Die Küche ist am frühen Morgen bereits in Hochbetrieb. Sie macht einen ziemlich exotischen Eindruck, doch die Gerüche, die aus den Kochtöpfen in die Nase steigen, verstärken das Hungergefühl und machen Lust auf eine ausgedehnte Frühstückszeremonie.
Und tatsächlich – auch wenn das untenstehende Bild nicht unbedingt auf Köstlichkeiten hinweist – alles ist perfekt. Der Hotelbesitzer macht einen etwas müden Eindruck, was aber keinen Einfluss auf sein ewiges Grinsen hat.
Man muss ihn einfach gern haben, den alten Hallodri.
Über die Brücke nach Thailand
Ja, und dann heisst es definitiv Abschied zu nehmen von Laos, vom Mekong, was mir ausserordentlich schwer fällt. Es gibt beinahe ein paar Tränen, als wir die Brücke überqueren und der Mekong zum letzten Mal hinter mir verschwindet.
Ich habe mich nicht nur in einen Fluss verliebt, sondern in ein Land. In seine Menschen.
In ihre Freundlichkeit, ihr Lächeln. Ihre Weise, mit dem Leben und dessen absonderliche Probleme umzugehen, ohne den inneren Frieden zu verlieren.
Das ist mehr als man erwarten kann. Ich werde zurückkehren.
Um auch meinen inneren Frieden aufzufrischen.
Über die Grenze
Aber der Blick geht nach vorne. Unerwarteterweise habe ich den ersten Bus nach Ubon über die thailändische Grenze erwischt. Die Fahrt dauert ein paar Stunden, aber ich kann sie nicht recht geniessen. Es ist doch immer das Gleiche: sobald man sich an einem Ort wohlfühlt, will man nicht mehr weggehen. Und trotzdem ist man sich bewusst, dass es unmöglich ist, dass man nicht hierher gehört, dass die Anziehungskraft des Ortes, wo man seine Wurzeln hat, langfristig stärker ist.
Mehr Geld, mehr Glitzerzeug, mehr Plastik, mehr Hektik, mehr Gier
Es gibt einen längeren Zwischenhalt an der Grenze zu Thailand. Die Unterschiede fallen sofort ins Auge, überraschenderweise nicht zugunsten von Thailand. Der vergleichsweise Wohlstand ist spürbar. Es gibt mehr Geld, das ist offensichtlich, aber auch mehr Glitzerzeugs, mehr Plastik, mehr Hektik, mehr Gier.
Was mir auffällt – die Kühe auf den Weiden einen weniger guten Eindruck als ihre Kollegen in Laos. Sie scheinen magerer zu sein, weniger gut betreut. Ich muss darüber nachdenken, um es zu verstehen.
In Ubon angekommen, nehme ich das gleiche TukTuk wie zwei ältere englische Damen, die einen sehr erfahrenen Eindruck machen. Auch wenn das angepeilte Krungtong Hotel etwas gar weit abseits des Zentrums zu liegen scheint, werde ich wunschgemäss abgeladen, für einen Preis von sagenhaften 10 Baht.
Auf der Suche nach einem Busticket
Nach einer Dusche auf zum Bahnhof, um ein Ticket für die Bahnfahrt nach Bangkok zu kaufen. Denkste! Denn nun beginnt eine unglaubliche Odyssee, in deren Verlauf ich mehrmals durch die Stadt chauffiert werde.
Es beginnt beim dezentralen Bahnhof, auf der Karte als in der Nähe gelegen bezeichnet, was sich aber als Scherz des Autors erweisen sollte. Es gibt an der angegebenen Stelle keinen Bahnhof, hat nie einen gegeben, oder er befindet sich schlicht viel weiter entfernt. Niemand scheint je von einem Bahnhof an dieser Stelle gehört zu haben.
Meine diesbezüglichen Fragen werden von den zahlreichen Passanten mit einem höflichen, aber verständnislosen Lächeln beantwortet. Ja, ist es denn zu glauben! Die Leute sprechen zum Donnerwetter noch schlechter Englisch als die Laoten, und das will was heissen. Schliesslich erbarmt sich ein junger Thai und fährt mich in seinem alten klapprigen Toyota zum Hauptbahnhof. Dort gibt es allerdings keine Tickets, die sind nämlich schon seit Tagen ausverkauft.
Bleibt nur der Bus, also bringt mich mein Chauffeur zurück zum Busbahnhof, notabene denjenigen, an dem ich vor nicht allzu langer Zeit angekommen bin. Und weil die Tickets bar bezahlt werden müssen und ich zuwenig Geld habe, heisst es eine Bank zu finden. Mangels Wechselgelegenheiten im Busbahnhof heisst es nun, ein Shopping-Center aufzusuchen, wo es eine Wechselstube geben soll.
Das entspricht der Wahrheit, allerdings bin ich geschätzte Nummer 144 in der langen Schlange vor dem Schalter. Der Blick fällt auf einen ATM Automaten, der mir das Geld im Nu wechselt. Der Blick meines Chauffeurs ist in der Zwischenzeit schon sehr mitleidig geworden, einen ATM hätte es auch beim Busbahnhof gegeben.
Der Abschied von meinem temporären Chauffeur ist wie immer etwas seltsam. Ist es beleidigend, wenn ich ihm was gebe für seine Mühe? Und falls ja, wieviel ist genug? Wie würde ich reagieren, wenn ich aus reinen Hilfsbereitschaft jemandem einen Dienst erweise und am Schluss mit Geld abgespeist werde? Ach Gott, diese Fragen sind schwierig und letztlich nur mit Instinkt zu beantworten.
Ich bin in der Zwischenzeit völlig ausgedörrt und hungrig. Allerdings gibt es in der unmittelbaren Nachbarschaft des Hotels weder ein Restaurant noch sonst was Gescheites. Ich decke mich also in einem kleinen Laden mit Essen und Trinken ein (darunter sogar ein Magnum Glacé) und verbringe den Abend im Hotel. Das TV Programm ist ausschliesslich in unverständlichen Sprachen, also lese ich den Great Expectations zu Ende und bin gerührt und begeistert.
PS Song zum Thema: Elton John – Border Song
Und hier geht’s weiter …