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Südamerika

Ecuador – Der Cotopaxi

Der heutige Ausflug soll erstens mehr nach meinem Geschmack sein als der gestrige und zweitens ein veritabler Höhepunkt werden.

Der Cotopaxi, berühmt-berüchtigter aktiver Vulkan unweit Quitos, ist das heutige Ziel. Wieder steht der Bus um sieben bereit zur Abfahrt, und im Unterschied zu gestern ist das Durchschnittsalter der Teilnehmer massiv gefallen. Holländer, Australier, Brasilianer, Amis natürlich und tatsächlich ein Luzerner und ich.

 

Mountainbikes? Wofür?

Allerdings erstaunt mich der Blick auf das Wagendach, wo eine stattliche Reihe von Mountainbikes befestigt sind. Mountainbikes? Ist mir da was entgangen? Mir ist sogar sehr vieles entgangen, denn alle besitzen einen gedruckten Tagesplan mit allen Etappen und den Voraussetzungen, die man mitbringen sollte, also Ausrüstung, Kondition, Mitbringsel.

Wenn ich es richtig verstehe, wird man mit dem Bus auf gut 4400 Meter gefahren (soweit ist auch meine Information gegangen), anschliessend geht man zu Fuss zur Hütte auf knapp 4900 Meter hinauf und anschliessend wieder hinunter. Als Höhepunkt des Ausflugs hat man anschliessend die Möglichkeit, bis zum Parkeingang auf den besagten Mountainbikes hinunterzupreschen.

Na wunderbar! Aber warten wir mal ab …

 

Der Cotopaxi

Der Cotopaxi ist mit 5897 Meter der zweithöchste Berg Ecuadors und einer der höchsten aktiven Vulkane der Erde.

Obwohl aktiv, ist er der am häufigsten bestiegene Berg des Landes. Er liegt in dem nach ihm benannten Nationalpark etwa 50 Kilometer südlich von Quito. Er gehört zur „Allee der Vulkane“ in den östlichen Anden. Durch seine regelmässige, konische Form und die Eiskappe auf dem Gipfel entspricht der Cotopaxi dem Idealbild eines Stratovulkans. Der Krater hat am Gipfel einen Durchmesser von 800 x 550 x 350 Meter.

Der Name Cotopaxi bedeutet „Hals des Mondes“, da aus einer bestimmten Perspektive der Mond hinter dem Berg aufgeht.

 

Die Anfahrt

Nach einer Fahrt von einer guten Stunde rückt der Vulkan langsam näher, es wird aber schon bald klar, dass kein Föhnwetter ansteht sondern graue Nebelschwaden, die den Gipfel des Vulkans verbergen.

 

Cotopaxi Volcano
Der Cotopaxi – von weitem schon furchterregend

Und klar, wie könnte es anders sein, es beginnt zu regnen, worauf die Stimmung im Bus schon bald unter Null Grad sinkt. Über eine immer schlechter werdende Strasse kämpft sich der Bus den Berg hinauf, immer dunkler wird die Umgebung, immer dichter der Regen.

 

Regen und Schnee

Auf 4400 Metern ist tatsächlich Endstation, wir steigen aus und wundern uns über nichts mehr. In der Zwischenzeit regnet es nämlich nicht mehr, sondern es schneit.

Nun, man zieht sich halt alles über, was man an Regenschutz mitgebracht hat, und wirft etwas misstrauische Blicke den Hang hinauf, wo sich dichte Reihen von Touristen durch das Schneegestöber nach oben kämpfen. Es sieht ein bisschen aus wie am Hillary-Step, der heiklen Stelle kurz vor dem Gipfel des Mount Everest, wo sich jeweils die Bergsteiger anstellen müssen, bis der Weg frei ist.

 

Ascent to the top of the Cotopaxi
Aufstieg in grauweisser Umgebung und rotem Regenschutz
Snow and ice at Ascent to the top of the Cotopaxi
Schnee und Regen und Eis und Kälte
No more colors, just gray and white
Keine Farben mehr, nur noch grau und weiss

 

Der Schirm

Ganz und gar nicht nach echter Bergsteigertradition klappe ich meinen Schirm auf und ernte nicht nur erstaunte, sondern vor allem mitleidige Blicke.

Ist mir aber sowas von egal, denn wie sich später herausstellen sollte, bin ich der einzige mit einigermassen trockenen Kleidern. Die wilden jungen Leute laufen natürlich wie vom Teufel gehetzt den Hang hinauf, einige werden es büssen, schliesslich sind wir oben auf der Höhe des Montblanc.

Ich nehme es gemütlich, ein langsamer Schritt nach dem anderen, immer im Geist das Knie beschwörend und um Nachsehen bittend.

 

Die Hütte

Die Hütte ist vollgepfercht mit Leuten aus aller Herren Länder, alle nass (ausser mir), aber alle freudig erregt über die besondere Leistung.

Man trinkt entweder heisse Schoklade oder Coca-Tee. Ich entscheide mich für den Tee, spüre allerdings nichts von der versprochenen Wirkung der Coca-Blätter. Als besonderes Highlight erhält man im Pass (!?) tatsächlich einen Stempel, der nachweisen soll, dass man den Gipfel des Cotopaxi auf 5897 Meter bestiegen hat. Ein Betrug, so verlockend wie kein anderer …

 

Hut on the Cotopaxi
Das ersehnte Ziel – die Hütte
Young people mix with a few older ones
Ein einziges Durcheinander von jung und alt

 

Der Abstieg

Ich habe den Weg nach unten als schwieriger und gefährlicher erwartet als der nach oben, allerdings macht es der mit Schnee vermischte Sand relativ einfach, den Tritt zu finden.

So habe ich mir den Ausflug vorgestellt – allein auf weiter Flur, rings um mich die andächtige Stille der Berge, vielleicht das Krächzen einer Bergdohle, vielleicht das Rieseln des Schnees auf dem Schirm. Oder doch nicht?

Das, was da vor mir und hinter mir und manchmal auch neben mir den Berg hinunter eilt, sind tausend Leute (so kommt es mir zumindest vor), anstelle der andächtigen Stille der vielstimmige Lärm junger Leute, die sich einen Spass daraus machen, möglichst schnell und mit ultimativem Spass den Hang hinunter zu rennen, zu stolpern, zu gleiten.

Aber was soll’s – es macht Spass, und alles andere ist Nebensache. Auch die Stille und die Einsamkeit …

 

It looks like in the Himalayas
Es sieht aus wie im Himalaya

 

Die MountainBiker

Unten sind die vorher ziemlich mutigen jungen Leute angesichts des Schnees auf der Strasse doch etwas weniger mutig geworden und verzichten auf die Abfahrt mit den Mountainbikes.

Allerdings nur bis zur Stelle, wo der Schnee in Regen übergeht und es etwas weniger glitschig ist. Von den 14 Teilnehmern entscheiden sich immerhin 9 auf die nicht ungefährliche Abfahrt, die restlichen 5, darunter auch ich, finden es im warmen Bus viel gemütlicher und verfolgen auf der Fahrt nach unten die zum Teil haarsträubenden Fahrten der Mountainbiker.

Aber alle finden den Tritt, alle gelangen zum Treffpunkt, alle bis auf die Haut durchnässt, aber alle vollkommen euphorisiert von ihrem Abenteuer. Oh süsse Jugend …

 

Kilometerstand: 7088

Song zum Thema: Red Hot Chili Peppers – The Adventures of Raindance Maggie

Und hier geht die Reise weiter – gegen Norden, nach Kolumbien …

 

Südamerika

Quito – Vulkane, Erdbeben, Regenschauer

Auch das „Yellow House“ entpuppt sich als angenehme Trouvaille, geführt von einer Deutschen, Gabriela, die seit Jahren in Ecuador lebt, und dem Etablissement zu etwas europäischem Standard verholfen hat.

Allerdings gibt es auch in Quito, auf beinahe 3000 Metern gelegen, keine Heizungen, und so bin ich also gestern Abend ohne grosse Erwartungen unter die vielen Decken gekrochen. Es ist unmöglich, die Temperatur im Zimmer zu schätzen, meine eiskalten Füsse behaupten allerdings, dass es einiges unter Null sein muss.

So schlimm ist’s natürlich nicht, aber ich friere schon wie ein nasser Hund im Regen (eine zusätzliche warme Decke ab der folgenden Nacht wird das Problem entscheidend verbessern).

 

Quito und sein Klima

Das Klima in Quito ist trotz seiner Lage am Äquator aufgrund der Höhenlage gemäßigt, weshalb es auch als „kalttropisch“ bezeichnet wird.

Es ist außerdem feucht (oh ja). Die mittlere Jahrestemperatur liegt bei 13 °C, wobei die Temperaturen innerhalb eines Tages deutlich stärker schwanken als über das Jahr. Die Temperaturen liegen zwischen etwa 6-7 °C in den Nachtstunden und bis zu 24-25 °C an warmen Tagen. Meist liegen die Tagestemperaturen zwischen 18 und 21 °C, weshalb Quito auch als „Stadt des ewigen Frühlings“ bezeichnet wird.

Wenn ich an die kalten Nachtstunden denke, kommt mir der Begriff „ewiger Frühling“ doch eher schräg rüber.

 

Auf dem Weg in die riesige Stadt

View on Quito

Alles andere ist aber ok, das Morgenessen im Gespräch mit anderen Travellern unterhaltsam und führt zu neuen Plänen für die anstehenden Tage.

Aber erstmal gilt es, die riesige Stadt zu erkunden. Denn riesig ist sie, ich habe ihre Grösse massiv unterschätzt. Mit einer von Gabriela ausgestatteten und markierten Karte begebe ich mich also auf zur Altstadt, dorthin, wo die Unesco vor vielen Jahren zum ersten Mal eine ganze Altstadt zum Weltkulturerbe deklarierte.

Der Weg dahin ist lang und etwas mühsam, und mein Lieblingsknie, eventuell durch die kalte Nacht noch zusätzlich in Aufruhr gebracht, meldet sich zurück. In einer Apotheke (von denen es auch hier wimmelt) suche ich nach einer geeigneten Manschette.

Die Dame versteht zwar anfänglich nur Bahnhof, aber schliesslich legt sie tatsächlich die perfekte Hilfe für mein lädiertes Knie auf die Theke. Unter den interessierten Blicken eines Bettlers ziehe ich mein Hosenbein hoch und bringe die Manschette in die vorgesehene Lage. Und es fühlt sich gleich viel besser an, irgendwie stabiler, und meine Kniescheibe, die bei jeder Bewegung ein lautes Knacken von sich gibt, scheint vorerst ruhig gestellt zu sein.

 

Quito und seine Vulkane

Dann also ein paar Infos zur Stadt.

Quito (San Francisco de Quito) ist die Hauptstadt von Ecuador und liegt 20 Kilometer südlich des Äquators in einem 2.850 m hohen Becken der Anden. Sie ist mit rund 2,2 Millionen Einwohnern nach Guayaquil die zweitgrößte Stadt des Landes. Sie liegt direkt am Fuße des nicht aktiven und nicht vergletscherten Vulkans Rucu Pichincha (4.690 m), der sich an der Westseite von Quito erhebt. Der unmittelbar dahinterliegende Vulkan Guagua Pichincha ist leicht aktiv und etwas höher (4.794 m), kann aber von Quito aus direkt nicht gesehen werden.

Cotopaxi Volcano

Man hat von Quito eine spektakuläre Aussicht nach Südosten auf den Vulkan Cotopaxi (5.897 m), den ich mir schon mal auf die Liste der nicht zu verpassenden Highlights nehme.

In der weiteren Umgebung befinden sich außerdem die aktiven Vulkane Cayambe (5.790 m) und Antisana (5.753 m) sowie der erloschene Illiniza (5.263 m) und zahlreiche kleinere. Fast ganz Quito befindet sich auf sandigen Böden vulkanischen Ursprungs. Erdbeben und Aschefälle haben Quito in Vergangenheit und Gegenwart häufig heimgesucht.

Quito ist von 14 Vulkanen umgeben und zerstörte Gebäude in der Altstadt wurden nach Erdbeben mindestens viermal wieder aufgebaut.

Der letzte große Vulkanausbruch ereignete sich im September 2002. Damals eruptierte der östlich der Anden gelegene Vulkan Reventador, der sich über 20 Jahre lang ruhig verhalten hatte. In Quito musste der Notstand ausgerufen werden, da die ganze Stadt sowie das gesamte Tal östlich von Quito knöcheltief mit feiner Asche bedeckt war.

 

Das historische Zentrum

Heute interessiert mich aber in erster Linie die berühmte Altstadt, die Vulkane, vor allem der Cotopaxi, werden erst übermorgen ins Zentrum rücken.

Im ersten Moment scheint sich das Weltkulturerbe nicht besonders von den vielen Plätzen und Kathedralen der letzten sechs Wochen zu unterscheiden. Sie bringt ihre besondere Schönheit erst auf den zweiten Blick zum Leuchten.

Der grosse Platz im Centro Historico, der Platz der Unabhängigkeit, stellt sozusagen den Ausgangspunkt dar. Von hier aus gehen alle Fäden in die verschiedenen Himmelsrichtungen. Er wird umringt von zahlreichen historischen Gebäuden, darunter dem Regierungspalast, dem bischöflichen Sitz, der Kathedrale sowie dem Rathaus.

Auf dem Platz herrscht ein fröhliches Durcheinander. Kinder spielen, Mütter tauschen den neuesten Klatsch aus, während sie ihre wilden Kinder im Zaum zu halten versuchen.

 

The obligatory square with a monument of heroes
Der obligatorische Platz der Unabhängigkeit mit einem Heldendenkmal
Populated streets and squares
Bevölkerte Strasse und Plätze
Relaxed atmosphere on the benches
Entspannte Atmosphäre auf den Bänken

 

Eine südamerikanische Stadt ohne Kirchen – unmöglich

Auch Ecuador ist ein zutiefst katholisches Land. Wie könnte es anders sein in einem Land, das wie alle anderen von iberischen Hardcore-Katholiken erobert wurde.

Man kann aus heutiger Sicht die damaligen Zustände kaum begreifen. Da kommen ein paar blutrünstige Söldner (die mich an das schweizerische Pendant der Reisläufer erinnern – ebenso dumpf, brutal, blutrünstig, barbarisch) aus Spanien oder Portugal und unterwerfen durch ihre schiere Brutalität die damaligen Hochkulturen, wohlverstanden zum Segen der Menschen und deren unsterbliche Seelen, erst getauft, dann erschlagen.

Eine auch heute noch unglaubliche Schande der europäischen Kultur und Gesellschaft (eine von vielen).

 

One of the many churches
Eine der vielen Kirchen und Kathedralen
The inner sanctum - with the money of the faithful
Das innere Sanktum – mit dem Geld der Gläubigen

 

Am Himmel sammelt sich ein drohendes Ungetüm

Der Himmel hat sich in den letzten Minuten – wie könnte es anders sein – verdüstert, und das, was sich da zusammenbraut, sieht nach viel Wasser aus. Anyway, nach einem reichlichen Mittagessen mache ich mich auf zur anderen grossen Kathedrale, etwas oberhalb des Centro Historico gelegen, und tatsächlich beginnt es wie erwartet schon bald zu schütten.

 

Black sky points to thunderstorm
Schwarzer drohender Himmel über der Stadt
the houses disappear in the haze
Die Häuser verschwinden im Dunst
he fights against the coming thunderstorm
Er kämpft gegen das drohende Unwetter

Das kann mich aber nicht erschrecken, schliesslich ist der Regenschirm, der Paragua, inzwischen zu einem unersetzlichen Mitbringsel geworden, sobald man das Hotel verlässt.

Die Behauptung, dass der Regenschirm mehr in Gebrauch gewesen ist als die Sonnencreme, ist zwar stark übertrieben, könnte aber durchaus sein. Ja Herrgott, eigentlich wollte ich meine Ferien im südamerikanischen Sommer verbringen, anstatt in der Nacht den Arsch abzufrieren und während des Tages von einem Regenguss in den nächsten zu geraten.

Ich schaffe es mit Mühe und Not bis zum Eingang, Paragua sei Dank, doch der junge Mann am Eingang lacht, als ich ihn nach der Besteigung des Kirchturms frage. „Hay mucha lluvia!“

Mir egal. Man steigt also einen engen Treppenschacht hoch, erreicht schliesslich keuchend den obersten Stock, wo es neben ein paar Läden für Touristen auch einen Durchgang zum Turm hat. Man steigt eine beinahe senkrechte Leiter hinauf, wo man oben von einem beeindruckenden Blick über die ganze Stadt erwartet wird.

Das wäre ja schön, nur peitscht mir der Regen trotz Paragua das Wasser quer ins Gesicht, was das Fotographieren zu einem Seiltanz zwischen Schirmhalten und Knipsen macht.

 

the last resort
Kirche unter schwarzen Wolken
Passage to the church tower
Durchgang zum Kirchenturm
City in rain
Stadt im Regen
The towering inferno - in rain
Der Turm reckt sich dem Regen entgegen

 

Der Heimweg – Kampf zwischen mir und viel Wasser

Auf dem Heimweg ins Hotel geht der Kampf zwischen mir und dem Wasser weiter, es füllt mir die Schuhe, lässt meine klatschnassen Hosen um die Beine schlottern, veranlasst mich zu tollkühnen Sprüngen über Pfützen und das strömende Wasser. Mein Verdacht, dass sich Socken und Hosen im feuchten und kalten Zimmer kaum trocknen lassen, bestätigt sich.

Die Socken sind auch nach drei Tagen noch feucht … Damn it!

 

Kilometerstand: 6578

Song zum Thema:  The Beatles – Rain

Und hier geht der Trip weiter …