboote, vielleicht Transportboote. Wer weiss das schon. Es ist beinahe still, ein paar Stimmen übertönen das leise Rauschen des Wassers.

 

Boat on the Irrawaddy

Eigentlich bin ich viel zu spät auf diesem Riesenfluss.

Der ursprüngliche Plan sah vor, das Boot in Richtung Norden bereits in Mandalay zu nehmen. Es hätte länger gedauert, wäre vielleicht auch mühseliger gewesen, doch das Erlebnis hätte ein grandioses sein können. Die Versuchung, den verrückten Zug nach Norden zu nehmen (siehe vorherige Kapitel), und erst in Katha auf das Schiff umzusteigen, hat letztendlich den Ausschlag gegeben.

 

Speedboat

Und so sitze ich also eine Stunde vor Abfahrt vor Ort, das heisst beim kleinen Holzhäuschen, in dem ein freundlicher junger, englisch sprechender Mann (eine Seltenheit in Katha) Tickets für das sogenannte Speedboat verkauft. Das Wetter ist freundlich, nicht allzu heiss, nichts steht einer wunderbaren achtstündigen Fahrt auf dem Irrawaddy entgegen.

 

Where you can buy tcickets

Wie zu erwarten ist das Boot voll (ich habe in diesem Land noch nie erlebt, dass ein Vehikel nicht vollständig ausverkauft war). Man sitzt in Zweierkolonnen nebeneinander, ich auf Sitz 54, den mir ein guter Freund ans Herz gelegt hat.

Den Grund für diesen Vorzug erschliesst sich mit allerdings nicht, er ist genauso durchgesessen und unbequem wie alle anderen auch, aber sei’s drum.

Hier bin ich nun also, seltsamerweise die Füsse in der Luft, denn zwischen ihnen und dem Schiffsboden gibt’s in Gottes Namen nur Luft. Dies wird sich in ein paar Stunden als äusserst mühsam erweisen, denn der Mensch braucht Halt, und sei es bloss der Kontakt mit einem festen Untergrund.

 

In rows of 2 next to each other (the picture simulates an undercrowding, shortly before departure the boat fills up to the last place)
In 2er-Reihen nebeneinander (das Bild täuscht eine Unterbesetzung vor, kurz vor Abfahrt füllt sich das Boot bis auf den letzten Platz)

fully packed
Vollbesetzt

Also a way to spend the long hours
Auch eine Möglichkeit, die langen Stunden zu verbringen

Das Schiff selbst ist vielleicht zwanzig Meter lang, hat Platz für ca. 100 Passagiere (ein dichter Menschenknäuel von Eingeborenen macht sich auf einer Art Plattform bequem) und beherbergt die Mannschaft (die ich allerdings nie als solche erkennen kann) in einem abgeschlossenen Häuschen.

Ein besonderes Erlebnis sind die Toiletten, die am Heck angebracht sind. Durch das offene Dach schaut man den Wellen zu, die vom Schiff aufgewirbelt werden, während man der Natur ihren Lauf lässt.

 

Landsleute

Es gibt tatsächlich noch einen Ausländer auf dem Boot, ein anderer Schweizer. Wir klettern aufs Dach und während das Ufer an uns vorbeizieht, tauschen wir unsere Reiseerlebnisse aus, ein immer wieder spannender Mix aus Bekanntem und Unbekanntem.

So funktioniert der Informationsbazar, die Drehscheibe, auf der neue Ideen geboren und Pläne kurzfristig geändert werden.

 

On the roof of the boat
Es gibt nichts Schöneres als eine Reise auf dem Dach

Wir verstehen uns auf Anhieb gut, sicher auch gefördert durch die Tatsache, dass sich unsere Reisestrategien sehr ähnlich sind. Auch er kann aus einem unerschöpflichen Fundus von Erlebnissen erzählen, manchmal kommt man sich vor, als gäbe es einen Wettbewerb, wer nun wirklich der grösste Spinner ist (Einwand: die wirklichen Spinner sind viel, viel verrückter als wir; das sind Leute, die beispielsweise mit dem Fahrrad von Moskau zum Polarkreis fahren – im Winter!).

 

Villages at the shore
Kleine Ansammlungen von Hütten gleiten geisterhaft still vorbei

Washing day at the Irrawaddy
Wäsche am grossen Fluss; immer wieder wunderbar die vielen bunten Farben

 

Fliegende (schwimmende) Händler

Die Stunden gleiten vorbei, wie im Traum, nur das ratternde Geräusch des Motors, die leisen Stimmen der dösenden Passagiere dringen durch das leise Raunen des Flusses.

Alle paar Stunden taucht ein Boot auf, nimmt Fahrt auf, gesellt sich längseits zu unserem Schiff. Es sind fliegende Händler, die ihre Waren auf dem Schiff verkaufen wollen. Eine willkommene Abwechslung für das müde Auge.

 

Visitors
Andocken …

Beverages
Getränke …

Sweets
Süsses …

Undefinable
Undefinierbares …

 

Manchmal ein anderes Schiff

Manchmal kreuzt ein Schiff, meistens bunt bemalt und mit anderen Passagieren voll beladen. Man winkt sich zu, wünscht sich eine gute Fahrt.

 

crossing ship
Reise in die andere Richtung

 

Manchmal gegen Osten, dann wieder Norden

Die Ufer des Irrawaddy ziehen vorbei, manchmal ein Dorf, ein paar Hütten, ein Tempel oder eine Stupa, dichter oder gerodeter Dschungel, weite Kehren nach Norden, dann wieder Osten.

Gegen Abend kündet Rauch in der Ferne das Nahen der Zivilisation an, und tasächlich, wir werden erwartet. Es erinnert mich an die Ankunft in Siem Reap, das Boot legt unter Ächzen und Zittern an, und wir sind da.

 

we are being expected
Wir werden erwartet …

Crowd expecting the passengers

Gegen Abend dann der unvermeidliche Sonnenuntergang, diesmal über dem Irrawaddy, immer betörend, immer berührend, auch wenn schon tausend Mal erlebt.

 

Sunset over the Irrrawaddy

 

Jonathan

Abendessen in einem Restaurant, ein einziger Weisser sitzt da und isst – ein Schweizer, Jonathan, der seit einem Jahr hier lebt und für das UNHCR arbeitet. Seine Geschichte lohnt sich, ausführlicher zu beschreiben, aber dazu später …

 

PS Der Song zum Thema:  The Hat ft. Father John Misty – The Angry River

Und hier geht die Reise weiter …