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Burma

Chiang Mai revisited

Gibt es sowas wie eine universelle Sprache, die uns alle verbindet?

Etwas vom Einprägsamsten, aber gleichzeitig etwas, was kaum nacherzählt werden kann, sind die Gespräche mit den Einheimischen, die in den seltensten Fällen ein einigermassen gutes und verständliches Englisch sprechen.

Die Unterhaltung mit der Inhaberin eines Restaurants in Chiang Khong namens Jam („Jams Restaurant“, ungefähr so schräg wie „Alice’s Restaurant“ von Arlo Guthrie) sind ein leuchtendes Beispiel für die wunderbare Vertracktheit der Sprache und die Schwierigkeiten menschlicher Kommunikation und wie es trotzdem gelingt, gegenseitiges Verständnis zu schaffen.

 

Jam’s Restaurant

Madame Jam
Madame Jam, wie sie leibt und lebt

Jam ist eine rundliche, unendlich liebenswürdige Frau mit einem ewigen Lächeln im Gesicht. Wir verstehen uns auf Anhieb. Während ich auf den Bus nach Chiang Mai warte, spüre ich etwas Hunger, denn das Frühstück im Hotel war alles andere als geniessbar.

Jam will mir Fried Rice („Fried Ri“, bedeutet Rice, die Asiaten können das s am Ende nicht aussprechen) aufschwatzen, aber das ist definitiv nicht mein Cup of Tea am Morgen. Wir einigen uns schliesslich auf einen Banana Pancake, der von Jam mit Würde und Stolz serviert wird.

Im Hintergrund werkelt ein junger Mann in der Küche. Alle paar Augenblicke wirft ihm Jam ein paar Worte in hartem Befehlston zu, die dieser mit einem apathischen Schulterzucken beantwortet. Er stammt aus Laos, Jam ist aber offensichtlich nicht besonders begeistert von ihm („very slow“).

Ebenso wenig hält sie vom Manager meines Hotels, der gemäss Jam früher bei der Polizei war, aber auch dort nicht zu gebrauchen war („he no good“). Ich muss ihr zustimmen, denn gestern Abend, nach meinem Speedboat Abenteuer, versprach er, mich im Dorf nach dem Abendessen abzuholen, was er aber vergass und ich auf die gütige Hilfe zweier junger Damen angewiesen war, die mich spätabends ins Hotel zurück brachten.

Aber wir unterhalten uns prächtig, unser Lachen lässt sogar die Leute auf der Strasse einhalten und uns einen fragenden Blick zuwerfen.

Der Bus allerdings ist längst überfällig, was mich aber nicht stört, die wunderbaren Gespräche  mit Jam machen das Warten nicht nur erträglich, sondern zu einem echten Erlebnis.

Aber irgendwann taucht dann doch der Bus auf, und wir verabschieden uns mit ganz viel Wehmut …

Wie schnell sich doch zwei wildfremde Menschen verstehen lernen.

 

Zurück in Chiang Mai

Die Busfahrt nach Chiang Mai ist nachdenklich, beinahe wehmütig, denn eines ist schmerzlich klar: meine unvergleichliche Reise nähert sich ihrem Ende. Der Bus hält an den üblichen Orten, die mir langsam bekannt vorkommen, man steigt aus, verköstigt sich mit mehr oder weniger Lust und Hunger, dann geht es weiter, der brummende Motor als begleitendes Orchester.

Es ist erst Nachmittag, als wir Chiang Mai erreichen, ich suche mein Hotel, lasse mein Gepäck im für einmal riesigen Zimmer und mache mich auf den Weg in die Altstadt, wo mich eine alte Freundin erwartet. Vorbei an Tempeln, die mir neu sind, und an solchen, die ich in der Zwischenzeit kenne, gehe ich langsamen Schrittes durch die engen Gassen, der Lärm der breiten Strassen hinter mir lassend.

Und während ich so dahinschreite, formieren sich in meinem Kopf die letzten Wochen zu einer unentwirrbaren Reihe von Erlebnissen und Erkenntnissen, und ich bin mir bewusst, dass sie widerstandslos in der Dunkelheit des Vergessens verschwinden werden. So wie so vieles andere.

Einiges wird bleiben – die Zugfahrt nach Norden, der Ghostrider-Ritt in der Nacht, der Trek zum Inle See, das Ballonfestival in Taunggyi. Anderes wird, so funktioniert unser Gehirn, unser Gedächnis, wie der Regen auf der Windschutzscheibe weggewischt werden, um Platz für Neues zu schaffen.

 

Tempel in Chiang Mai  Tempelruine

Temples and Buddhas  Eternal Buddha

Glück gehabt

Die drei jungen Herren, allesamt um die zwanzig, krachen samt ihrem Motorrad nur Millimeter entfernt an uns vorbei und prallen mit dreifachem Aufschrei auf dem harten Asphalt auf.

Manchmal entscheiden eben nur ein paar lausige Millimeter über die Fortsetzung des Spaziergangs oder einen längeren Aufenthalt im Spital. Die drei Burschen (der eine stöhnt zwar entsetzlich und bleibt am Boden liegen, aber wir vergewissern uns, dass nicht allzu viel passiert ist) haben mit viel Glück Schlimmeres vermieden. Ob verdient oder nicht, sei dahingestellt.

Wir stehen eben im Begriff, einen Fussgängerstreifen bei Grün zu überqueren. Die drei Verunfallten, Idioten wie viele und überall in diesem Alter, waren wohl zu schnell unterwegs.

 

Reisevirus

Wir haben also wieder mal Glück gehabt, wie schon oft in unserem Leben.

Wenn es um Glück geht, um überstandene Risiken und Gefahren, tauchen zwangsläufig Erinnerungen auf, vor allem an unsere gemeinsame Reisevergangenheit, vielleicht an den Anfang aller Reisen, den Urknall.

Damals, als der Geist war aus der Flasche entkam, die Krankheit, die man Reisefieber nennt und durch einen Virus ausgelöst wird, den man nie wieder los wird.

 

Der Hippie-Trail

Es geht um jene unvergessliche Reise nach Indien und Nepal.

Entlang des legendären Hippie-Trails.

Durch den Balkan, Griechenland, Türkei, Iran, Afghanistan, Pakistan, Indien, Nepal.

Unvergesslich die unzähligen Pannen mit unserem alten, abgewrackten VW-Bus.

Die schon damals nicht ungefährliche Durchquerung der afghanischen Wüste.

Der nervtötende Strassenverkehr in Indien.

Die Überquerung gefährlicher Pässe in Nepal.

Das Staunen vor dem Taj Mahal.

Oder vor den riesigen Buddhastatuen in Bamiyan.

Und, und, und …

 

Somewhere in the middle of the Afghan desert
Irgendwo inmitten der afghanischen Wüste

Das alles ist irgendwo noch da, vergraben im Langzeitgedächtnis, aber wenn der richtige Trigger gedrückt wird, startet der Film. Und alles ist wieder da.

Dann kommt alles wieder an die Oberfläche, samt Geräuschen, Farben, Gerüchen, Stimmen, Lärm und dem Dröhnen des 1200 Kubik VW-Boxermotors, der uns trotz allen Widerständen und über 2 Tonnen Gewicht über höchste Pässe, durch heisseste Wüsten bis nach Nepal und wieder zurück nach Hause brachte.

Dieses kleine Wunder der Technik, dem ich heute noch grössten Respekt entgegen bringe.

 

Taj Mahal - few tourists at that time
Taj Mahal – damals noch nicht mit Millionen von Touristen

 

Bamyan Buddja statues - now completely destroyed
Die legendären Buddha-Statuen in Bamiyan – damals noch existierend, in der Zwischenzeit durch die Taliban zerstört

 

Early in the morning in Varanai

Denn es ist klar: mit dem heutigen hochkomplizierten elektronischen Schnickschnack, der in jedem Auto eingebaut ist, wäre jede Panne irgendwo am Arsch der Welt in Indien ein fatales Disaster.

Konnte vor vierzig Jahren jeder einigermassen talentierte Inder mit Hammer und Säge und Schweissbrenner jeden noch so schlimmen Schaden beheben, so wäre dies heute ein Ding der Unmöglichkeit …

 

Die Unbedarftheit ist verloren gegangen

Aber wir sind uns bewusst, auch ein paar andere Dinge wären heute unmöglich. Es würde uns an allem fehlen, was zu dieser Zeit noch vorhanden war.

An Mut, an Entschlossenheit, vor allem aber an einer riesigen Portion Unbedarftheit.

Denn das waren wir, vollkommen unbedarft, keine Gefahren sehend, nur das Ziel vor Augen, irgendwie, irgendwann nach Indien zu kommen.

Dass wir es schafften, Schritt für Schritt, von einem Problem zum nächsten, ist aus heutiger Sicht ein Wunder, ein Wunder, das ohne Übertreibung als ganz besonderer Höhepunkt unseres Lebens betrachtet werden kann und niemals wiederholt werden könnte.

Aber jetzt sind wir hier, in der Gegenwart, alt geworden, vielleicht, wenn wir Glück haben, jung geblieben …

Aber irgendwann wird auch diese Reise Gegenstand eines eigenen Berichts werden.

Irgendwann. Zum Beispiel hier.

 

PS Song zum Thema:  Scott McKenzie – San Francisco

Und hier geht die Reise weiter …

 

Hippie Trail

Der Hippie Trail – Teheran Monster

Nach genau drei Wochen haben wir das erste grosse Ziel erreicht – Teheran.

Die knapp 300 Kilometer bis zur Hauptstadt sind angenehm zu fahren, die letzten 40 Kilometer sogar auf einer richtigen Autobahn.

 

Eine Autobahn mit allem

Wer nun an eine geordnete Strasse denkt mit Abschrankungen und Mittelstreifen und – ganz wichtig – der Beschränkung auf Fahrzeuge, täuscht sich gewaltig.

Natürlich ist der Unterschied zum schrecklichen Tahir und ähnlichen Zumutungen erheblich, und natürlich geniessen wir das Fahren auf sanften ebenen Oberflächen, ohne Löcher, ohne Gräben.

 

From Zandjan to Tehran
Von Zandschan nach Teheran

Das ist aber auch schon alles, denn was sich da alles auf der Autobahn drängt, ist alles andere als vergleichbar mit europäischen Strassen.

Alles, was Räder hat oder Beine, tummelt sich fröhlich auf der Strasse, also Fussgänger, Fahrradfahrer, Kinder und Hunde und anderes Getier.

Die hunderten von Lastwagen, immer in Eile, immer gestresst, versuchen mit mehr oder weniger Erfolg den wandelnden Hindernissen auszuweichen. Was seltsamerweise tatsächlich gelingt.

Es gibt keine Trennung zwischen erlaubt und verboten, es scheint, dass sich die Leute an der schnurgeraden Strasse erfreuen und mal ausprobieren wollen, wie es sich anfühlt. Auf jeden Fall sind die Gesichter fröhlich, es sieht nach Karneval aus.

 

Eine Dunstglocke über der Stadt

Die Nähe zur Hauptstadt zeigt sich schon von weitem in Form einer riesigen Staub- und Dunstwolke.

Schon heute zählt die Stadt viele Millionen Einwohner (heute geschätzte 20 Millionen!), und obwohl sie eigentlich mitten in einer Wüste liegt, werden es immer mehr.

Hier ein paar Infos zur Stadt (heute):

Im administrativen Stadtgebiet leben knapp 8,7 Millionen Menschen (laut Volkszählung von 2016). Die Bevölkerungszahl der Metropolregion wird auf rund 20 Millionen Einwohner geschätzt; die offizielle Statistik von 2011 belegt jedoch nur 15,2 Millionen Menschen. Als Industrie- und Handelsstadt mit Universitäten, Hochschulen, Bibliotheken und Museen ist Teheran ein bedeutendes Wirtschafts-, Wissenschafts- und Kulturzentrum sowie ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt des Landes. (Wikipedia)

 

Begrüssung durch ein Ungetüm

Am Stadtrand – von weitem schon erkennbar – hat sich der Schah ein weiteres Monument seiner göttlichen Pracht errichten lassen – den sogenannten Freiheitsturm (persisch Azadi), erstellt vom berühmten Architekten Hossein Amanat.

Na ja, über Geschmack lässt sich bekanntlich trefflich streiten, nach unserer bescheidenen Meinung ist es ein grossspuriges, klobiges, geschmackloses Ungetüm, das den Charakter und Willen des verehrten Gottkaisers sehr genau manisfestiert.

 

The Freedom Tower in Tehran

Wir fahren mehr oder weniger achtlos daran vorbei, bevor wir vom Verkehr aufgesogen werden.

 

Verkehrshölle

Der Verkehr in Istanbul als bisheriger Höhepunkt der automobilen Vermessenheit wird klar übertroffen, Teheran 100 Punkte.

Es nützt gar nichts, dass wir mehrfach gewarnt worden sind. Jetzt ist Konzentration gefragt, Autos rechts, Lastwagen rechts, Fussgänger in heldenhaften Versuchen, über die Strasse zu gelangen, knapp vor der Stossstange. Dass für sie grün angezeigt wird, interessiert niemanden.

Der stärkere gewinnt, und das sind in keinem Fall die Verkehrsteilnehmer auf Beinen.

Die Stadt ist unermesslich gross, ein Monstrum mit vielen Beinen, ein Ungeheuer, das uns zu verschlucken droht.

 

Today's Tehran from above

Und so bleiben wir mit wachsender Verzweiflung mehrmals stecken. Man befindet sich also irgendwo an einem unbekannten Ort mitten in der Stadt, es geht weder vorwärts noch rückwärts, Daily Business in Teheran. Obwohl man sich daran gewöhnt haben müsste, ist nichts von entspannter orientalischer Gelassenheit zu erkennen, im Gegenteil. Es wird gehupt, gehornt, geflucht, verflucht und verdammt.

Ohne Ergebnis.

Was die Geschichte noch schlimmer macht, ist die Tatsache, dass wir vergeblich nach irgendwelchen Hinweisen auf den Campingplatz suchen. Ich gebe zu bedenken, dass zu dieser Zeit weder Google Maps noch Navigationsgeräte noch irgendwelche anderen Hilfsmittel existierten.

Dieses Thema wird noch öfters im Zentrum vielfältiger Orientierungsprobleme sein.

 

Der Campingplatz

Nun, manchmal findet auch ein blindes Huhn ein Korn, und genau so geht es uns. Im Nachhinein ist es schwierig zu sagen, wie wir es doch noch geschafft haben, den ziemlich weit ausserhalb der Stadt befindlichen Zeltplatz zu finden.

Offenbar scheint es der zentrale Sammelplatz aller Indien- oder zumindest Afghanistanfahrer zu sein. Ein bunt zusammengewürfelter Haufen aus haschverträumten Hippies, denen man kaum zutraut, den Weg zur nächsten Toilette zu finden geschweige den Weg nach Indien. Aber wie wir später herausfinden werden, schafft es jeder irgendwie, auch diejenigen, die sich irgendwo befinden, aber garantiert nicht in unserer Welt.

Der genaue Gegensatz zu ihnen sind pfadfinderähnliche Herrschaften älteren Datums, die sich alle Mühe geben, genauso cool auszusehen wie die viele Jahrzehnte jüngeren Indienreisenden. Man würde nicht erstaunt sein, wenn sie beim morgendlichen Appell „Allzeit bereit“ rufen würden.

Jedes Cliché wird bestätigt, jedes vorteilhafte, jedes abwertende.

Es kümmert niemanden. Langsam scheint sich so eine Art künstlicher Familie zu bilden. Alle mit dem gleichen Ziel, alle mit den gleichen Vorbehalten, Ängsten.

Aber das Schöne ist – wir sind mitten drin, ein Teil der Familie.

 

Passender Song zur Zeit:  Roxy Music – Out of the Blue

Und hier geht der Trip weiter …

 

Hippie Trail

Der Hippie Trail – Istanbul

Istanbul! Die letzte Stadt Europas und die erste Stadt Asiens.

Die Schnittstelle zwischen Orient und Okzident.

Eine faszinierende Mischung aus Ost und West. Tor zum Osten und zum Westen.

Eine Stadt, die man immer wieder besuchen, immer wieder geniessen möchte. Wie Buenos Aires. Oder Luang Prabang. Hanoi. Mandalay.

Die Hagia Sophia. Der Taksim-Platz oder die Galata-Brücke. Die Sultan-Ahmed-Moschee. Das Topkapi Museum. Oder eben der Grosse Bazar.

Istanbul. Konstantinopel. Byzanz. Drei geschichtsträchtige Namen für die eine geschichtsträchtige Stadt.

Und hier sind wir nun.

 

Der Bazar – eine Welt in der Welt

Auch das Bild der Stadt ist nach unserer Erinnerung geformt. Und für einmal ist es ihr ähnlich.

Der grosse Bazar mit seinen verwinkelten Gassen, die in alle Richtungen und nirgends hinführen, das wimmelnde Leben, das sich in allen Sprachen der Welt verständigt. Wenn gar nichts mehr hilft, dann kommuniziert man mit Blicken, Grimassen oder nach alter Sitte mit Händen und Füssen.

Die versteckten Restaurants, aus denen der Duft exotischer Speisen in die Nase steigt und einen unmittelbaren Zuwachs an Hunger bewirkt.

Die Verkäufer, auf der oberen Stufe weltweiten Verkäufertalents stehend, nähern sich vorsichtig und gleichzeitig unaufhaltsam, sie preisen etwas an, was wir jetzt denkbar schlecht brauchen können, auch wenn ihre Waren genauso erstrebenswert aussehen wie sie angepriesen werden.

Die Träger, die auf ihren verkrümmten Rücken ungeheure Lasten tragen, die uns kräftige Mitteleuropäer an die Grenze ihrer Möglichkeiten bringen würde (erst viele Jahre später, auf dem Langtang-Trek in Nepal, konnte ich eine weitere, beinahe unfassbare Steigerung beobachten).

Die Läden, grössere mit ausladenden Verkaufsflächen und kleinere, versteckte, über die man beinahe stolpert, und deren Inhaber schüchterne und manchmal herausfordernde Blicke auf die potentiellen Kunden werfen.

 

Shops in the Istanbul Bazar

 

Teppiche und Süssigkeiten

Und das Angebot, ein Universum an wunderbaren kostbaren Teppichen und Stoffen und Figuren, aber einem tausendfachen an unmöglichem Ramsch, dessen Qualität und Verwendungszweck schon auf den ersten Blick zweifelhaft erscheint.

Der Duft von gebratenem Fleisch und frischem Fisch mischt sich mit dem fremdartigen Aroma von Pfefferschoten, die auf Tüchern ausgebreitet sind, von Muskatnuss und anderen Gewürzen, gelben, roten, braunen, schwarzen.

Es riecht nach geröstetem Brot und Süßigkeiten, frischen Kuchen und Nüssen, nach kandierten Früchten, Marzipan, Konfekt und Pralinen und Tafeln aus gebranntem Zucker.

 

Bazaar in Istanbul

Und dann eben wir, die Touristen, die Käufer, die Kunden, die Opfer, gierig suchend, mit geblähten Nüstern nach Schnäppchen schnüffelnd, und um trotzdem nach kurzer Zeit über den Tisch gezogen zu werden. Natürlich in der festen Überzeugung, einen bsonders guten Kauf getätigt zu haben.

Alle sind da, die Amerikaner in ihren grosskarierten Hosenund farbigen, kitschigen Sonnenbrillen. Sie fallen auf, andere weniger. Deutsche und Italiener. Franzosen und Schweizer.

Das Grinsen der Verkäufer bleibt versteckt.

Zusammengefasst: Der Große Basar erstreckt sich über 31.000 m² und beherbergt rund 4.000 Geschäfte mit den verschiedensten Angeboten. Angelegt wurde er im 15. Jahrhundert unter Sultan Mehmet Fatih nach der Eroberung Konstantinopels.

Er ist genauso geblieben, und man ist dankbar dafür.

 

Ein altes zerknittertes Männchen

Der Lärm, die verrauchte, verbrauchte, von allerlei seltsamen Gerüchen aufgestaute Luft macht müde.

Die Restaurants nahe der Gassen bieten einen vortrefflichen Ort, um das Gewimmel zu beobachten und sich wieder einmal eine Meinung über das faszinierende Verhalten der Spezies Mensch zu machen.

Ein uraltes, zerknittertes Männchen streicht an den Tischen vorbei, bietet etwas an, das sich beim Näherkommen als seltsame Figuren entpuppt. Er erkennt im Nu unser Interesse und setzt sich an unseren Tisch.

Und jetzt erst erkennen wir, was für einen Schatz er anbietet. Es handelt sich um uralte, sehr wertvolle Marionetten aus Kamelhaut, die zwar in ähnlicher Art auch andernorts im Bazar angeboten werden, aber niemals in dieser einmaligen Schönheit.

Der Mann stellt sich im Gespräch als mindestens so interessant heraus wie seine Marionetten. In fliessendem Deutsch erzählt er von seiner Herkunft in Aserbeidschan, seinen Studien in Leningrad, seiner Flucht aus Russland nach Berlin. Er zählt nun an die neunzig Jahre und verdient sich durch den Verkauf seiner geliebten Marionetten einen Platz im Altersheim.

Man sieht ihm an, dass ihn der Verkauf seiner Marionetten schmerzt, aber es stellt die einzige Möglichkeit dar, etwas Geld zu verdienen. Seine Lieblinge sind kostbar und teuer, aber der wahre Wert wäre vermutlich noch viel höher.

Auf dem Heimweg könnten wir der Versuchung nicht widerstehen, aber eben, wir sind erst auf dem Hinweg, die Reise ist lang, der Platz beschränkt, und so wünschen wir ihm alles Gute und verabschieden uns.

 

Unterwegs in der Stadt

Wir hängen einen Tag an, es sieht beinahe nach einem Businesstrip aus. Und tatsächlich gibt es einiges zu erledigen, manches angenehm, anderes weniger.

Das Visum für den Iran bekommen wir (vielleicht) heute, keine Ahnung, wie die dortige Bürokratie funktioniert, aber wir hoffen auf das Beste. Denn ohne Visum keine Iran-Durchquerung. Immer diese Unabwägbarkeiten, sie sind eine elende Mühsal.

Und dann haben wir ein besonderes Rendezvous mit unseren französischen Freunden, die sicher darauf freuen, uns das geliehene Geld zurückzugeben. Erstaunlicherweise treffen wir sie tatsächlich im Puddingshop, Geld ist erwartungsgemäss immer noch nicht vorhanden, also verschieben wir unser Treffen auf den Nachmittag. Die Hoffnung ist klein, und so ist das Erstaunen gering, dass sich unsere Freunde auch um drei Uhr nachmittags rar machen. Nun, Shit happens, man lernt nie aus.

Eigentlich sind wir ja ein weiteres Mal auf der Suche nach geeignetem Kartenmaterial, allerdings ohne Erfolg. Auch die Hilfe unseres türkischen Freundes Arto führt zu keinen positiven Ergebnissen.Seine Zeit ist allerdings beschränkt, denn er ist in Aufbruchstimmung. Die Wahrscheinlichkeit, dass er in absehbarer Zeit in die Armee eingezogen wird, ist hoch, und so fliegt er morgen zu seiner Freundin in die Schweiz.

Und wir, wir stellen uns langsam darauf ein, dass wir ohne Strassenkarten nach Indien fahren.

 

Song zum Jahr:  Mike Oldfield – Tubular Bells

Und hier geht der Trip weiter … nach Ankara