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Laos

Vang Vieng – Sex & Drugs & Rock ’n‘ Roll

Wer hätte gedacht, dass man in Vang Vieng, diesem berüchtigten Paradies für Drögeler und andere Süchtige, Ausflüge in eine herrliche Landschaft machen kann.

Ich bin heute zur Abwechslung mit einem Mountain Bike, einer ziemlich heruntergekommenen Maschine, unterwegs. Doch das Fahren wird erstaunlicherweise trotz schlechten Strassen zu einem Vergnügen. Dass mir am Abend der Arsch schmerzt, steht allerdings auf einem anderen Blatt.

 

Über Stock und Stein

Es geht über Stock und Stein, durch staubige Abschnitte, die das Atmen schwer machen, dann wieder durch Tümpel, deren Tiefe man nur erahnen kann. Trotz der Hitze und dem ungewohnten Terrain fühle ich mich prächtig. Die Muskeln spielen mit, die Lunge auch, nur manchmal, wenn es alle paar Kilometer eine Ansteigung zu erobern gilt, geht mir die Puste aus. Doch wie zuhause auf der Joggingstrecke ist das funktionierende System eine Anreicherung positiver Gefühle. Dazu braucht es nicht mal die Ausschüttung von Endorphinen.

 

Dusty, hot and unpredictable  deep Pool on the road

Staubig und heiss und unberechenbar

 

Tubing auf dem Fluss

Der Fluss führt das Tal entlang, kreuzt Vang Vieng und verschwindet zwischen den Karsthügeln. Talaufwärts versammeln sich die jungen Leute am Ufer, schon von weitem dringt laute Musik und Gelächter durch den trägen Vormittag.

Das sind die Stellen, wo sie sich mit ihren Gummischläuchen ins Wasser gleiten und anschliessend den Fluss hinunter schaukeln lassen, bis zur Stelle, wo die Fahrt zu Ende ist. Es wird gemunkelt, dass es in diesem Zusammenhang schon zu einigen Unfällen, teilweise mit tödlichem Ausgang, gekommen ist. Die Kombination von Alkohol, Drogen, der grundsätzlichen Gefährlichkeit des Wassers und einer gehörigen Portion Dummheit ist in den seltensten Fällen harmlos.

"Clystal Water"
„Clystal Water“

Immer anstrengender

Der Weg wird immer anstrengender und gelegentlich an der Grenze des Zumutbaren. Die Luft ist gesättigt mit dem aufgewirbelten Staub, eine dicke Schicht hat sich über meine Kleider, mein Gesicht, meine Arme und Beine gelegt.

Anyway, nach weiteren mühsamen Kilometern treffe ich auf ein junges Paar, ebenfalls mit den Tücken des Weges kämpfend. Wir durchlaufen die üblichen drei Stufen der Bekanntmachung: zuerst auf englisch, dann hochdeutsch und schliesslich schweizerdeutsch. Jürg ist Berner, Sandra Walliserin, wir freunden uns schnell an und beschliessen, die Fahrt gemeinsam fortzusetzen.

 

Laotische Gastfreundschaft

An einer Kreuzung spricht uns ein modisch gekleideter junger Mann an. Er arbeitet in der Stadt und will nun seinen auf dem Land lebenden Verwandten offenbar seine Weltläufigkeit beweisen, indem er uns unbedingt ins Haus seiner Eltern und Verwandten einladen möchte. Nach anfänglichem Zögern geben wir nach und befinden uns schon bald inmitten unzähliger Menschen, die gar nicht wissen, wie ihnen geschieht.

 

Hospitality in Laos
Gastfreundschaft in Laos

 

Die durch mangelhafte Fremdsprachenkenntnisse beeinträchtigte Unterhaltung erschöpft sich in mehr oder weniger stummer gegenseitiger Betrachtung. Wir sitzen auf einem Holzboden unter einem Vordach, umgeben von lauter Frauen mit ihren Kindern, in der Mitte steht ein Topf mit einer Art Suppe. Selbstverständlich werden wir dazu aufgefordert, ihr karges Mahl mitzuessen, und nach weiterem Zögern – wir wollen ja den sicher nicht gerade wohlhabenden Leuten ihr Mahl wegessen – greifen wir zu.

 

A peculiar company - Colorfully mixed cultures
Eine eigenartige Zusammensetzung – Bunt gemischte Kulturen

 

Es schmeckt ausgezeichnet. Und so sitzen wir mit uns völlig unbekannten Menschen zusammen, kommunizieren mit Händen und Füssen und fühlen uns trotz der ungewohnten Situation völlig wohl.

Der junge Mann ist sichtbar stolz auf seinen Coup, was ihm sicher einige soziale Credits seitens seiner Verwandten einbringen dürfte. Und schliesslich das Unvermeintliche: wie bedankt man sich? Ist es beleidigend, wenn man ihnen Geld gibt? Oder soll man es als das betrachten, als das es gedacht ist, nämlich pure und ehrlich gemeinte Gastfreundlichkeit, die keine Gegenleistung verlangt? Wir entscheiden uns für letztere Variante, allerdings trotzdem mit einem leichten Schuldgefühl.

 

Ballonfahrten

Vang Vieng hat aber noch weitere Highlighs im Köcher. Zurück in der Stadt werden wir Zeuge des Starts eines Heissluftballons. Es sieht abenteuerlich aus, und das dürfte es hier auch sein. Da kommen beim Anblick der Ballonhülle doch einige Fragen auf, die sich alle mit Sicherheit befassen. Nun, beim Start geht jedenfalls alles gut, und unter dem Hurragebrüll der vielen Zuschauer erhebt sich der Ballon in die Lüfte und verschwindet am Horizont.

Ballonfahrt in Vang Vieng

 

Baloon flying in Vang Vieng

Am Abend treffe ich mich mit meinen zwei temporären Freunden zum Essen, ein lustiger Abend unter Eidgenossen. An den Nebentischen wird heftig gepafft, der feine Duft guten Stoffs steigt in die Nase, während auf den zahlreichen Bildschirmen – Überraschung – eine Folge von „Friends“ gezeigt wird.

 

PS Song zum Thema:  Pink Floyd – Bike

Und hier geht’s weiter …

 

Laos

In Zeitlupe nach Vang Vieng

Die Fahrt von Luang Prabang nach Vang Vieng ist atemberaubend – und lang und anstrengend.

Eine gute Asphaltstrasse verbindet Luang Prabang mit Vang Vieng.

Es ist nicht eine gute Asphaltstrasse. Soweit zur Aussage in Wikipedia (manchmal frage ich mich, wie das Onlinelexikon zu seinen Informationen kommt).

Aber schlechte Strassen machen das Fahren im Minibus eben gerade zu einem besonderen Abenteuer durch eine wunderbare Landschaft.

Ich bin sehr froh darüber. Gute Strassen kann ich zuhause  haben, hier geht es eben genau darum, Grenzerfahrungen zu sammeln. Und diese Passfahrt mit einem des öfteren an der Grenze des Zulässigen fahrenden Chauffeurs ist tatsächlich eine besondere Grenzerfahrung.

Immerhin hält er zwischendurch mal an, diese Stopps, meistens irgendwo am Arsch der Welt gelegen und nur durch die Aufenthalte der durchfahrenden Wagen in ihrer Existenz gesichert, sind immer ein besonderes Highlight.

 

Stopps am Arsch der Welt

Ich liebe diese besondere Atmosphäre. Das kurze Durchatmen, das Lockern der verkrampften Gelenke. Einen Kaffee trinken, Gespräche mit den Mitreisenden, vielleicht sogar in seltenen Fällen das Finden des Souvenirs, das man schon lange gesucht hat und ausgerechnet an diesem seltsamen Ort findet.

 

Stop in nowhere land  not really inviting

Stop im Nirgendwo mit nicht wirklich einladender Toilette

Die Strasse führt dicht bewaldeten Berghängen entlang, schneidet wie ein Messer durch die Abhänge, Kurve um Kurve, eine staubige Angelegenheit.

Der versprochene Asphalt ist kilometerweit verschwunden oder hat gar nie existiert. Manchmal ist der Fahrer gezwungen, die Geschwindigkeit auf Schritttempo zu reduzieren, um den tiefen Löchern auszuweichen. Doch es geht vorwärts, Stunde um Stunde, Kilometer um Kilometer. Gelegentlich fallen mir die Augen zu. Der schlechte Schlaf der letzten Nacht verlangt seinen Tribut.

Neben mir sitzt ein älteres englisches Ehepaar. Immer wieder erstaunlich, wie auch Leute im fortgeschrittenen Alter erstklassige Strapazen auf sich nehmen. Allerdings ist hier eine länderspezifische Unterscheidung zu treffen. Es handelt sich in den meisten Fällen um Leute aus dem angelsächsischen Raum, Engländer, Amerikaner, Australier. Unsere Breitengrade sind in dieser Statistik eher selten vertreten. Zu verwöhnt? Zu sehr auf Sicherheit bedacht?

 

Ballermann

Irgendwann erreichen wir Vang Vieng, das heutige Tagesziel. Ich fühle mich augenblicklich im falschen Film. Oder ist es das falsche Alter? Was soll man zu einem Ort sagen, der früher garantiert sehr schön gewesen sein muss, der jetzt aber zu einem Sammelort aller Sünden dieser Welt geworden ist.

Vang Vieng evening - blurry
Vang Vieng am Abend – verschwommen

Das Kaff wimmelt von mehrheitlich sehr jungen Travellers (oder vielmehr von jungen Leuten, die hier eingeflogen werden, um sich ein paar Tage volllaufen zu lassen). Die Geschichte ist wahrscheinlich einfach: irgendwann entdeckte jemand den zweifellos vorhandenen Reiz der Landschaft, verbunden mit dem Tubing, billigen Getränken und vor allem mehr oder weniger frei zugänglichen Drogen und schon war die Sache geritzt.

Ich bin in einem offenbar  ziemlich neuen Hotel einquartiert. Preis ok, Zimmer auch, das Badezimmer allerdings  zeugt von dem handwerklichen Ungeschick der Einheimischen: mitten im Raum ist eine Erhöhung, an der man sich den Fuss brechen kann. Vom Hotel aus sind es nur ein paar Meter bis zu den ersten Bars und Restaurants. In der Nacht allerdings könnte es laut werden.

 

Alkoholleichen

Der Gang durch das Dorf erinnert mich an die Ballermann-Zentren auf Kreta. An die Alkoholleichen, die noch am Vormittag in fortgeschrittener, alkoholinduzierter Ohnmacht auf den Trottoirs liegen. So schlimm ist es nicht, aber es kommt dem schon ziemlich nahe. Eine weitere Seltsamkeit des Ortes ist, dass in all den zahlreichen Restaurants und Bars auf den TV-Bildschirmen ausschliesslich „Friends“ gezeigt wird. Das steht zwar auch in meinem Führer, aber man glaubt es erst, wenn man es tatsächlich sieht.

 

Das Umland mit der unvergleichlichen Karstlandschaft ist allerdings beindruckend, grandios in ihrer stillen Schönheit. Ich werde deswegen noch einen Tag anhängen, um eine Velotour zu machen. Mal sehen, ob Vang Vieng doch noch das eine oder andere Highlight bereithält.

 

PS Song zum Thema:  Ian Dury & the Blockheads – Sex & Drugs & Rock & Roll

Und hier geht die Reise weiter …