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Burma

Von Bhamo nach Mandalay – Der Weg zurück

Ein furchtbar langer Weg zurück – mit vielen Umwegen.

Bhamo ist mit allen möglichen Transportmitteln zu erreichen, ein einziges erfüllt einigermassen die Bedürfnisse. Natürlich könnte man erneut das Boot nehmen, entweder den ganzen Weg nach Mandalay oder zumindest nach Katha und von da an wieder den Zug.

Keine gute Idee. Mit dem Flugzeug? Fliegt erst am Freitag..

 

Dann also auf der Strasse mit dem Bus

Allerdings gilt es zu beachten, dass der direkte, d.h. kürzere Weg durch aufständisches Gebiet führt, was im Moment ebenfalls nicht sehr intelligent wäre.

Der Bus muss in der Konsequenz einen massiven Umweg in Kauf nehmen und nicht nur das: die einzige verfügbare Strasse ist mehrheitlich unbefestigt, staubig, ein Flussbett. Kennen wir doch irgendwie. Sahara light sozusagen, aber was soll’s, packen wir’s. 15 Stunden sind angesagt, plus/minus ein paar zerquetschte.

 

From Bhamo to Mandalay
Von Bhamo nach Mandalay

Ein letzter Gang durchs irgendwie ans Herz gewachsene Städtchen, einen letzten Kaffee Mixed, ein paar Esswaren für den langen Weg (es gibt tatsächlich eine Bäckerei, die allerhand Verführerisches anbietet). Der Busfahrer gibt schon ein paar Minuten vor vier ein paar Mal Gas, Fast and Furious in Bhamo, dann, als hätte er den Startschuss nicht abwarten können, prescht er zwei Minuten vor vier los.

 

Bus to Mandalay
Von aussen sieht er ganz in Ordnung aus …

 

Wir fressen Staub

Es wird eine denkwürdige, wenn auch viel angenehmere Fahrt als erwartet. Natürlich fressen wir Staub, dass es zwischen den Zähnen nur so knistert, natürlich hat man zuwenig Platz, und die Füsse schlafen ein, natürlich wird man hin und her geworfen, aber das ist kalter Kaffee im Vergleich zum Zug. Und der Driver kennt sein Metier. Er fährt die Strecke ab, als gälte es die Paris-Dakar-Ralley zu gewinnen.

Und so geht der Tag dahin. Man sieht aus dem Fenster, solange es was zu sehen gibt, armselige Hütten am Fluss, ein paar Kühe und Wasserbüffel, dann wieder der Fluss. Wer lebt hier? Manchmal taucht eine Gestalt – ein Mann, ein Kind? – ein paar Sekunden auf, kaum sichtbar, schnell verschwunden, als wollte sie sich nicht zeigen.

Das hier ist Armut, die wir uns nicht vorstellen können. Wir sind Voyeure, wir beobachten, ohne Teil der Welt zu sein, wir sind Spitzel aus der Fremde. Wir sehen zu, frösteln innerlich ein wenig über das Gesehene … und gehen weiter.

So ist unsere Welt.

Wir folgen lange Zeit dem Irrawaddy, erkennen die Schluchten und Abhänge und Hügel und fragen uns einmal mehr, warum dieser Fluss so grauenhaft verschmutzt ist.

Ich meine, der Mekong ist auch nicht die Limmat, niemand badet darin aus Freude am sauberen Wasser, aber das hier? Was zum Henker schwimmt da auf der Oberfläche? Ist es das, was ich denke, das es ist? Fäkalien? Ist der Fluss die Klärgrube für den ganzen Norden Burmas? Lieber Himmel …

 

poor huts at the Irrawaddy
Ein paar armselige Hütten am Fluss
Waterbuffalos
Wasserbüffel, ein paar Kühe im tristen Grau des frühen Abends

Und so geht die Fahrt weiter, döst ein bisschen, steigt bei jedem Halt aus, um sich die Füsse zu vertreten, macht es sich wieder bequem. Wir bewegen uns lange in westlicher Richtung, bis der Bus dann nach ein paar Stunden gegen Süden abzweigt.

 

Irgendwann fällt die Nacht über die Welt

Leute kommen, Leute gehen, man lädt zwanzig Säcke mit Knoblauch aus, ersetzt sie durch unzählige 50-kg Säcke mit weiss der Teufel was drin. Meine Sitznachbarin verschwindet irgendwann, ich werde sie nicht vermissen, hatte sie doch eine ziemlich eigenwillige Vorstellung von fairer Platzverteilung.

Der Kopf fällt vornüber, doch der Schlaf will nicht kommen, also sucht man in der Dunkelheit nach etwas Essbarem, kaut, schaut in die Nacht hinaus, zu den wenigen Lichtern. Wer lebt dort? Eine Bauernfamilie, versammelt um eine Oelpfunzel (elektrisch ist hier draussen Mangelware)? Ich weiss es nicht.

Oder das riesige verlassene Gebäude – eine ehemalige Fabrik? – wo genau ein Licht brennt? Wer könnte das sein? Fragen über Fragen, jede für sich unwichtig, aber das Denken darüber vertreibt die Zeit. Und macht schläfrig, und so gleite ich ganz und gar unerwartet hinüber, erwache zwar gelegentlich mit verquollenen Augen, aber wir sind noch nicht da, noch lange nicht.

 

Ein Zwischenhalt

Irgendwann ein längerer Halt, Mitternacht ist längst vorbei. Ich beisse in etwas Sandwichartiges aus der Bäckerei, doch der Blick auf einen kleinen weissen Hund, der apathisch am Boden liegt, vertreibt meinen Hunger. Ich weiss nicht, ob es am Sandwich liegt oder ob es ihm wirklich so schlecht geht, auf jeden Fall verschmäht er mein Angebot. Ich streichle ihn ein bisschen, vielleicht das erste, vielleicht das letzte Mal …

 

Stopover on the way to Mandalay
Ein Halt in dunkler müder Nacht

 

Angekommen

Und dann, an einem undefinierbaren Ort ohne Namen oder Bezeichnung erreichen wir Mandalay. Ich verabschiede mich von Ivo, der direkt weiter fährt und nehme ein Mopedtaxi zum Hotel. Es ist halb sechs, die Fahrt hat etwas mehr als 13.5 Stunden gedauert.

 

PS Song zum Thema:  Eagles – Long Road out of Eden (Live)

Und hier geht die Reise weiter …

 

Burma

Der Zug von Mandalay nach Norden – komplett verrückt

Ich dachte immer, dass die Zugfahrt durch die Atacama Wüste in Chile das mit Abstand verrückteste Bahnabenteuer war.

Ist es aber nicht. Immerhin ist heute der 13. November. Ein schlechtes Omen?

Es gibt tatsächlich einen Zug von Mandalay nach Norden bis nach Myitkyina. Dass es ein Höhepunkt meiner Bahnfahrten werden wird, dämmert mir erst nach der Abfahrt. Aber alles schön der Reihe nach.

Ich werde bereits in Naba aussteigen und dann nach Katha fahren, der Stadt, die durch George Orwells Burmese Days weltberühmt geworden ist. Und ja, dann beginnt der Abschnitt, auf den ich mich am meisten freue – die Fahrt auf dem Irrawaddy bis nach Bhamo.

 

From Mandalay northwards
Das Land ist gross und weit und grün …

Auf jeden Fall bin ich stolzer Besitzer eines Tickets nach Amba im Norden, Abfahrt nachmittags um vier, Ankunft morgens um sieben. Und ich verabschiede mich von den zwei wunderbaren Ladies an der Reception des Hotels.

 

my friends at the Hotel Reception
Good Bye lovely Ladies!

Finsternis in der Armut

Es ist jetzt 2 Uhr mittags, ich habe eben Vegetable Springrolls gegessen und sitze nun vor dem letzten Kaffee vor der Abfahrt des Zuges. Ich bin Gottlob nicht abergläubisch, sonst müsste ich dem heutigen Zugsabenteuer skeptisch entgegenblicken. Natürlich gibt es keinen Sleeper, nur eine sogenannte Upper Class. Das werden harte Stunden, lieber Himmel, und ich weiss tatsächlich nicht, wie lange ich mir das noch antun will.

Aber fangen wir ganz am Anfang an, am Bahnhof in Mandalay, oder genauer gesagt, dort, wo die Finsternis der Armut am tiefsten ist, dort, wo kleine Kinder sich neben Müllhalden im Dreck wälzen, während ihre apathischen Eltern auf eine Matte sitzen … und in ihr Handy starren.

 

At the bottom of society
Auch wenn man’s kaum glauben kann, diese Leute wohnen hier …

Oh ja, Armut ist das eine, aber Verzicht auf das Handy? Niemals. Die Armut ist in den Aussenbezirken der Grossstädte oder eben bei den Bahnhöfen am schlimmsten. Hier steigt man buchstäblich über Menschen hinweg, die am untersten Rand der Gesellschaft leben …

 

Waiting for departure
Warten auf die Abfahrt
Kiosk
Letzte Verpflegungsmöglichkeit

Upper Class nach Naba

Der Zug nach Naba steht bereit, mein Sitz in der Upper Class wird mir zugewiesen, auf den ersten Blick keine schlechte Wahl.

Zwei ältere Damen sitzen auf der anderen Seite, der knapp bemessene Raum vor ihren Füssen vollgestopft mit etwas Undefinierbarem. Meinen fragenden Blick beantworten sie mit einem lauten Lachen und packen einen der mit Papier umwickelten Gegenstände aus. Er entpuppt sich als wunderschöne weisse Blume, etwas Magnolien-Ähnliches. Ich verstehe natürlich nicht, was sie mir mit ihrem Redeschwall mitteilen wollen, aber ich gehe mal davon aus, dass sie in Mandalay eingekauft haben und die Blumen nun im Norden verkaufen wollen. Ich wünsche den zarten Blumen alles Gute auf dem langen Weg …

Der Zug ist sehr lang und sehr voll. Allerdings – wer hätte das gedacht? – scheine ich mal wieder der einzige Ausländer zu sein. Diese Tatsache wird von Anfang an gebührend zur Kenntnis genommen, und die neugierigen Blicke werden mich die nächsten Stunden auf dem Weg begleiten.

 

Riding the Iron Rooster

Nun denn, satteln wir das eiserne Pferd. Riding the Iron Rooster. Wer Paul Theroux, den berühmten kanadischen Reiseschriftsteller kennt, weiss, wovon ich spreche. Seine Reisen mit dem Zug durch Amerika (The old Patagonien Express) oder durch Asien (The great Railway Bazaar) sind legendär. Und eben, Riding the Iron Rooster, seine Reise durch Sibirien und China. Wunderbar!

Paul Theroux – Riding the Iron Rooster

Paul Theroux, der Autor der Zugreiseklassiker The Great Railway Bazaar und The Old Patagonian Express, geht mit diesem Bericht seiner epischen Reise durch China erneut auf die Schiene. Er springt als Teil einer Reisegruppe in London an Bord und macht sich auf den Weg zur Grenze nach China. Dann verbringt er ein Jahr damit, das Land zu bereisen, wo er eine faszinierende Momentaufnahme eines einzigartigen Moments in der Geschichte zusammenstellt. Von den kargen Wüsten Xinjiangs bis zu den Eiswäldern der Mandschurei, von den dichten Metropolen Shanghai, Peking und Kanton bis zu den trockenen Hügeln Tibets bietet Theroux ein unvergessliches Porträt eines großartigen Landes und eines außergewöhnlichen Volkes.

 

Der Zug bockt und schlägt aus

Aber eben, das eiserne Pferd scheint sich dem Zureiten bis anhin erfolgreich verweigert zu haben. Es bockt und schlägt nach allen Seiten aus.

Natürlich kommt das bekannt vor, nur erweist sich einmal mehr, dass etwas Schlimmes immer getoppt werden kann. Der besagte Trip nach Hsipaw ist im Vergleich zum Zug nach Naba ein laues Lüftchen. Nun geht es wirklich zur Sache. Die Gepäckstücke über den Köpfen der Reisenden müssen zur Sicherheit angebunden werden, denn sonst werden sie gnadenlos durch das Abteil geschleudert. Übertreibung? Höchstens ein bisschen.

 

Lange 15 Stunden

Auf jeden Fall werden die Stunden von nachmittags vier bis morgens um sieben sehr lange 15 Stunden. An Schlaf ist nicht zu denken, nicht mal ein Cowboy, der sich gewohnt ist, an Rodeos wild gewordene Kühe zu reiten, würde hier ein Auge zumachen. Niemand kann das, ausser man ist tot.

Aber die Fahrt hat erwartungsgemäss ihren eigenen Reiz. Irgendwie schweisst das gemeinsame Erlebnis zusammen, man fühlt sich einander nahe im gemeinsamen Leiden. Und es wird gelacht, geschwatzt, gegessen, getrunken. Zwei kurze Stunden lang ist es hell, dann versinkt die Sonne in einem tadellosen Untergang.

 

Perfect Sunset
Ein tadelloser Sonnenuntergang

Ich realisiere kurz, dass ich bei ihrem erneuten Erscheinen immer noch in diesem vermaledeiten Zug sitzen werde. Und dann wird es dunkel, es wird kälter, nun beginnt die lange frostige Nacht … Es erinnert mich an eine andere legendäre Eisenbahnfahrt, es ist lange her, aber eingebrannt in mein Gedächtnis. Ich versuche mich zu erinnern …

 

November 1981 – Chile

Die Busfahrt von Antofagasta in die Atacamawüste verschafft mir einen ziemlich guten Eindruck dessen, was mich die nächsten Stunden erwartet. Man stelle sich den Mars vor, rötlich-bräunlich-gelblich, irgendwie verrostet, kein Lebenszeichen, keine Pflanze, einfach Steine, Sand und nichts weiter.

 

Atacama Desert
Atacama-Wüste – Nichts ausser Sand und Steine … und Hitze

Der Bahnhof liegt irgendwo mitten in der Wüste, es ist so heiss, dass die Luft flimmmert.

Ausser zahlreichen Indios warten auch einige Travellers auf die Abfahrt des Zuges. Wie soll ich sagen, er entspricht nicht unserer Vorstellung eines Zuges, es ist mehr eine Art Güterzug für Reisende. Als Fenster dienen einfach vergitterte Öffnungen, durch die, nachdem sich der Zug endlich in Bewegung gesetzt hat, ein laues Lüftchen weht. Die Tatsache, dass sich alle Indios nach dem Einsteigen sofort sämtliche bereitgelegten Wolldecken unter die Nägel reissen, ist doch etwas irritierend. Wolldecken? Bei dieser Hitze?

 

First Class?
Erstklass-Abteil?
Train and desert
Ein Zug in der Wüste

Eine kalte Nacht

Ein paar Stunden später – der Zug hat nun die Atacamawüste hinter sich gelassen und strebt nun den höher gelegenen Gebieten zu, während es vor den Fenstern eindunkelt – wissen wir den Grund.

Mit jedem Meter, den wir höher fahren, scheint es ein Grad kälter zu werden, und Gott, es wird fürwahr eine der kältesten Nächte meines Lebens. Während sich die Indios grinsend in ihre Wolldecken lümmeln, versuchen die gelackmeierten Ausländer das Beste aus ihrer Situation zu machen. Man zieht sich alles über, was der Rucksack hergibt und steigt anschliessend sitzend in den Schlafsack.

Was aber nicht bedeutet, dass nicht trotzdem ein allgemeines Zittern und Zähneklappern durch den Wagen zieht. Der Anblick eines Travellers, entweder Masochist oder Dummkopf, sitzt die ganze Nacht im T-Shirt da, zur Marmorsäule erstarrt, der Blick verschleiert. Ich kann ihm nicht helfen, niemand kann es.

 

Dampfender Schweinekopf

Irgendwann wird es Morgen.

Ein Ami schält sich aus seinem Schlafsack. Wow, that was rough, Man. Oh ja, das war hart. Langsam – draussen taucht irgendwann ein riesiger Salzsee auf (ach ja, in der Nacht haben wir an der Grenze einen stundenlangen Halt eingelegt, wir sind also in Bolivien) – kehren die Lebensgeister zurück, der Magen meldet sich. Was gäbe es nun Schöneres als einen heissen Kaffee und ein Frühstück, irgendwas.

Und wäre unser Wunsch Befehl, taucht der Frühstückslieferant auf und trägt auf einem Tablet – einen dampfenden Schweinekopf.

 

PS Song zum Thema: Hammer – Train

Und hier geht die Reise weiter …

 

Burma

Mandalay – Mahamuna und der fette Buddha

Nach gerade mal 12 Stunden Schlaf bin ich bereit, dem Schicksal ins Auge zu blicken, will heissen, heute werde ich mich mit dem Velo furchtlos in den dichten Verkehr von Mandalay stürzen. Denn Furchtlosigkeit ist angesagt. Velofahren in Burma ist gefährlich. Sehr gefährlich.

Ich miete also ein Damenfahrrad mit drei Gängen, eine Wohltat. Der Houseboy, verantwortlich für seine Vehikel, schaut mich zwar mit der grösstmöglichen Skepsis an. Offenbar traut er meinen Künsten nicht über den Weg. Ich habe fest vor, ihm das Gegenteil zu beweisen.

 

Fahrradfahren in Mandalay – dem Schicksal ins Auge blicken

Es hat nicht nur haufenweise Vehikel aller Art, die sich in alle Himmesrichtungen bewegen, auf den Kreuzungen aufeinander prallen, aber es irgendwie schaffen, ohne Probleme aneinander vorbeizukommen (nicht gerade so schlimm wie in Hanoi, aber es deutet in diese Richtung).

Und mitten drin bin ich auf meinem Damenvelo, natürlich viel langsamer als der Rest, also ein Hindernis per se. Erstaunlicherweise geht es gut, auch wenn ich ab und an einen mittleren Stau verursache, was ich aber würdevoll und mit einem etwas einfältigen Lächeln quittiere. Niemand ist böse. Dass die Ausländer auf Damenvelos in den meisten Fällen Idioten sind, hat sich anscheinend herumgesprochen.

Sobald man sich dem Tempelbezirk nähert, nehmen die Menschenmassen zu. Eine fröhliche Stimmung voller Lachen und Kinderstimmen erwartet mich.

 

Mahamuna temple
Gewühl beim Tempelbezirk

 

Der Mahamuna Tempel

Nun denn Mahamuna. Nicht der erste Besuch, aber immer noch eindrücklich. Es handelt sich dabei um eines der grössten buddhistischen Heiligtümer in Burma, was in diesem hochreligiösen Land etwas heissen will. Schon von weitem glitzern die Türmchen, strahlen goldüberzogene Dächer, winken majestätische Eingangstore.

Selbstverständlich entledigt man sich der Schuhe und tritt ein in eine Art Karnevalsbereich. Es wimmelt von Läden und Ständen, die allerhand religiösen und sonstigen Kram anbieten. Dabei herrscht ein lautes Stimmengewirr, das so gar nicht zur sakralen Bedeutung des Heiligtums passen will. Aber das ist nicht unüblich in Asien. Man ist hier wesentlich weniger strikt in dieser Beziehung.

 

Mahamuna temple in Mandalay
Der Mahamuna Tempel

 

Der goldüberzogene fette Buddha

Und mitten im herzen des Tempels die Statue des Buddha, ziemlich gross, ziemlich fett. Sie ist in der Zwischenzeit so sehr mit Gold bedeckt, dass die ursprünglichen Konturen nicht mehr zu erkennen sind. Der Grund dafür ist, dass die Gläubigen hauchdünne Goldblätter auf den Buddha kleben, Tag für Tag, Jahr für Jahr, zehntausende. Man schätzt, dass der Wert des Goldes in die Millionen geht.

 

The fat Buddha in Mandalay
Der fette Buddha im Mahamuna Tempel

In der Zwischenzeit rechnet man mit mehreren hundert Kilo Gold, die den armen Kerl bedecken. Bei der Armut des Landes eine doch ziemlich erstaunliche Geste der Frömmigkeit. Im Grunde ist es aber nichts anderes als eine Art Ablass-Deal: Man schmückt den Buddha mit Gold und erhält dafür ein besseres Karma, was für das nächste Leben von ausschlaggebender Bedeutung ist.

Dass allerdings nur die Männer dazu berechtigt sind, macht schon etwas nachdenklich. Die chauvinistischen Sprüche, die mir zu diesem Thema einfallen, lasse ich mal weg …

 

Der Irrawaddy

Gegen Abend ein Spaziergang. Und dann erkenne ich schon von weitem den hellen Dunst über dem Fluss. Abgesehen vom Mekong mein Lieblingsfluss – der Irrawaddy. Keine Ahnung, woher meine Liebe für Flüsse stammt, ich bin ja  nicht gerade als Wasserliebhaber bekannt. Es ist schlicht ihre unbändige Kraft, ihre Wucht, die sich in Windeseile in zerstörerische Wut kehren kann. Aber da ist auch etwas Liebliches, etwas mütterlich Beschützendes.

Vielleicht rührt es daher, dass ich den Fluss auf einer langen Fahrt von Mandalay nach Bagan kennen- und liebengelernt habe. Soviele Eindrücke, soviele wunderbare Erinnerungen. An menschenleere Uferabschnitte, die aussehen, als hätte sie noch nie der Fuss eines Menschen betreten. Farbige, lärmende Menschen, die überraschend aus dem Dschungel treten und mitfahren wollen. Im Dreck suhlende Wasserbüffel, unbekannte Vögel, die einen Höllenlärm veranstalten.

Und dann natürlich als Höhepunkt der Reise – der Ausfall der Antriebsmotoren und unser Stranden an Robinsons Gestaden. Aber das ist eine andere Geschichte …

 

Irrawaddy shore in Mandalay
Das Irrawaddy Ufer im Abendlicht

Sandbänke auf dem Irrawaddy
Sandbänke auf dem Irrawaddy

 

Der Gemüse- und Obstmarkt

Es lockt der wunderbare Markt, wo Frauen Früchte und Gemüse in allen Farben und Formen anbieten. Da war doch mal was – ach ja, der Markt in Luang Namtha. Genauso farbig und lärmig geht es hier zu und her. Alles ist sorgfältig und mit grosser Liebe aufgebaut und ausgestellt worden. Man wagt beinahe nicht, etwas zu kaufen und damit das Kunstwerk zu zerstören.

 

fruit and vegetables
Man möchte sofort zugreifen …

fruit market in mandalay
Früchte- und Gemüsemarkt im Dämmerlicht

 

PS Song zum Thema: Jimi Hendrix – All along the Watchtower (greatest Song Ever)

Und hier geht die Reise weiter …

 

Burma

Mandalay – Ein verblassendes Märchen

Die Stadt mit dem schönsten Namen?

Es ist zwar nicht mehr die schönste Stadt, aber der Namen, der nach Orient, nach Abenteuer, nach Gewürzen und sanften Menschen klingt, bleibt vielversprechend. Wie sich herausstellt, ist Mandalay zu einer hektischen Metropole geworden. Aber wir werden sehen …

Ich bin da, nach gut 18 Stunden von Tür zu Tür, es ist 13 Uhr Ortszeit, meine innere Uhr ist noch nicht auf die neuen Verhältnisse kalibriert, was bedeutet, dass die Augen ziemlich auf Halbmast stehen. Am Himmel steht irgendwas Gelbes, was wir in den letzten Wochen eher zufällig zu Gesicht bekommen haben, es muss sich um die Sonne handeln. Ausserdem ist es heiss, ziemlich heiss. Und die erste Station ist Mandalay, die Stadt mit dem schönsten Namen.

 

Mandalay
Mandalay mit Inwa und Sagaing

Geisterflughafen

Das Überraschende ist, dass trotz wenig Touristen lange Schlangen vor der Passkontrolle warten. Es gibt zwar haufenweise Schalter, allerdings unbesetzt. Die Uniformierten sind sich ihrer Bedeutung bewusst und mustern ihre Kunden mit grimmigem Blick. Ich bin zu müde für ein freundliches Lächeln, was erstaunlicherweise zu einer vergleichsweise schnellen Abfertigung führt. Muss ich mir merken …

 

Sammeltaxi

Dann also mit dem Sammeltaxi in die Stadt, ein erwartungsgemäss spezielles Erlebnis. Ein chinesisches Ehepaar setzt sich auf die hinteren Sitze, während ich das besondere Vergnügen habe, neben dem Betelnuss kauenden Chauffeur zu sitzen.

Die Autobahn ist breit, leer und weist viele Wellen auf, was bedeutet, dass wir alle paar Meter vom Sitz abgehoben werden. Der Chauffeur, der gelegentlich das Fenster öffnet, um eine Ladung durchgekauter Betelnuss loszuwerden, findet das natürlich zum Schiessen und steuert die nächste Welle mit noch mehr Genuss an.

Der Chauffeur hält sich streng an die Mittellinie, allerdings nicht als linke Begrenzung, wie es üblich ist, sondern als Richtungsweiser, also zwei Räder links, zwei Räder rechts  der Mittellinie. Wie gesagt, die Strasse ist leer …

 

Hunde und Mönche

Hunde haben in Asien ein interessantes, wenn auch meistens kurzes Leben. Es gibt weder Leinenzwang noch Hundeschulen, weder Chappi noch Spaziergänge mit dem Herrchen, dafür spannende Ausflüge auf die Autobahn, wie es scheint.

Bello, der mit stoischer Ruhe die Strasse in dem Moment überquert, als wir uns nähern, ist einer von ihnen. Wir halten den Atem an, sehen ihn bereits als blutendes Bündel am Strassenrand liegen, da dreht er im letzten Moment ab, lässig, beinahe überheblich, also wollte er sagen: Leckt mich doch alle!

Am Strassenrand hält ein anderes Sammeltaxi an, eine Ladung Mönche entspringt ihm, sie sind offenbar in grosser Not, denn auch die heiligsten der Heiligen müssen mal.

 

A1 Hotel

Dass es dummerweise ein Hotel namens A1 und eines namens AD-1 gibt, führt erwartungsgemäss zu Missverständnissen und – vor allem bei den Taxichauffeuren – zu Frustrationen. Natürlich landen wir im falschen Hotel, was aber den Betelnuss-Drögeler, der mein Taxi fährt, nicht im Geringsten aus der Ruhe bringt (was einmal mehr bedeutet, dass kontrollierter Drogengenuss auch seine Vorteile haben kann).

So bin ich also im A1, einem durchaus empfehlenswerten Hotel, das – die Überraschung ist gross – ein funktionierendes Wlan zur Verfügung stellt. Es liegt strategisch günstig, nicht allzu weit vom Zentrum und auch nicht allzu laut.

Aber Mandalay – so schön der Name auch klingt – ist definitiv keine schöne Stadt, war sie vor elf Jahren bei meinem ersten Besuch nicht und ist es immer noch nicht.

Hat sich was geändert? Auf den ersten Blick nicht, auf den zweiten jedoch schon. Werbeplakate für Handys und alle anderen technologischen Errungenschaften – vor 11 Jahren noch völlig unbekannt, ebenso WiFi und funktionierende Internetverbindungen – sind allgegenwärtig. Es gibt nun jede Menge Roller, beinahe wie in Hanoi, dafür muss man die Trishaws suchen. Schade. .

Als erstes setze ich mich in ein Strassencafé und bestellt ein Myanmar Beer. Es ist das beste Bier, das ich seit Ewigkeiten getrunken habe. Die Müdigkeit dürfte dabei eine gewisse Rolle gespielt haben …

 

Auf der Suche nach Min-Min

Der Abend ist kurz und vor allem – zappenduster. Mandalay hat vieles, aber keine Strassenbeleuchtung.

Auf der Suche nach einem Restaurant namens Min Min stolpere ich an tiefen Pfützen (es muss massiv geregnet haben) vorbei, immer auf der Suche nach den paar Zentimetern, die es braucht, um den vielen Autos und Rollern, die im Höllentempo vorbeirauschen, auszuweichen. Und dann – nichts mehr, nur noch tiefer Schlaf, während vor dem Fenster die Geräusche der Nacht langsam verstummen.

 

PS Song zum Thema: ZZ Top – Beer Drinkers and Hell Raisers

Und hier geht die Reise weiter …