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Burma

Von Kalaw zum Inlé-See – Durch Van Goghs Welt

„Old Age is not for Sissies.“ (Quote Bette Davies * 1908 + 1989 US Amerikanische Schauspielerin)

Ich muss ihr zustimmen.

Es ist immer ernüchternd und etwas schmerzhaft, wenn man an das eigene Alter erinnert wird.

 

„You walk? .. Yes. Why? .. You old!!“

Heute Morgen werde ich einmal mehr daran erinnert. Das Mädchen an der Rezeption des Railroad Hotels namens Sima scheint die westliche Zurückhaltung bezüglich unpassender Bemerkungen zum fortgeschrittenen Alter ihrer Kunden noch nicht verinnerlicht zu haben (obwohl ich mir diese Direktheit manchmal wünschen würde).

Auf jeden Fall beginnt mein 2-tägiger Treck Richtung Inle-Lake mit genau diesen Worten. Wir lachen beide herzlich (ich ein wenig verkrampft) und verabschieden uns. Es war – trotz Badezimmer – ein wunderbarer Aufenthalt.

 

4 Personen plus Sanny

Bei der organisierenden Agentur findet sich nach und nach die Truppe von insgesamt 4 Personen plus Guide zusammen (genau die richtige Grösse, denn immerhin ist man für 2 Tage eng zusammen und erleidet sozusagen das gleiche Schicksal).

Sebastian, ein junger Deutscher aus Rosenheim, Chris und seine Freundin Stefanie aus Amsterdam und Sanny, unser Guide. Zu ihm wird es noch einiges zu sagen geben, denn er wird sich als die grosse Attraktion unseres Ausflugs erweisen. Alles in allem eine gute Zusammensetzung, eine sehr gute.

Wir werden, da nur 2 Tage unterwegs, den ersten Teil mit dem Sammeltaxi in die Hügel hinausgefahren, wo wir schliesslich irgendwo im Nirgendwo ausgeladen und uns selbst überlassen werden.

Na ja, immerhin haben wir ja Sanny. Er ist ein 55-jähriger, kleiner, drahtiger Mann mit einem feinen Geflecht von Falten in seinem sonst glatten Gesicht, immer mit einem Lächeln, auf dem Kopf eine Wollmütze, um die Beine schlottern sehr weite helle Hosen, die ihn von Weitem erkennen lassen. Dass er ein äusserst eloquenter Gesprächspartner und ein Geschichtenerzähler wie aus Tausend und einer Nacht ist, wird sich schon bald erweisen.

 

Sanny, our Guide
Sanny, unser Guide, mit interessierten Zuhörern

 

Ein gelbes Meer

Nun denn, auf geht’s! Wir folgen dem Weg anfänglich gegen Osten, über gut ausgebaute Wege, dann wieder ausgewaschene Fusspfade, vorbei an gelben Feldern mit blühenden Sonnenblumen, an Feldern mit Sticky Rice (allerdings soll es gemäss Sanny auch Sticky Sticky Rice geben, der muss dann ziemlich sticky sein). Für die Nichtexperten: Sticky Rice ist anders als der Wet Rice etwas anders im Geschmack und gehört je nach Stamm, Volk oder Land mehr oder weniger zum täglichen Menü.

Es ist wie in einem Traum. Einem wunderschönen Traum.

 

Sunflowers
Ein gelbes Meer von Sonnenblumen
Blooming meadows
Ein einziges Vergnügen fürs Auge

 

Banyan Bäume

Manchmal kreuzen wir die riesigen Banyan-Bäume, stehen einen Moment still und bewundern die uralten, heiligen Monstren. Dann wieder vorbei an einem gelben Meer von Blumen. Das Auge wird müde ob der schieren Pracht.

Wenn ich unserem gut informierten Führer glauben kann (Einschränkung: ich glaube ihm nicht alles, obwohl ich überzeugt bin, dass ER alles glaubt, was er uns erzählt. Die Geschichte mit seinen Heilerqualitäten (was ein eigenes Kapitel füllen würde) ist so abstrus und gleichzeitig komisch, dass, falls nicht wahr, doch wenigstens gut erfunden ist).

Wenn ich ihm also glauben kann, gibt es unterschiedliche Banyan-Bäume, nämlich die heiligen und die anderen. Wie sie sich unterscheiden, ist allerdings unklar. Die einen sind einfach heilig und werden mit ebenso heiligen Utensilien bekränzt, während die anderen, obwohl vollkommen gleich aussehend, eben nicht heilig sind.

Aber sei’s drum, Banyan-Trees haben eine wichtige Rolle in Buddhas Geschichte gespielt. Soweit ich weiss, meditierte er in Bodh Gaya, einem Kaff in Indien, ein paar hundert Kilometer von Varanasi (Benares) entfernt, unter einem Banyan-Tree und wurde eben dort erleuchtet (ein Ur-Ur-… Enkel des damaligen Baumes wächst immer noch an der gleichen Stelle, selbst gesehen und kein Wort geglaubt) …

 

Banyan Tree
Ein riesiger Banyan Baum

 

Durch Felder und Wälder

Es ist einer der schönsten Wanderungen ever. Ein gemütlicher Spaziergang entlang Wiesen und Felder und Wälder, an lieblichen Flüssen und Bächen vorbei, beobachtet von Wasserbüffeln und Kühen und Kindern … Man müsste einfach weitergehen können. Endlos. Mit offenen Augen und Ohren und Nase. Es riecht nach Parfums, nach teuren Ingredienzen, nach Natur und schönen Frauen …

Auge und Herz erschöpfen sich im Angesicht der Schönheiten. Der endlosen gelben Felder, die sich bis zum Horizont ziehen, scheinbar ohne Grenzen. Das Grün der Wiesen, das Braun der verbrannten Erde. In im Ohr das sanfte Geräusch des Windes in den Ästen der Bäume.

Es sollte nie zu Ende gehen …

 

Bee Hives?
Bienenkästen?
Along out of operation tracks
Entlang stillgelegten Geleisen
Trees and Buffalos
Einsame Bäume mitten in der Landschaft mit ein paar Wasserbüffeln
Fuck off!
Er schaut ziemlich grimmig („Haut ab!“)
lively discussions
Angeregte Diskussionen
Van Gogh's Painting
Könnte von Van Gogh gemalt sein

 

Mönchsordination

Manchmal muss man etwas Glück haben. Auf dem Weg nach Osten treffen wir auf einen buddhistischen Tempel, wo eben eine seltsame Zeremonie im Gange ist. Unweit eines Tempels warten unter den ausladenden Ästen eines Banyanbaumes (siehe unten) eine Menge Leute, alte, junge, Babies, Kinder,die Blicke auf den Eingang des Tempels gerichtet, wo man das monotone Gemurmel buddhistischer Rezitationen hört.

Wir stellen uns dazu, und Sanny, unser Führer, erklärt uns, dass eine Ordination im Gang ist. Offenbar werden an diesem Tag zahlreiche neue Mönche (Bhikkus) ordiniert, d.h. sie erhalten ihren Status als Mönch und müssen ab diesem Tag die über zweihundert Gebote (die meisten davon betreffen lustigerweise die Vorgaben, wie man richtig am Tisch sitzt, isst und trinkt) einhalten.

Erstaunlicherweise ist der Buddhismus in dieser Beziehung sehr locker und offen: eine Ordination wie im katholischen Glauben beispielsweise, die für die Ewigkeit gilt, kann hier problemlos wieder aufgelöst werden, man wird also nach mehr oder weniger Tagen oder Wochen oder Jahren auf eigenen Wunsch von seinen Gelübten gelöst und kann sein normales Leben weiterführen.

Es dauert nicht lange, und die gut zwanzig frischgebackenen Mönche verlassen mit ernsten Gesichtern den Tempel, sie werden durch die Zuschauer mit Musik begrüsst, und die ganze Prozession geht würdevoll von dannen, ohne uns auch nur eines einzigen Blickes zu würdigen …

Wir verlassen die Feier mit einem zwiespältigen Gefühl. Einmal mehr möchte man gern Teil der Kultur sein, ist sich aber bewusst, dass wir nicht dazugehören.

 

Small temple in no man's land
Ein kleiner Tempel im Nirgendwo
gathering of the believers below tree shade
Die Gläubigen versammeln sich im Schatten der Bäume
starting the ceremony
Die Zeremonie beginnt
Parasols? Or something else?
Sonnenschirme? Oder doch nicht?
Musicians with weird instruments
Musikanten mit seltsamen Instrumenten

Kinder …

Manchmal laufen Kinder über den Weg, scheu, zurückhaltend, rennen weg, sobald eine Kamera gezückt wird. In einem Dorf dann eine ganze Meute, die nach Pencils schreien. Pencils?

Jetzt habe ich endlich die Gelegenheit, die restlichen Farbstifte loszuwerden. Der Verteilprozess ist allerdings etwas mühsam, denn zehn Kinder springen an mir hoch, versuchen mit ausgestreckten Händen an die begehrten Stifte zu kommen. Also muss das organisiert werden, alles in eine Reihe, dann faire Verteilung, damit auch die jüngeren nicht zu kurz kommen.

 

greetings or requests
Ist das bereits eine bittende Geste?
So many children
Noch mehr Kinder
chewing with pleasure
Genussvoll kauend
Chewing as well ...
Ebenso …

… und Wasserbüffel

Wasserbüffel, das schönste Bild ein Wasserpfuhl, wo sich zehn Stück aufs Mal wohlig suhlen, während im Hintergrund eine Mutterkuh ihr Junges bewacht und uns misstrauische Blicke zuwirft. Ein ernst dreinblickender Mann, offenbar der Hirt, wirft uns misstrauische Blicke zu. Heute haben wir aber keine Absicht, seinen wunderbaren Tieren ein Leid anzutun oder sie mitzunehmen. Er scheint erleichtert, als wir unserer Wege ziehen …

 

Water Buffalos
Es gibt nichts Schöneres …
buffalo calf
Ein junges Kalb, noch etwas unsicher auf den Beinen
Shepherd in the shade
Der zugehörige Hirte im Schatten

Peperoncini

Was den Fotographen unter uns, Chris, besonders erfreut, sind die zum Trocknen ausgelegten Peperoncini, man hat den Eindruck, dass ganze Fussballfelder in dunklem Rot schimmern. Darauf kauern sich Frauen und Kinder, zum Teil in ihren wunderbar farbigen Trachten des Pa-O Stammes, und wenden die Dinger oder sammeln sie ein.

Den genauen Ablauf habe ich nicht ganz verstanden, allerdings erscheinen mir gewisse Details der Anpflanzung von Gemüse, das ich nicht besonders mag, auch nicht besonders erinnerungswürdig (ausser den wunderbaren Farben natürlich).

 
Tough work
Die mühselige Arbeit ist das tägliche Brot
working in blaring sun
In der brütenden Sonne …

 

Mein Magen/Darm rebelliert

Etwas müsste ich vielleicht noch erwähnen: gestern Nachmittag, müde und heisshungrig auf etwas Süsses, habe ich den einen Fehler gemacht, den man tunlichst vermeiden sollte, nämlich in einem indischen Restaurant einen lauwarmen Kaffee zu trinken. Natürlich hätte ich das Gebräu zurückzuweisen müssen, aber manchmal ist man einfach zu dumm oder zu höflich.

In der Konsequenz: Punkt fünf Uhr morgens die unangenehme Überraschung, die man sich vorstellen kann. Nun bin ich also auf einem 2-tägigen Treck, der mich irgendwohin führt, auf jeden Fall nicht in Gegenden, die für anständige WCs bekannt sind. Aber wie gesagt, mein Fehler, aber das gehört halt irgendwie dazu. Ein gehöriger Input von Loperamid-Mepha wird hoffentlich dafür sorgen, dass ich mich nicht allzu sehr als Störenfried entpuppen werde.

 

Die Pa-O Dame

Alle paar Stunden ein Halt, wie es sich gehört, einmal ein Teestopp bei einer Pa-O Dame, die emsig am Weben von wunderbaren Tüchern und Taschen ist. Ein endloser, mühsamer Prozess, der für ein einziges Tuch mehrere Tage dauern kann, und – nach unseren finanziellen Gegebenheiten – für ein Trinkgeld verkauft wird.

 

Pa O Lady
Langsam, gemächlich entstehen Kunstwerke
Magnificent results
Die Ergebnisse ihrer Arbeit sind atemberaubend

 

Mittagessen im Homestay

Mittagessen dann in einem Haus, das für andere Trekkinggruppen als Homestay dient.

Ein runder Tisch ist bereitgestellt, man setzt sich auf den Boden (ah, wie ich das hasse, wie mein blöder Rücken protestiert) und erhält ein mehrgängiges Menü aus Noodles, Gemüse, unedefinierbaren Beilagen, die aber, so höre ich, sehr gut schmecken (ich begnüge mich aus verständlichen Gründen mit einem Teller Suppe). Es wird gequatscht und gelacht, langsam findet sich die Gruppe zusammen. Einmal mehr ist Englisch die Lingua Franca.

 

Homestay
Die Dame des Hauses schenkt uns einen vorsichtigen Blick
It looks great
Es sieht nicht nur gut aus
Other hungry mouths
Im Nebenraum sind andere hungrige Mäuler am Essen

Heimwärts

Der volle Bauch verlangt zwar nach Ruhe und einem Mittagsschläfchen, aber dafür ist der vor uns liegende Weg zu lang. Es gilt, noch einige Kilometer abzulaufen, allerdings durch weiterhin grossartige Gegenden, entlang sanften Hügeln, an deren Abhänge Kühe zusammengetrieben werden. Es ist ein friedlicher Anblick, und wie immer wird man daran erinnert, wie weit weg wir uns von solchen Idyllen bewegt haben. Wir können diese vergangene Welt nicht mehr zurückholen und hoffen für die Einheimischen, dass sie der Verführungskunst westlichen Lebensstils nicht so schnell erliegen …

 

Cows on meadows
Kühe in der Sonne
 
Way home
Auf dem Heimweg …
Evening Sun
Heimwärts In der Abendsonne

Auf den Feldern wird angesichts des nahenden Abends zusammengepackt. Das Abendlicht verleiht den Bildern eine unirdische Schönheit …

 

Closing time
Es naht der Feierabend – das Tagewerk ist getan

Ankunft beim Sonnenuntergang

Gegen Abend dann, nach einem Zwischenspurt, denn wir haben viel Zeit verloren, erreichen wir eben vor Sonnenuntergang das Dorf, wo wir übernachten werden. Von weitem sieht es ziemlich seltsam aus, aber offenbar ist das nicht unser Domiziel. Unser Rasthaus (oder wie immer diese Etablissements genannt werden) entpuppt sich als mehrstöckiges Gebäude, wo wir eine hoffentlich angenehme Nacht verbringen werden.

Im nahen Hof tummeln sich Kühe (Gnus?) und ein paar Leute, deren Rolle ziemlich unklar bleibt. Aber sie nicken uns höflich zu, was wir selbstverständlich erwidern. Der Schlafsaal ist riesig und hätte Platz für eine halbe Kompanie Soldaten.

 

strange architecture
Irgendwie eine seltsame Architektur
Evening Idyll
Eine Idylle gegen Abend

Der Homestay

Der Homestay macht einen recht ordentlichen Eindruck (von den Toilette im Hof möchte ich lieber nicht sprechen), es gibt einen grossen Raum, in dem wir schlafen werden, die Schlafplätze mit Decken und Matratzen sind bereits vorbereitet. Auf die Dusche allerdings (ein Kübel eiskaltes Wasser über den Kopf) verzichte ich gerne (nur Sebastian ist genügend Masochist, um sich das anzutun).

Nach dem Abendessen im Freien – es wird sehr schnell ziemlich kalt – und einem längeren Vortrag von Sanny über seine Fähigkeiten als Heiler (!), über Buddhismus und einer Präsentation seiner KungFu Künste ist es Zeit, sich unter die Decken zu verkriechen. Allerdings, die vom Organisator versprochenen 5 Zentimeter dicken Matratzen erweisen sich eher als 5 Millimeter dick (wahrscheinlich hat er die Masse verwechselt), aber die Decken scheinen ziemlich warm zu sein (wenn vermutlich auch schon tausend Mal in Gebrauch gewesen).

 

Homestay
Unser Homestay

Ich bin froh um meinen Baumwollschlafsack, der zwar wärmemässig nicht allzu viel hergibt, aber zumindest vor der direkten Berührung mit den Decken schützt. Ich werfe noch eine Tablette ein, in der Hoffnung, jeglichen nächtlichen Gang auf die besagte Toilette vermeiden zu können, und drehe mich auf die Seite. Es ist kalt, und es ist hart, aber irgendwie … wunderbar.

Zumindest im ersten Moment …

Wie gesagt, irgendwie wunderbar, langsam stellt sich Wärme ein, die Matratze ist besser als gedacht, der Magen im Moment ruhig gestellt – da beginnt das, was in jeder Beziehung, im Militär oder bei den Pfadfindern, unweigerlich zu Problemen führt: Schnarchen!

 

Eine Symphonie des Grauens

Das, was neben mir aus der Kehle Sebastians dringt, ist aber nicht einfach Schnarchen, es ist viel mehr als das, es ist ein Angriff auf Ruhe und Frieden an sich, eine Kakophonie von schaurigen Tönen, mit denen man kleine Kinder zu Tode erschrecken könnte, eine Symphonie des Grauens. Manchmal klingt es, als würde er in den letzten Zügen liegen, manchmal holt er lautlos Atem, um diesen dann in furchterregenden Schüben hinauszupressen. Gott im Himmel!

An Schlaf ist nicht zu denken, denn nun beginnt das, was man dann in solchen Fällen tut, man wartet auf den nächsten Angriff auf die Ohren und kann nicht schlafen. Und die blöden Ohropax habe ich zurückgelassen!

Nun, irgendwie vergeht die Nacht trotzdem, ich falle zwischendurch sogar in einen mehrstündigen Schlummer, der Punkt sechs durch die Geräusche des Morgens unterbrochen wird.

 

PS Song zum Thema:  Wreckless Kelly – Little Blossom

Und hier geht die Reise weiter …

 

Burma

Hsipaw Trecking – Ghostriders in der Nacht

Der Film Ghostrider mit Nicolas Cage ist ein ziemlich schlechter Film.

Zumindest nach Meinung der Film-Aficionados. Aber auf dem Heimweg vom Treck erinnert mich einiges daran, zwar ohne Satan, ohne Feuer und Skelett. Aber mit zahlreichen bangen Augenblicken. Aber am wunderbar riechenden Morgen, kurz vor dem Trek gibt es keine Vorahnungen. Nichts dergleichen.

Heute ist also Trekking angesagt – sechs Stunden irgendwo in den Hügeln, entlang verstreuter Shan- und Palongdörfer. Es findet sich eine stattliche Gruppe von zumeist jungen Travellers zusammen, und einmal mehr – wer hätte daran gezweifelt – bin ich mal wieder der Grandaddy der Truppe.

 

Holprige Strassen

Soweit, so gut. Der Pickup, auf dessen Ladefläche wir dicht gedrängt sitzen, bringt uns ein Stück weit in die Hügel hinein.

 

Pickup Driver
Ein freundlicher Pickup-Fahrer auf holprigen Strassen

Die Strasse, falls man sie so nennen kann, entspricht gelinde gesagt nicht gerade dem westlichen Standard. Der Monsunregen und andere klimatische Bösartigkeiten haben sie zu einer Art Flussbett geformt, durchzogen von tiefen Gräben, löchrig, steinig, mit ausgewaschenen Wurzeln und spitzen Felsen.

 

Mitch, unser Guide

Und so machen wir uns also auf den Weg, geführt von Mitch (der sich vermutlich so nennt, weil sein richtiger Name für unsere Zungen unaussprechlich ist), einem jungen Palong, 25 Jahre alt, der 6 Sprachen fliessend spricht.

Mal sehen: wenn ich mich recht erinnere waren das Palong, Shan, Burmese, Englisch, Chinesisch und Malaysisch. Hinter ihm hecheln (je länger der Trip dauert, desto intensiver das Keuchen, desto verschwitzter das T-Shirt, denn, liebe Leute, – es ist heiss, verdammt heiss) drei Holländer, zwei Deutsche, zwei Italiener (!) und ich.

 

Our Group on the Trek
Unsere kleine Truppe – sehr heterogen

Damit das klar ist – es handelt sich nicht um eine gemütliche Altherrenwanderung, oh nein, denn Mitch legt ein Tempo vor, dass den mehrheitlich unerfahrenen Wandervögeln schon bald einmal der Schnauf ausgeht. Es geht zwischenzeitlich steil aufwärts, mehrheitlich in der prallen Sonne, die nun wirklich ein Höllenfeuer über den armen Treckern entfacht.

 

the road belongs to us
Manchmal ausgewaschen, manchmal steil, aber immer angenehm

pure nature
Natur pur

Hut in yellow field
Hütte im gelben Feld

Brook near village
Ein Fluss beim Dorf

Village on the way
Dorf auf dem Weg

In der Folge zieht sich die Kolonne langsam in die Länge, was aber niemanden gross stört, denn spätestens beim nächsten Zwischenhalt findet sich das verlorene Trüppchen wieder zusammen. Auf dem Weg begegnen uns immer wieder Kinder, grosse, kleine, lustige, ernste, neugierige, ängstliche und schlaue, deren Wortschatz schnell klar wird.

 

Children Children

 

Zwischenhalt

Nach etwas über einer keuchenden Stunde der erste Marschhalt. Wir werden in einem kleinen Gasthaus erwartet und bedient. Eigentlich ist es kein echtes Restaurant, sondern einfach das Wohnzimmer einer kleinen Familie. Spielzeug und Kinder umgeben uns, fragende Blicke. Neugier. Für sie sind wir Menschen, die ebenso gut vom Mars stammen könnten.

 

Stopover at restaurant

Kids toys
Rast im Kinderzimmer

asking looks

 

Dorf im Nirgendwo

Irgendwann, nach langen und zugegebenermassen mühseligen Stunden, unterbrochen von Tee- und Kaffeepausen, ein ausgedehnter Lunch in einem  kleinen Dorf mit Kindern und wundervoll gekleideten älteren Damen.

 

Children everywhre

Kinder ...
Kinder …

Old Lady
.. und eine wundervoll gekleidete ältere Dame

 

Am Ziel

Dann erreichen wir – in der Zwischenzeit ist es halb Fünf – das Ziel, wo wir von drei Motorradfahrern erwartet werden (denn der Rest der Truppe hat einen dreitägigen Treck gebucht). Wie soll ich’s sagen, sie strahlen nicht gerade das aus, was man sich von jemandem erwartet, der uns gleich auf klapprigen Mopeds ins Tal transportieren soll. Dunkle gespiegelte Sonnenbrillen, die Haare entweder unter schicken Mützen versteckt oder mit Gel nach hinten gekämmt, der Blick entschlossen und leicht aggressiv wirkend. Na ja, mal sehen …

 

reaching the destination

our Drivers
Meine Taxifahrer

Eigentlich hätten wir es ja wissen müssen. Die Sonne geht ca. sechs Uhr unter, und ein paar Minuten später ist es so dunkel wie im Kuhmagen. Nun denn, lange wird’s ja hoffentlich nicht dauern, doch der nervöse Blick der drei Fahrer auf die Uhr hätte uns stutzig machen sollen. Doch das, was nun folgt, wird mit Sicherheit in die Annalen meiner gesammelten Travelerlebnisse eingehen.

 

Unbeschreiblich

Also, wie soll man es beschreiben? Man stelle sich die schlimmste Naturstrasse vor und multipliziere das Ganze mit zehn. Anschliessend addiere man eine Million tiefer Gräben und Löcher dazu, ergänze diese mit schlammigen Pfützen, deren Tiefe nicht abzuschätzen ist, mit eingegrabenen Spuren anderer Fahrzeuge, mit in den Weg hinein wachsenden Gebüschen und Ästen, mit spitzen Felsen, an denen wir haarscharf vorbeiflitzen, mit Abhängen am Wegrand, die in die Tiefe gehen, dann, ja dann hat man eine ziemlich gute Vorstellung von dem, was wir in den nächsten gut zwei Stunden über uns ergehen lassen müssen.

Wir werden geschüttelt und gerührt, herumgeworfen, nach rechts und links, rauf und runter, während man sich krampfhaft an etwas festzuhalten versucht, was sich eigentlich gar nicht dazu eignet, während der Fahrer, die Füsse zum Zweck des Gleichgewichthaltens auf beide Seiten ausgestreckt, heroisch versucht, den Sturz zu vermeiden.

 

Der nackte Wahnsinn

Das Verrückte ist – man gewöhnt sich daran. Mit der Zeit findet man es einfach nur noch den puren nackten Wahnsinn, auch wenn die Bandscheiben aufheulen, die Arschbacken taub werden, die Hände und Arme nur noch schmerzen. Das ist es, liebe Leute, es sind diese Erlebnisse (falls man sie denn überlebt), die den Thrill solcher Reisen ausmachen. Natürlich ist es weder Basejumping oder ähnliche Dummheiten, aber es kommt dem schon ziemlich nahe. Kurz – einfach wunderbar!

 

Ghostriders in der Nacht

Zumindest solange es hell ist. Denn erwartungsgemäss fällt irgendwann die Nacht über uns herein, und jetzt wird es wirklich kriminell (und ich vergesse ziemlich schnell alles, was ich eben behauptet habe). Ich habe nicht den Hauch einer Ahnung, wie der Kerl noch etwas sehen kann, denn Scheinwerfer an seinem Vehikel – Fehlanzeige.

 

Kein Licht

Nun werde ich doch etwas nervös, denn auch mit viel Phantasie kann ich mir nicht vorstellen, wie man auf derartigen Strassen ohne Licht fahren kann. Aus den drei Ghostridern auf schlechten Strassen sind nun drei blinde Ghostrider auf schlechten Strassen geworden (und man merke: kurze Zeit später wird aus den drei blinden Ghostridern auf schlechten Strassen drei extrem frierende blinde Ghostrider auf schlechten Strassen, zumindest was mich betrifft).

So geht es also den Berg runter, über tausend Höhenmeter, vorbei an langgezogenen Hügelketten, durch dichte Wälder, vorbei an vereinzelten Dörfern, deren Bewohner man nur noch schattenartig wahrnehmen kann. Und kurz bevor ich in Gedanken mein Testament aufsetze, geschieht das kleine Wunder: der Fahrer erinnert sich urplötzlich daran, dass er doch Licht an seinem Töff hat. Tiefes, tiefes Aufatmen.

 

Gefährlich

Aber wer hätte es nicht ahnen können – wir sind noch nicht da, oh nein. Irgendwann – Gott dem Herrn sei gedankt – verlassen wir die Berge, die Strassen werden besser, asphaltiert, breit. Was natürlich unsere drei Ghostriders dazu veranlasst, aus ihren Maschinen das Maximum herauszuholen.

Jetzt wird es wirklich gefährlich. In Burma fährt, konservativ geschätzt, maximal jedes zweite Fahrzeug mit irgendeiner Art von Beleuchtung, was bedeutet, dass man auf den Strassen in der Hälfte der Fälle weder die entgegenkommenden noch die vorausfahrenden Fahrzeuge sehen kann. Was für unsere drei Fahrer aber eher eine Herausforderung als ein Problem darstellt. Sie flitzen zwischen langsam fahrenden riesigen chinesischen Trucks durch, überholen im Höllentempo PWs, Traktoren, andere Motorräder, überholen sich gegenseitig, wahrscheinlich um zu zeigen, wer nun wirklich der King ist.

Wir stoppen vor unserem Hotel, die Inhaberin Lily begrüsst uns, lacht laut und herzlich über unsere belämmerten Gesichter, während wir einfach noch ein paar Sekunden sitzen bleiben, bevor wir die tauben Hände von den Halterungen lösen und langsam, sehr langsam von unseren Mopeds steigen …

 

PS Der Song zum Thema: Johnny Cash – Ghostriders in the Sky

Und hier geht die Reise weiter …