Vom Bamboo Village nach Syabrubesi

Dann also das letzte Teilstück unseres Abenteuers. Da wir bereits weit unten sind, wird der heutige Tag einfach und vergnüglich sein. Ein Tag zum Geniessen, bevor wir uns dann morgen an die öde Rückfahrt nach Kathmandu machen.

Bye-bye Bamboo

Zum zweitletzten Mal aus dem Schlafsack kriechen, es ist schon wesentlich wärmer geworden. Hier auf gut 2000 Metern macht sich auch die Höhe nicht mehr sonderlich bemerkbar.

Ein letzter Blick vor dem Abmarsch. Bei Tageslicht – im Unterschied zu zwei Uhr dreissig in der Nacht – macht das Village einen freundlicheren Eindruck. Im Hintergrund dröhnt der Fluss, er fliesst ein paar Meter neben dem Hotel vorbei und hat schon massiv an Breite und Wucht zugenommen.

My Tibetan Hotel - very simple, yet welcoming Even with garden restaurant

Das Tal öffnet sich

Das Ziel schon beinahe in Sichtweite lässt es sich nun entspannt wandern. Das Tal öffnet sich langsam, allerdings ist Syabrubesi noch weiter weg als es scheint.

Den zahlreichen Gruppen, die uns schnaufend entgegenkommen, ist noch nicht zu Bewusstsein gekommen, was sie erwartet. Einzelne Gruppen umfassen zwanzig und mehr Teilnehmer. Wenn man also ausweicht, kann es vorkommen, dass man fünf Minuten wartet, bevor alle vorbei sind.

Almost a walk in the park
Schon beinahe ein Spaziergang

Noch mehr Lasten

Und die Träger haben zu tun. Man wundert sich, was sie alles hochtragen müssen. Sitaram klärt mich auf, dass ganze Camping-Ausrüstungen inklusive Zelte und Campingstühle und -tische und Kochutensilien und Proviant dabei sind. Vor allem die Chinesen scheinen eine ausgeprägte Vorliebe für Outdoor-Verpflegung im gewohnten Stil zu haben.

Die Träger, mit ihren typischen doko-Körben, die mit Hilfe eines um die Stirn geführten Tragriemens getragen werden, sind ein bedeutender Faktor in der Wirtschaft des Himalaya. Der durchschnittliche Tageslohn eines Trägers liegt bei rund 1000 Rupien, also ungefähr 10 Franken.

Man muss sich das vorstellen: da werden manchmal Lasten einen Tag lang hochgetragen, die wir schwächlichen Westler nicht mal vom Boden aufheben könnten. Und das alles für 10 Franken, wofür wir uns nicht mal vom Sofa erheben würden … Manchmal, sehr selten, sind Frauen dabei. Auch sie klein und sehnig und ungeheuer kräftig. Mit ihnen ist wohl besser kein Streit anzufangen.

Noch mehr Jungtiere auf der Weide

Schon weiter oben aufgefallen – viele Kühe haben ihr Junges geboren. Da liegen sie nun oder stehen bereits auf klapprigen Beinen, vorsichtig beäugt und beschützt von den Muttertieren. Es ist anzunehmen, dass sie genau gleich wie unsere Kühe zuhause bei jeglicher Androhung von Gefahr sofort angreifen würden. Aber man könnte sie knuddeln, die herzigen kleinen Stinker …

Endziel in Sicht

Letzter Stop dann im Riverview. Der Name ist gut gewählt, denn hier ist der Fluss nahe und dröhnt und grollt. Es gibt den letzten Lunch unterwegs – Nudelsuppe mit Eiern.

Die Hängebrücken haben nun dementsprechend eine rechte Länge, man balanciert also noch länger auf dem schaukelnden Untergrund (was mir aber immer noch und immer wieder grosses Vergnügen bereitet).

Assembly of poor shacks Behind it a green world

The associated long suspension bridge
Die dazugehörige lange Hängebrücke

Es geht nun immer schneller den Berg hinunter, doch dazwischen, wie könnte es anders sein, geben mir die letzten steilen Stufen den Rest. Sie werden mir nicht fehlen.

The fucking last Steps
The fucking last Steps

Doch dann wird das Ziel sichtbar. Wir haben es beinahe geschafft. Eigentlich schade. Jetzt, wo ich so perfekt eingelaufen bin …

The last meters
Die letzten Meter

Geschafft

Um eine Ecke tauchen, zwar noch in einiger Entfernung, die Häuser von Syabrubesi auf. Da ist es also, das lang ersehnte Endziel, obwohl es mir schon ein bisschen Mühe macht, dass der Trek in einer guten Stunde vorbei ist.

Jetzt, wo die Muskeln gestählt, der Kopf vorbereitet, die Knie belastbar sind, Rücken und Schultern an die schwere Last gewöhnt sind, könnte es doch eigentlich weitergehen. Vielleicht mit weniger hohen Tritten, weniger abstossenden Toiletten, aber mit noch mehr Yaks und Languren und Dzopkes und grossartigen Bergpanoramas.

Female power in Syabrubesi
Frauenpower in Syabrubesi

Aber es ist vorbei. Wir passieren die ersten Häuser auf der anderen Seite des Flusses, wo zahlreiche Frauen dabei sind, die finanziellen Dinge des Dorfes zu besprechen und zu organisieren. Sie sind also nicht, wie ich anfänglich dachte, am Kartenspielen (so wie die Männer in Kyanjing Gompa), sondern am ernsthaften Arbeiten. Dann überqueren wir die letzte Hängebrücke, ein High-Five und eine Umarmung mit Sitaram, und es ist geschafft.

Jetzt ist der Abend entspannt

Nichts mehr steht einem entspannten Abend in Gesellschaft anderer Trecker im Weg, die ebenfalls am Endpunkt angekommen sind. Die meisten froh und glücklich, es geschafft zu haben (so wie ich), aber wahrscheinlich ebenso mit einem lachenden und einem weinenden Auge.

Nun brauchen wir uns nicht mehr um fehlenden Schlaf zu sorgen, uns steht lediglich eine lange mühsame Fahrt zurück nach Kathmandu bevor. Also sitzt man zusammen, unsere Thai-Freunde, die in zwei Tagen schon wieder arbeiten müssen, aber auch ein Paar aus Australien und Neuseeland. Interessant ist, dass sie zwar zusammengehören, sich ihre Zukunftspläne, zumindest in geographischer Hinsicht, stark unterscheiden. Er wird eine Stelle in Guam (!) antreten, sie in London.

Die Wege des Herrn sind unergründlich.

Aber es wird viel gelacht, man lehnt sich entspannt zurück, das Abenteuer hat ein glückliches Ende gefunden …

 

PS Song zum Thema: Noir Désir – Le Vent nous portera

Und hier geht die Reise weiter …

 

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