Nach dem besten Schlaf überhaupt im weichsten Bett überhaupt werde ich durch das beste Frühstück überhaupt überrascht.

Es stimmt schon – die Götter schenken mir zum Abschied ein sehr willkommenes Wiedergutmachungsgeschenk (schliesslich haben sie verschiedene, vor allem klimatische Kapriolen und anderes zu verantworten). Ein paar ältere Herrschaften nicken mir zu, während ich mit Eiern, Fruchtsaft aus Tamarillos, auch Baumtomaten genannt, frischen Brötchen und Kaffee überrascht werde.

 

Eine der grössten Metropolregionen der Welt

Dann also auf zur eigentlichen Erkundung von Bogotá, der Hauptstadt Kolumbiens und Verwaltungszentrum des Departamentos Cundinamarca.

Mit ihren 6,8 Millionen Einwohnern im eigentlichen Stadtgebiet und 7,9 Millionen in der Agglomeration ist Bogotá der größte städtische Ballungsraum Kolumbiens und außerdem eine der am schnellsten wachsenden Metropolen Südamerikas; sie stand 2015 an 39. Stelle in der Liste der größten Metropolregionen der Welt (man erinnere sich an Santa Cruz in Bolivien). Die Stadt liegt in einer fruchtbaren Hochebene der Anden, 2640 Meter über dem Meeresspiegel.

Kolumbien liegt in der tropischen Klimazone. Wegen der großen Höhe über dem Meeresspiegel (über 2600 m) herrscht in Bogotá jedoch ein gemäßigtes Klima mit einer jährlichen Durchschnittstemperatur von 13,3 Grad Celsius.

Da Bogotá nahe am Äquator liegt, gibt es keine großen jahreszeitlichen Unterschiede. Die jährliche Höchsttemperatur liegt im Mittel bei 16,0 Grad Celsius, die jährliche Tiefsttemperatur im Durchschnitt bei 7,4 Grad Celsius. Die Temperaturen übersteigen nur selten die Grenze von 23 Grad Celsius und können in wolkenlosen Nächten auch den Gefrierpunkt erreichen.

Alles leider wahr: ich bin ein weiteres Mal im Nicht-Sommer gelandet und muss schon wieder meine wärmsten Klamotten reaktivieren!

 

Elendsviertel

Bogotá ist Opfer der Bevölkerungsbewegung aus dem ländlichen Raum in Richtung Stadt auf Grund des seit Jahrzehnten andauernden Bürgerkrieges.

Dazu kommt die anhaltend schlechte Lage der Wirtschaft seit den 1990er Jahren. So entstanden an der Peripherie zahlreiche Elendsviertel, in denen heute ein großer Teil der Bevölkerung lebt. Die politische und wirtschaftliche Entwicklung spiegelt sich in erhöhten Armutsquoten der Stadt wider.

Diese zeigt sich auch im Stadtbild. Auch nahe dem Zentrum gibt es Elendsviertel mit hohen Raten von Drogenkonsum und Kriminalität, zum Beispiel das Viertel „El Bronx“. An vielen Ampeln sieht man Bettler und Verkäufer.

Die Wohngebiete im Norden der Stadt gelten als vornehm und reich, die Stadtviertel im Süden als unsicher und arm. Bogotá hat außerdem eine hohe Arbeitslosigkeit, und der Anteil der Bevölkerung, der sich nicht die notwendigen Nahrungsmittel leisten kann, stieg von knapp sieben Prozent 1997 auf 14,9 Prozent im Jahre 2000.

 

Poverty in Bogota 1
Die Bilder sind erschreckend und peinlich für uns reiche Säcke
Poverty in Bogota 2
Man geht vorbei, mit schlechtem Gewissen
Poverty in Bogota 3
Ist es nur eine Ruhepause (hoffentlich) oder doch das, was ich befürchte?

Das ist an allen Ecken und Enden sichtbar. Ich habe auf der ganzen Reise niemals so viele Bettler und arme Leute gesehen wie hier.

Sie liegen mitten auf der Strasse oder auf den Trottoirs oder in Hauseingängen, schlafend, zusammengekrümmt, oder lehnen an Hauswänden, das bisschen Besitz in Plastiksäcken neben sich. Schlimme Bilder, die sich im Gedächtnis einbrennen. Man kann nicht allen etwas geben, aber denen, die in den Abfalleimern wühlen, drücke ich gelegentlich ein paar Münzen in die Hand, wissend, dass es nicht mehr ein winziger Tropfen auf einen heissen Stein ist.

 

Der singende Salsatänzer

Die Hauptstrassen, ähnlich breit und von Läden gesäumt wie die Bahnhofstrasse in Zürich, ergänzen das Bild. Wer nicht in die totale Armut absinken will, muss sich irgendwie über Wasser halten. Auf den ersten Blick ein beeindruckendes und sehr unterhaltsames Blick, erst auf den zweiten wird klar, dass man es hier mit Survival zu tun hat.

 

Strange people in Bogota

Strange people in Bogota 2

Strange people in Bogota 3

Und die Kreativität ist erstaunlich: da sind singende Salsatänzer, begleitet vom ohrenbetäubenden Klang aus Lautsprechern, unweit davon ein Paar Tangotänzer, die alles bisher Gesehene in den Schatten stellen.

Einer ganzen Strasse entlang haben sich Portraitmaler aufgestellt, einige begabt, andere weniger. Es gibt einen Maler, der ausschliesslich Jesusbilder auf die Strasse malt, jeden Tag das exakt gleiche. Ein anderer versucht es mit einer Kombination aus Malerei und Lotto: seine scheusslichen Bilder verkauft er in einer Art Lotto; man bezahlt für eine Nummer, die für ein Bild steht; hat man die richtige Nummer gewählt, kriegt man das Bild (das ich nicht mal im tiefen Keller aufhängen würde).

 

 

Ein paar Schritte weiter macht eine Rhythmusgruppe mit allerlei Schlaginstrumenten Krach, etwas weiter versucht eine Sängerin ihrerseits, gehört zu werden. Und mittendrin in der musikalischen Vorhölle eine Combo aus Panflöten. Ich schwöre, wenn ich das nächste Mal eine Panflöte höre, kriege ich einen hysterischen Schreikrampf.

Und ebenfalls mittendrin (meinem alten Freund und Schachkoryphäen Fritz würde das Herz schneller schlagen) eine lange Reihe von Tischen, an denen Schach gespielt wird.

 

Chess players in Bogota

 

Elend und Lachen

Also insgesamt ein sehr zwiespältiges Erlebnis: einerseits sehr unterhaltsam, andererseits aber ist man sich bewusst, dass dahinter viel Elend steckt. Aber man muss die Menschen bewundern: trotz der schwierigen Lage hört man selten ein böses Wort, dafür fröhliches Lachen, Witze, Grimassen.

Schon jetzt weiss ich, dass ich sie sehr vermissen werde.

 

La Plaza Bolivar

Die Plaza de Bolívar ist der zentrale Platz von Bogotá. Im 16. Jahrhundert errichtet, befindet er sich im Herzen des historischen Stadtteils La Candelaria. Anlässlich des 150-jährigen Bestehens der Unabhängigkeit Kolumbiens wurde der Bolívar-Platz im Jahr 1960 komplett neu gestaltet.

Er ist von drei großen Gebäudekomplexen dominiert: von der 1823 vollendeten klassizistischen Kathedrale mit der angeschlossenen „Capilla del Sagrario“, dem „Capitolio Nacional“ mit einer mächtigen Säulenhalle und der „Alcaldía de Bogotá“.

Beide Paläste sind im Stil des Klassizismus erbaut, wobei letzterer deutlich den französischen Einfluss zeigt.

 

La Plaza Bolivar in Bogota 1

La Plaza Bolivar in Bogota 2

La Plaza Bolivar in Bogota 3

La Plaza Bolivar in Bogota 4

Die Kälte lässt das Besichtigungsvergnügen zu einem Kampf gegen den kalten Wind werden. Doch der Eindruck der monumentalen Gebäude wird dadurch nicht beeinträchtigt. Es sind höchstens die Füsse, die sich lautstark melden und eine Pause einlegen wollen.

Ich setze mich also auf einen Steinquader und tue das, was ich am liebsten mache: ich esse einen Bissen und beobachte die Leute.

 

Kilometerstand:  10118

Song zum Thema: Eric Clapton / B.B. King – Help the Poor

Und hier geht die Reise definitiv ihrem Ende entgegen …

 

Ähnliche Beiträge

Entdecke mehr von Travelbridge

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen