Vom Frühstückstisch im obersten Stockwerk des Hotels aus (Aussicht mehr als prächtig) ist der Mandalay-Hill gut zu erkennen, die goldenen Kuppeln der Pagoden, den bewaldeten Aufstieg mit den mehr als tausend Treppenstufen.
Was könnte man sich an einem solchen Tag Besseres antun, als mit dem Fahrrad durch die Stadt zu fahren, um anschliessend den schweisstreibenden Aufstieg zu wagen? Einige würden meinen, es gäbe tatsächlich Angenehmeres.
Mordlustige Feinde
Mittlerweile habe ich mich zu einem Professional entwickelt, der auch dann noch mitten auf die Kreuzung fährt, wenn die mordlustigen Feinde von allen Seiten kommen.
Alle anderen tun ja das auch, wer sich nicht an diese ungeschriebenen Gesetze hält, verhungert irgendwann beim Warten. Und so folge ich also den Hauptverkehrsachsen (nicht eine meiner besseren Ideen), dann dem 4 Quadratkilometer grossen Gelände, das den Königspalast beheimatet, also 2 Kilometer in der einen, dann ebenso viele in der anderen Richtung.
Ich kann nicht sagen, dass es kühl ist, aber immerhin habe ich die Sonne im Nacken und manchmal sogar ein wenig Schatten von den in die Strasse hinein hängenden Bäumen.
Ein neues Business
Um die zahlreichen Fahrräder und Roller zu bewachen, hat sich ein neues Business entwickelt. Für 200 Kyats (20 Rappen) kann man sicher sein, dass das Vehikel auch nach mehreren Stunden in tipptoppem Zustand zurückgegeben wird.
Dann also hinauf auf den Mandalay Hill, über 1000 Stufen vorbei an goldenen Tempeln und ärmlichen Hütten, an tausend Händlern, Wahrsagern, Mönchen und ungefähr einer Million Katzen und Hunden jeden Alters. Sie leben hier, von milden Gaben der Touristen und Gläubigen verwöhnt (oder vielleicht auch nur knapp am Leben erhalten).
Tja, viel hat sich nicht verändert seit dem letzten Mal (2004 – I miss you, brother), der Austieg sieht immer noch schweisstreibend aus, vor allem um die Mittagszeit, aber es lohnt sich. Und so stehe ich schliesslich vor dem steinernden Wächter vor dem Eingang, entledige mich beim Eingang meiner Schuhe und mache mich an den Aufstieg.
Kinder und Katzen
Man sollte sich nicht beeilen, sondern immer wieder eine Pause machen. Die unzähligen Katzen streicheln (falls sie es denn zulassen). Den Kindern zusehen, wie sie voller Andacht fernsehen.
Schweissbedeckt und glücklich erreicht man schliesslich die oberen Etagen. Schon von weitem grüsst der erste Buddha.
Atemberaubende Aussicht
Und dann endlich – die Welt von oben. Die Aussicht von der obersten Ebene ist atemberaubend. In der Ferne grüssen, leicht im Nebel verschwommen, die Shan-Berge, denen ich morgen etwas näher zu kommen hoffe.
Mingun
Im Norden blinkt das schmale Band des Irrawaddy, dahinter eben noch sichtbar die Pagode des Königs Bodawpaya in Mingun.
Das nie fertig gebaute Werk aus roten Ziegelsteinen (ausgerechnet!) sollte ursprünglich über 150 Meter hoch werden, aber Grössenwahn und Finanznot (eine Kombination, die selten zum Erfolg führt) liessen letztlich das Mammutprojekt, scheitern, und das Erdbeben von 1838 tat das seine dazu. Übrig geblieben ist ein viereckige, rötliche Ruine von etwas, was mal eines der Weltwunder werden sollte.
Allerdings hat es nichts von seiner zeitlosen Magie verloren, auch wenn ihm der Tourismus arg zusetzt.
Prachtvoll, überwältigend
Auch beim zweiten Besuch ist der Eindruck schlicht überwältigend.
Der Gegensatz zwischen der immer noch vorherrschenden Armut eines grossen Teils der Bevölkerung und der hier präsentierten Pracht ist unübersehbar. Meine Notizen und Erinnerungen vom letzten Besuch haben mich vorbereitet, doch im Grunde ist es unmöglich, ohne grösste Bewunderung an den Kunstwerken, den verzierten Gebäuden, den Göttern und Wesen vorbeizugehen.
Wo sind die Trishaws?
In allen anderen Himmelsrichtungen breitet sich die Stadt wie ein schnell wachsendes Krebsgeschwür aus. Vor elf Jahren noch eine relativ ruhige Stadt, in der auch die Trishawfahrer ihren Platz hatten, sind diese nun weitgehend aus der Innenstadt verbannt (Trishaw: eine besondere, nur in Burma anzutreffende Art einer Rikscha, auf der zwei Passagiere Rücken an Rücken sitzen).
Mobiles und Wifi
Der Verkehr hat massiv zugenommen, als unangenehme Begleiterscheinung ist die Luftqualität nun knapp unterhalb eines Fumoirs anzusiedeln. Und eher unerwartet: konnte man 2004 das Mobile (Cellphone) während des gesamten Aufenthalts abstellen, hat nun jeder ein solches am Ohr (auch mitten im dichtesten Verkehr auf dem Roller), und WiFi ist so normal geworden wie bei uns (was natürlich nicht zutrifft, denn bei uns muss man froh sein, wenn überhaupt eines vorhanden ist!).
Mönche und Samaneras
Ein häufiger Anblick – Mönche und junge Samaneras auf allerlei Vehikeln. Aber auch an unerwarteten Orten ganze Familien in ärmlichen Unterkünften, die an Slums in anderen Städten erinnern.
Essen wie der König in Frankreich
Ja, so ändern sich die Zeiten. Immerhin mundet das Essen immer noch, auch wenn man in dieser Stadt nach geeigneten Kneipen schon etwas suchen muss. Heute ein Vorschlag des Burschen an der Reception: burmesische Küche pur, dazu ein Myanmar Bier.
Unzählige junge Burschen wuseln um die zahlreichen Gäste herum, immer auf Draht, immer bereit, jeden Wunsch ihrer Kunden von den Lippen abzulesen.
Bevor man auch nur eine Bestellung aufgegeben hat, ist der Tisch vollgestellt mit Tellern, auf denen allerhand Undefinierbares bereit steht. Die Jungs, so gut sie auch als Kellner sind, so wenig verstehen sie englisch, und so bleibt meine Frage nach dem Inhalt der Teller unbeantwortet. Bleibt also nur probieren.
Na ja, ich sag’s mal so: es ist nicht alles so gut, wie es aussieht. Das Chicken Curry allerdings, nach birmanischer Art zubereitet, ist absolut State-of-the-Art. Köstlich! Ein weiterer Besuch drängt sich auf (ich werde ja noch zweimal in Mandalay vorbeikommen).
PS Song zum Thema: Led Zeppelin – Over the Hills and far away
Und hier geht die Reise weiter …