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Südostasien

Die Einsamkeit der Nacht

Was ich am frühen Morgen noch nicht weiss – der Trip von Chiang Khong nach Luang Namptha wird eine Fahrt durch tiefe Nacht werden. Aber schön der Reihe nach …

Seit einem Monat gibt es keine Fähre mehr, keine Treppe, kein Gewusel mehr am Zollposten. Es gibt nun eine breite Brücke, bewacht von zwei protzigen Gebäuden auf beiden Seiten, durch man nun mit kalter Präzision durchgeschleust wird.

Dass der Grenzposten nun 10 Kilometer ausserhalb Chiang Khongs liegt, bedeutet eine massiv teurere Tuk-Tuk Fahrt zu selbstverständlich hohen nicht verhandelbaren Preisen. Und dass eine ganze Menge Leute ihre  Einkommensquelle verloren haben (ausser den Tuk-Tuk Fahrern natürlich). Nun denn  …

 

Niemandsland in Laos

Auf der laotischen Seite findet man sich im Niemandsland wieder, einer wüsten menschenleeren Landschaft, und in alle Richtungen, sei es nach Houayxai oder an die  Busstation, gibt es nur Tuk-Tuks  als einziges Transportmittel.

Ein gemischtes Häufchen Touristen besteigt schliesslich das wartende, sehr klapprig aussehende Gefährt, das uns in röhrendem Tempo zur Busstation fährt, wo gemäss Fahrttabelle  der Bus nach Luang Namptha um 12.30 abfahren soll.

 

Bus stop outside Ban Houayxai
Der wartende Bus …

 

Ein verspäteter Blick auf das Ticket

Aber denkste!  Es wird  13 Uhr, dann 13.30, ausser uns gibt es erstaunlich wenige Einheimische, was uns eigentlich stutzig machen  müsste. Aber es gibt viel zu erzählen, man schwatzt, lacht, tauscht Erlebnisse, Abenteuer, Erkenntnisse und Erfahrungen aus, manche banal, andere spannend und überraschend.

 

Backyard near the bus stop
Mittagessen in einem Hinterhof

Man geht gemeinsam essen, kehrt zum Busbahnhof zurück, um alles genauso vorzufinden wie zuvor. Meine Frage nach der Abfahrtszeit beantwortet der Verantwortliche mit dem Zeigen von vier Fingern, was mir lächerlich erscheint, denn ein Bus, der für 12.30 vorgesehen ist, kann einfach nicht erst um vier abfahren! Kann er doch, denn ein etwas verspäteter Blick auf das Ticket enthüllt unser aller Dummheit. 16.00. Keine Minute früher …

 

Waiting Time
So kann man die Wartezeit verbringen
Sweet Dreams
Sweet Dreams

 

Eine Fahrt durch tiefe Nacht

Auch keine Minute später, denn der in der Zwischenzeit randvoll bepackte Bus legt genau um 16.00 los. Es geht schnell in die Berge, hügelan, hügelab, Kehre um Kehre. Eine Fahrt durch wildes Land, durch hellgrüne Wälder, vorbei an Feldern, Hütten auf Stelzen und solche auf dem Boden.

Nicht viel Verkehr, das Land ist so arm, dass sich niemand ein Auto leisten kann. Dafür Lastwagen, manchmal ganze Konvois, alle auf dem Weg nach Norden, nach China. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis die Route von Bangkok herauf bis in die südlichen Provinzen Chinas durch eine vierspurige Autobahn erschlossen sein wird.

Der Bus ist zwar voll, doch mit wechselnder Besetzung, immer wieder Halte in Dörfern oder an seltsamen Orten, wo jemand zu- oder aussteigen will.

 

Die Stunden gehen vorüber

Dunkelheit senkt sich über das Land. Es wird still im Bus, nur noch das Röhren des gepeinigten Motors bleibt als akustische Begleitung, hin und wieder der Schrei eines Babys, das Scheppern eines Handys. Eine eigenartige surreale Atmosphäre, die ich so  sehr mag.

Eine Gruppe von Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, eng gepackt und bewegungslos dasitzend, manche dösend, andere den Blick in die undurchdringliche Dunkelheit gebohrt, doch ausser dem schwachen Licht eines Hauses oder der flackernden, schnell vorbei huschenden Lichterkette eines Dorfes bleibt es zappenduster

Irgendwann – doch wider Erwarten genau nach den angegebenen vier Stunden – erreichen wir Luang Namptha. Müde, schlaff, hungrig, doch was soll’s, wir sind da …

 

PS Song zum Thema:  Deep Purple – Black Night

Und hier geht die Reise weiter …

 

Laos

Wat Phou – Zu Fuss mit dem Fahrrad

Ein eigenartiger Tag, wie schon so viele, und trotzdem wieder anders.

Er beginnt mit dem Abschied von Don Khon, wehmütig wie erwartet, vor allem die letzte Fahrt zwischen den Inseln hindurch, der Blick zurück auf das Dorf erfüllen mich mit grosser Melancholie.

 

Zimmer auf Dom Khon  Letzte Fahrt durch Si Phan Don

 

Die Fahrt im Bus nach Norden nachdenklich, schweigend. Dann erreichen wir in Champasakh das Ufer des Mekong, da ist er in seiner alten gewohnten Form und Wildheit. Es dauert ein paar Minuten, bis wir ein Boot finden, das uns über den Fluss bringt, aber dann geht alles ruckzuck.

 

Der grinsende Hotelbesitzer

Am andern Ufer werden wir bereits erwartet: der im Guide beschriebene Hotelbesitzer ist tatsächlich da, mit breitem Lachen im pausbäckigen Gesicht und bringt ein brasilianisches Paar und mich in seine Prachtsvilla, die sich als heruntergekommenes, aber trotzdem irgendwie charmantes Etablissement entpuppt. Für eine Nacht ist es ok, auch wenn ich anfangs das Zimmer wechseln muss, da zu laut, zu dreckig, zu alles.

Die Terasse des Hotels liegt direkt über dem Mekong, meinem alten Freund, den ich schmerzlich vermissen werde. Seltsam wie man sich in etwas wie einen Fluss, grösstenteils stark verunreinigt und manchmal an eine riesige Kloake erinnernd, verlieben kann. Eines ist sicher – wir werden uns wiedersehen.

 

Wat Phou

Aber es wartet Wat Phou. Die laotische Variante von Angkor Wat.

Wat Phu ist ein ehemaliger Tempelkomplex der Khmer. Die erhaltenen Ruinen stammen aus dem 11. bis 13. Jahrhundert. Der Tempelbezirk Wat Phou und die zugehörigen altertümlichen Siedlungen in der Kulturlandschaft Champasak sind seit 2001 UNESCO-Weltkulturerbe. Wat Phu liegt in unmittelbarer Nähe am Fuße des Berges Lingamparvata und ist von Champasak aus über eine asphaltierte Straße zu erreichen.

 

Wat Phu
Blick auf die Ruinen von Wat Phu

Ich lehne also bei meinem Freund, dem ewig grinsenden Hotelbesitzer, ein Fahhrad aus. Es kommt mir von Anfang an etwas sehr gebraucht vor, so, als ob es kaum die  nächsten hundert Meter schaffen würde, doch mein Instinkt, der mir bisher zuverlässig potentielle Probleme vorhersagte, versagt heute. Aber schön der Reihe nach ….

 

Briefmarken auf der Post? … Heute nicht

Es gibt viel zu tun heute. Erster Schritt, die Post. Die Karte für meine Schwiegermama trage ich nun schon gefühlte drei Jahre mit mir herum. Heute ist also die letzte Gelegenheit, sie von Laos aus zu verschicken. Und tatsächlich – mitten im Dorf gibt es eine Poststelle.

Sie entpuppt sich als winziges Häuschen mit einer im Halbdunkel liegenden Theke, hinter der eine ganze Familie, zumindest drei Generationen umfassend, kauert. Ich ahne bereits das Unheil. Meine Frage nach Briefmarken (Briefmarken?) wird zwar nicht gerade mit Gelächter quittiert, aber ein gewisses mitleidiges Grinsen kann sich der Boss des Hauses nicht verkneifen. Es gibt heute keine Briefmarken, die sind erst wieder am Montag zu erhalten. Am Montag? Dann werden neue Briefmarken geliefert?

Überhaupt Briefmarken? In einer Post? Nur schon die Frage …

Es wird also nichts mit dem Versand des Feriengrusses aus Laos. Dann halt aus Thailand.

 

Eine gesuchte Person in der Bank

Nächster Halt, die Bank. Etwa 7-8 Personen sitzen im gut gekühlten Raum, haben ganz offensichtlich nichts zu tun und warten dementsprechend sehnlichst auf Kundschaft. Ich müsste also als potentieller Kunde sozusagen das Highlight des Tages darstellen, die Rettung in letzter Not. Aber weit gefehlt.

Der distinguiert gekleidete Boss heisst mich mit gestrenger Stimme zuerst mal meine Sonnenbrille abzunehmen. Ich denke zuerst an einen Scherz, aber nein, es scheint ihm ernst zu sein. Na gut, ich entschliesse mich, das Spiel mitzuspielen.

Irgendwas an meiner Person scheint ihm ganz und gar nicht zu passen. Acht Augenpaare starren auf eine Fotokopie, die sie immer wieder mit meinem Passbild vergleichen. Nun bin ich doch etwas irritiert und erkundige mich nach dem Grund für das seltsame Gebaren. Es dauert eine Weile, bis ich Auskunft erhalte. Offenbar wird ein Schweizer von der Polizei gesucht, dem ich eine gewisse Ähnlichkeit mit meinem Konterfei nicht absprechen kann.

Mein schallendes Gelächter überzeugt sie schliesslich doch noch von meiner Unschuld, und ich verlasse die Bank – den immer noch misstrauischen Blick des Bosses in meinem Rücken – mit einem angenehmen Gefühl des Triumphs. Und dem Cash natürlich …

 

Wat Phou bleibt ein Phantom

Das alles hätte Warnung genug sein müssen. Der Weg nach Wat Phou ist lang (8km), heiss und dank einer ewig langen Baustelle in sehr schlechtem Zustand, vor allem für ein Velo wie meines (wie hiess es doch in Wikipedia – eine gut asphaltierte Strasse?).

Als die Fahrradkette am Hinterrad das erste Mal rausfällt, denke ich mir noch nicht allzu viel. Sie ist schnell wieder an ihrem angestammten Platz, was mich dummerweise wieder mal in falscher Sicherheit wiegt. Die Vorfälle wiederholen sich allerdings in beunruhigender Kadenz. Wieder raus, wieder rein, auch kein Wunder bei diesen Strassenverhältnissen. Aber dann geschieht das Unabwendbare: die Kette springt am vorderen Zahnrad raus, und ich bin am Arsch. Ohne Werkzeug ein Ding der Unmöglichkeit, das Problem zu lösen.

Ich habe Glück im Unglück, denn ich bin sozusagen in der Zivilisation gelandet. Ein Friseurladen ist ganz in der Nähe, also lasse das Velo nach kurzer Überlegung dort stehen, und nehme den Weg zu Fuss in Angriff. Es ist nun noch heisser geworden, noch mühsamer.

Und es ist auch schon ziemlich spät, die Sonne steht bereits ziemlich tief am Horizont. Meiner Schätzung nach sind es noch mehrere Kilometer bis zum Wat Phou, es dürfte also bereits einnachten, wenn ich dort bin. Der Entschluss aufzugeben, fällt mir zwar nicht leicht, aber es ist vernünftig.

 

Wat Phou Ruins
So hätte es ausgesehen, wenn ich es gesehen hätte …

Und so stosse ich etwas später also mein havariertes Velo grummelnd nach Hause. Es ist ziemlich mühsam auf der im Bau begriffenen Unterlage. Zu meiner Überraschung hält der eine oder andere Vorbeifahrende an, um sich erkundigen, ob Hilfe benötigt wird. Ein Einheimischer versucht alles, doch ziemlich vergeblich. Ich bin trotzdem gerührt ob der spontanen Hilfeleistung.

Auch ein älterer Japaner bekundet Mitleid mit dem bedauernswerten Velofahrer zu Fuss und begleitet mich ein paar Kilometer. Sein Englisch ist sehr gut, und ich muss gestehen, dass ich in kurzer Zeit mehr über Japan erfahre als all die Jahre zu vor.

Es dauert also seine Zeit, bis ich endlich im Hotel ankomme. Der Hotelbesitzer krümmt sich vor Lachen, als ich ihm von meinem Missgeschick erzähle. Zumindest erlässt er mir die Kosten für die Vermietung und ist ziemlich stolz darauf.

Das Nachtessen nehme ich in einem gegenüberliegenden Restaurant ein, eine Pizza, gar nicht mal schlecht. Und dann begebe ich mich zur Ruhe nach dem ereignisvollen Tag, zur letzten Nacht in Laos.

 

PS Song zum Thema:  Apparat ft. Soap & Skin – Goodbye

Und hier geht die Reise weiter …