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Südostasien

Luang Namptha – Dschungeltrek

Man stelle sich die Hauptstrasse  eines mittelgrossen Städtchens vor, irgendwo auf der Welt: Dichter Verkehr, Stossstange an Stossstange, Ampeln, Fussgängerstreifen, Hektik, Hupen, Lärm …

Nicht hier in Luang Namptha, hier ticken die Uhren noch so wie vor 30, 40 oder mehr Jahren.. Man könnte mitten auf der Strasse ein Picknick  veranstalten, es würde kaum zu einem grösseren Verkehrsproblem führen.

 

Luang Namptha

Alle paar Minuten tuckert ein altertümlicher Traktor vorbei, schwarzblaue  Dieselschwaden ausstossend. Dazwischen  Roller, viele Roller, manchmal mit Kindern, Babys, Grossmüttern aufgepackt, dazwischen wichtigtuerische SUVs, wahrscheinlich aus dem nördlichen Nachbarland stammend.

 

Luang Namphta's main street

People's Complain Letter Box

 

Das wahre Highlight von Luang Namphta

Bevor der Treck startet, nimmt uns der Guide mit zum Markt. Es geht darum, für den eintägigen Trip Lebensmittel einzukaufen. Und tatsächlich – jetzt erst erkenne ich das wahre Highlight von Luang Namphia.

Einer der schönsten Märkte seit langem.

 

Market in Luang Namptha  Bargaining in Luang Namptha

Very strange fruit  Vegetables and fruit

Ein lärmiges, freundliches Durcheinander vieler Stimmen, von Frauen, Kindern, Hunden, empfängt uns auf einem verborgenen Platz inmitten von Häusern. Gegen die Sonne, die sich an diesem Morgen rar macht, stehen farbige Sonnenschirme parat, neben und unter ihnen sitzen farbig gekleidete Frauen vor ihren auf dem Boden ausgebreiteten Früchten und Gemüse aller Arten. Einige davon sind mir völlig unbekannt.

 

Ordnung bei Gemüse und Früchten

Was auffällt – alle Früchte, jedes Gemüse ist sorgfältig geordnet, manchmal in geraden Linien ausgebreitet.

 

A lot of work for a lot of order  Vegetables

Bird's eggs?  Vegetable tidiness

 

Drei Alte im Dschungel

Abwechslung tut gut, zumindest wenn es darum geht, nicht immer der Älteste zu sein. Heute bin ich es definitiv nicht. Das deutsche Ehepaar – Rainer und Angela – haben den Zenith ihres Lebens ein paar Jahre überschritten. Er 78, sie über 70. Auf jeden Fall ist keine Jump-and-Rush Expedition bei unserem Dschungel Trek zu erwarten.

Auf der Fahrt zum Ausgangspunkt stellt sich heraus, dass ich es mit Rainer und Angela mit zwei ausgewiesenen Travellers zu tun habe. Im Verlauf des Tages wird aus ihren Erzählungen klar, dass sie nicht nur beinahe jedes Land bereist haben, sondern dies auch auf mehr als abenteuerliche Weise getan haben.

Es kann gut sein – wir sind uns da nicht ganz klar geworden – dass sich unsere Wege in Indien und Nepal 1974/75 durchaus gekreuzt haben können, Rainer allerdings per Lastwagen oder mittels anderen Vehikeln. Und vor vielen Jahren haben sie den ganzen Weg von Kalifornien bis Alaska mit dem Velo gemeistert. Meine Ehrfurcht ist gross …

 

Starting the jumgle Treck
Rainer und Angela im Dschungel

 

Vorrecht des Alters

Es entwickelt sich eine zwar nicht sehr abenteuerliche, aber durchaus spannende Wanderung durch dichten Dschungel, vorbei an munter sprudelnden Bächen, an steilen Felsabstürzen und vom Alter oder Sturm gefällten Baumriesen, begleitet vom unaufhörlichen Gesang der Grillen und unsichtbaren Vögeln.

Die beiden Mit-Trecker haben es nicht besonders eilig (ein Vorrecht des Alters), auf jeden Fall wird jedes Blümchen, jeder Pilz, jeder Baum und Strauch einer genauen Prüfung unterzogen und fotografiert. Ihr Wissen ist immens: auch noch so seltene Pflanzen, von denen Landolt noch nie was gehört hat, können sogar etymologisch erklärt werden. Chapeau!

 

rare butterflies  strange mushrooms

Thick undergrowth
Dichtes Unterholz

 

Ein wunderbares Mahl im Dschungel

Die Zubereitung des Mittagessens ist ein besonders eindrückliches Happening. Der Guide namens Sai ist zwar vor der Abfahrt einkaufen gegangen – Gemüse, Reis, Enten- oder Hühnerfleisch, Bananen – doch zur Zubereitung gibt es weder Pfannen noch sonstiges Instrumentarium.

Ein junges Mädchen, das er auf der Hinfahrt mitgenommen hat (und die leider kein einziges Wort Englisch spricht oder versteht), hilft ihm beim Kochen. Zuerst werden mit der Machete grosse Bambusröhren geschnitten (der Zweck ist uns anfänglich ziemlich schleierhaft), dann werden sie zu meterlangen Stücken zerschnitten und schräg über das mittlerweile brennende Feuer gelegt. Dann wird für die Suppe Wasser hineingegossen (warum es nicht auf der anderen Seite herausfliesst, entzieht sich meiner Kenntnis) und schon bald dampft und zischt es aus der oberen Öffnung.

 

Bamboo as raw material  Lunch in the jungle - delicious

Cooking Artists  Cooking Team

Als Suppenteller dient wiederum ein halbiertes Bambusrohr, das waagrecht auf den Tisch gelegt wird und man mit aus Bambusblättern gefertigten Suppenlöffeln isst. Überwältigend! Und erst noch lecker. Das am Schluss zubereitete Menü besteht schliesslich aus Gemüsesuppe (sehr gut), Reis, den man mit der Hand zu mundgerechten Happen zerdrückt und in die scharfe Sauce (ebenfalls auf Bambusröhrentechnik zubereitet und absolut perfekt) tunkt, Gemüse (keine Ahnung, was es sein könnte, schmeckt aber gut) und ein paar Happen ausserordentlich zähes Entenfleisch.

Ehrlich – ich tausche jedes Gault Millau Nobelessen gegen dieses wunderbare Mahl im Dschungel, untermalt von den Geschichten der beiden alten, aber immer noch sehr virilen Travellers …

Auch der Rückweg ist gemütlich, spannend, hochinteressant, denn Sai weiss enorm viel über so ziemlich alles, was uns interessiert. Kardamon, Ginger, Grapefruits, wilde Bananen, Pilze (essbare und tödlich giftige), Baumriesen, deren Wipfel man nur erahnen kann, so hoch sind sie, Blätter, die man besser nicht berührt … Rainer – immerhin geht er gegen die Achtzig – ist vielleicht doch langsam ein bisschen tattrig und so brauchen wir halt etwas länger zurück zum wartenden Tuk-Tuk …

 

Ein Dorf abseits

Auf dem Rückweg machen wir Halt in einem Dorf weit abseits des üblichen Touristenrummels. Ein friedliches altmodisches Dorf, wo man beinahe den Hauch des vorletzten Jahrhunderts zu spüren glaubt. Wären da nicht die überalle herumliegenden Plastikflaschen …

 

A village from the penultimate century  Hard work on the loom - but the results are wonderful

Again and again children - curious, friendly, wonderful
Immer wieder Kinder – neugierig, freundlich, wunderbar

Ein schöner Tag.

 

PS Song zum Thema:  Jethro Tull – Bungle in the Jungle

Und hier geht die Reise weiter …

 

Südostasien

China – Die Welt in neuen Farben

Der Bus nach Jinghong in Yunnan ist hoffentlich kein böses Omen.

Die Abfahrt des Busses nach Jinghong ist auf genau 07.10 angesetzt. Zahlreiche Travellers drängen sich in die TukTuks, Reiseziel Luang Prabang oder Oudomxai, und schon bald stehe ich alleine da, mit Ausnahme eines ziemlich verloren wirkenden chinesischen Paares.

Einmal mehr ist die laotische Pünktlichkeit eine Sache von Glauben und Hoffnung, bis sich mit Getöse und Gedröhn das absolut heruntergekommenste, dreckigste, verbeulteste Vehikel nähert, das ich je gesehen habe.

 

Bus to Jinghong
Mit diesem Vehikel nach Jinghong?

 

Ein erbärmlicher Bus

Die Sitze sind in einem schlimmen Zustand, zum Teil schräg oder nur noch in der Liegeposition benutzbar, und allesamt ziemlich schmutzig. Aber der Bus ist gut besetzt, ich zwänge mich ganz hinten auf einen noch akzeptabel aussehenden Sitz und harre der Dinge, die da kommen sollen.

Nach mehreren Zusatzschleifen quer durch das Dorf scheinen wir die gewünschte Vollbesetzung erreicht zu haben, und es geht los Richtung Norden, doch immer wieder Halte in Dörfern oder an seltsamen Orten, wo jemand zu- oder aussteigen will.

 

Gummibäume und andere Sünden

Eine Fahrt durch wildes Land, durch hellgrüne Wälder, dichten Dschungel. Die Erinnerung an die Fahrt auf dem Nam Ou vor zwei Jahren taucht auf und mit ihr der Ärger: dort wie hier sind die Wälder kilometerweit abgeholzt worden, um Platz zu schaffen für den Anbau von Rubber Trees, Kautschukbäumen, die in schnurgeraden, langweiligen Reihen angepflanzt sind.

Hier gibt es keine Tiere mehr, nichts, was an die alten Zeiten erinnert, als der Dschungel vom Leben vibrierte. Ein weiteres zweifelhaftes Geschenk der Nachbarn im Norden.

 

Der australische Lehrer

Mit Erstaunen nehme ich zur Kenntnis, dass ich wider Erwarten doch nicht der einzige Fremde im Bus bin. Ein junger Mann unterhält sich in fliessendem Mandarin mit einem alten Chinesen mit schrecklich abstehenden Ohren, der sich alle paar Augenblicke lautstark räuspert und die diesbezüglichen Ergebnisse aus dem Fenster spuckt. An diese optischen und vor allem akustischen Überfälle wird man sich schnell gewöhnen müssen. China lässt ein weiteres Mal grüssen.

Der junge Mann, der sich kurze Zeit später neben mich setzt, entpuppt sich als australischer Lehrer, der irgendwo im Norden Chinas, in der inneren Mongolei, an der Uni Englisch und Philosophie doziert.

Es entwickelt sich ein angeregtes Gespräch über Gott und die Welt, über das Reisen und das Weggehen und was es in einem auslöst, über Arnold Schwarzenegger und Breaking Bad, aber auch immer wieder über unser Ziel im Norden, China. Er scheint sein Gastland zu meinem Erstaunen wirklich lieben gelernt zu haben, vor allem sein Geständnis, dass er sich nach einem längeren Aufenthalt im Ausland nach Hause zu kommen fühlt, macht mir Eindruck.

 

Border crossing
Grenzübergang

Die Grenze

Und dann plötzlich die Grenze. Hier niedrige Hütten, dort mächtige Gebäude, hoch in den Himmel gezogen, mit einer einzigen Botschaft: Seht her, das ist China, der zukünftige Herrscher im 21. Jahrhundert. Anstelle der staubigen Strassen sind nun breite, Palmen-gesäumte Alleen das Mass der Dinge, sauber, ordentlich, gepflegt. Die Leute sind adrett gekleidet, selbstbewusst, aber dennoch entspannt.

 

Border between Laos and China
Grenze zwischen Laos und China
So much to buy
Grosses Angebot
Chicken
Hühner
Relaxed atmosphere
Entspannte Atmosphäre

Sichtbare Unterschiede

Auf den ersten Blick hat sich nicht viel geändert, wenn man aus dem Fenster blickt, doch der zweite enthüllt die Unterschiede. Die Architektur der Häuser entspricht nun der Vorstellung: tempelartig, mit mehreren Dächern übereinander geschachtelt, zierlich, von brüchiger Schönheit. Und die vielen Autos entlang der Strasse glänzen, geben Zeugnis von Geld, viel Geld …

Man fühlt sich mit einem Mal in einer anderen Welt. Ich mache meine Hausaufgaben, versuche alles  wahrzunehmen, nichts verpassen. Dies ist ein Land, das uns die nächsten Jahre und Jahrzehnte beschäftigen wird, vielleicht als Freund, vielleicht als Konkurrent, vielleicht als Feind. Oder alles zusammen.

Was ich hier sehe, ist gleichermassen erstaunlich wie bedrohlich. Vor nicht mal dreissig Jahren war das Land mausarm, jetzt eine aufstrebende Weltmacht mit dem strategischen Ziel, wieder, wie vor vielen Jahren, die Nummer eins zu werden. Das Trauma, während hunderten von Jahren ein Nichts gewesen zu sein, liegt tief und bestimmt das Denken und das Handeln.

Wir werden uns vorsehen müssen …

 

Jinghong

Und dann plötzlich der Mekong, der hier Lancang heisst, die Brücke führt direkt ins Zentrum Jinghongs. Breite Alleen, viel Verkehr, und überall chinesische Schriftzeichen, kein einziges in unserer Schrift. Das kann ja heiter werden …

 

Jinghong - will I ever find my way back to the hotel?
Jinghong – werde ich je wieder zurück zum Hotel finden?

 

Mein australischer Freund verabschiedet sich, und trotz der kurzen Bekanntschaft bleibt ein leises Gefühl des Verlusts zurück.

 

Auf der Suche nach dem Hotel

Meine Zweifel bezüglich Kommunikation bewahrheiten sich. Obwohl die Adresse des Hotels auch in Chinesisch steht, hat der würdige ältere Tuk-Tuk Fahrer alle Mühe. Nicht einmal die Lesebrille, die er aus der Tasche klaubt, scheint das Problem lösen zu können.

Aber wir fahren schliesslich los, beinahe lautlos, denn ich bin tatsächlich auf einem Tuk-Tuk mit Elektromotor unterwegs, also sozusagen einem e-Tuk-Tuk. Er fährt langsam, unsicher, hält dann irgendwann am Strassenrand und zeigt auf einen Häuserblock, an dem allerdings der Name eines ganz anderen Hotels prangt. Während ich verzweifelt bemüht bin, ihm klarzumachen, dass dies nicht die gesuchte Adresse ist, versucht er mich ebenso verzweifelt vom Gegenteil zu überzeugen. Wir einigen uns schliesslich dahingehend, dass ich mich verabschiede und mein Glück auf meine Weise versuche.

 

Jinghong
Allee, palmenbesetzt, man putzt

 

Das Hotel

Im Nachhinein – Shame on me und sorry, alter Mann – stellt sich heraus, dass es tatsächlich die richtige Adresse ist, nur dass sich das Hotel eben unsichtbar in dem riesigen Häuserblock versteckt. Obwohl sie nicht den Hauch von Englisch verstehen, finde ich schliesslich mit der gütigen Hilfe einiger Passanten doch noch den richtigen Eingang, den richtigen Lift, die richtige Reception.

Und das Zimmer ist Klasse. Allerdings führen Hunger und Durst schon bald wieder zurück auf die Strasse, es ist dunkel geworden, und ich fühle mich noch etwas unsicher in der unbekannten Umgebung. Die Trottoirs sind voller Menschen, lachenden, freundlichen Menschen, spazierend, am Boden kauernd, über ihre Nudelsuppen gebeugt.

 

Nachtessen

Ich finde schliesslich ein Restaurant, wie im Reiseführer angegeben, schlimmstes Fastfood, aber die Bedienung ist freundlich, jedoch einmal mehr von absoluter Verständnislosigkeit hinsichtlich Nicht-chinesischer Sprache zeugend. Wir einigen uns doch noch, nach langem Palaver und unter Zuhilfenahme der grässlichen Bilder auf der Menükarte, auf Reis mit Beef, gar nicht schlecht, doch das mit Eis gefüllte Wasserglas bleibt unangetastet.

Genug für heute …

 

PS Song zum Thema:  Ann-Margret – I just don’t understand

Und hier geht die Reise weiter …