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Südostasien

Luang Prabang – Die alte Magie

Nicht dass es kalt gewesen wäre hier im Norden von Laos, nein, aber die Abende und Nächte können doch etwas sehr kühl werden. So ist zumindest für einen Tag (morgen gehts ja bereits nach Hanoi, zurück an die Kälte?) Wärme angesagt.

Und eine ausserordentlich mühsame Fahrt von Luang Namptha nach Luang Prabang, grösstenteils über eine Strasse, die diesen Namen eigentlich gar nicht verdient. Es sind doch mehr als zweihundert Kilometer, die der Minivan zwischen tiefen Schlaglöchern, ausgefahrenen Lastwagenspuren, tiefen Gräben hindurchpflügen muss, eingehüllt in eine dichte Wolke aus Staub.

Manchmal döse ich ein, verliere für ein paar Minuten den Zusammenhang, bis mich das nächste Schlagloch aus meinem wohlverdienten Schlummer weckt. Es ist eigenartig still im Wagen, nur übertönt durch das Brummen des Motors, das Aufhölen auf einer Steigung. Als ich das nächste Mal erwache, sind wir irgendwo, wo uns Kindergeschrei empfängt. Ein Stopp.

Eine exotisch zusammengewürfelte Gruppe

Wir sind eine ziemlich exotisch zusammengewürfelte Gruppe (eigentlich so wie immer): zwei Polen, ein südkoreanisches Paar, junge Laotenmädchen, schwer beladen mit Säcken und weiss der Teufel was. Andere, nicht identifizierbare Nationalitäten … Die übliche Zusammensetzung halt.

Packed Bus
Ein vollbepackter Bus

Zurück in Oudomxai

Halt in Oudomxai. Eigentlich ein gesichtsloses Kaff, das nicht viel hergibt, aber vor zwei Jahren habe ich hier eine wirklich gute Zeit erlebt. Auf dem Busbahnhof wird mir plötzlich klar, dass ich auf den Tag und die Stunde genau vor zwei Jahren an der selben Stelle stand, noch etwas unentschlossen, wie die Reise weitergehen sollte. Der Tag, an dem ich schliesslich einfach loszog, um einen Wasserfall zu suchen.

All kinds of delicious things, but also grilled snakes
Allerhand leckere Dinge, aber auch gegrillte Schlangen

Und zurück am Nam Ou

Der Trip scheint nicht enden zu wollen, doch nach Pak Pong wird die Strasse besser, es geht nun Richtung Luang Prabang. Und dann taucht er plötzlich auf, breit, wild, man glaubt, das Tosen der Wassermassen zu hören. Der Nam Ou, mein zweiter Lieblingsfluss, den ich vor 2 Jahren mit dem Boot befahren habe.

Das scheint nun nicht mehr möglich zu sein. Die offizielle Version lautet zu niedriger Wasserstand, inoffiziell ist wohl klar, dass der von den Chinesen erbaute Damm schuld daran ist, dass wieder ein einmaliges Erlebnis verunmöglicht wird (und by the way eine Menge Leute ihren Lebensunterhalt verloren haben).

Und zurück in Luang Prabang

Ankommen in Luang Prabang. Gleiche Stadt, gleiche Atmosphäre, gleiche Geschäftigkeit.. Und noch mehr Touristen. Haufenweise. Die Restaurants entlang der Hauptstrasse sind voll von ihnen, ebenso der Nachtmarkt, der immer grösser zu werden scheint. Mal sehen, wie’s mir morgen gefällt. Wiedersehen ist nicht immer schön …

Aber am Morgen empfängt Vogelgezwitscher den verschlafenen Traveller, eine warme Brise weht, ein Vorgeschmack auf den heissen Tag. Heute werde ich es ruhig angehen, denn alles, was mich erwartet, sind Deja-Vus. Also zunächst mal Frühstück im Schatten der Bäume, während die Gedanken vorauseilen zur Kälte, die mich in Hanoi erwartet.

Breakfast with birdsong
Frühstück bei Vogengezwitscher

All Things are impermanent

Es sind erst zwei Jahre her seit meinem letzten Besuch, und trotzdem scheint mir die Stadt ihre klösterliche Ruhe verloren haben. Unruhe hat Einzug gehalten, Hektik, das schnelle Geld, das nun in grossen Mengen in die Stadt fliesst. All Things are impermanent, wie schon Buddha selig bemerkte.

Also Rückzug zum Mother River. Lange sitze ich mutterseelenallein am Ufer des Mekong, blicke in die manchmal ruhig, zuweilen wild und wirblig fliessenden Wassermassen. Er hat schon ein paar tausend Kilometer seit der Quelle in Tibet hinter sich und ebenso viele noch vor sich bis zur Mündung ins Südchinesische Meer.

Wir werden uns wiedersehen …

Mekong in Luang Prabang Brücke

Mit dem Fahrrad unterwegs

Ich mache mich auf zu einer erneuten Erkundung der Stadt. Das Fahrrad ist genauso alt und klapprig wie dasjenige vor zwei Jahren, aber das trifft ja auch auf mich zu  …

Ich folge also den Strassen, die mich entlang der Hauptstrasse zum Fluss hinunter und weiter führen, überall dorthin, wohin mich die Lust treibt.

Dorthin, wo die Schiffe am Mekongufer anlegen. Wo ich alte Freunde in ihren orangen Roben treffe. Die kunstvollen Blumenarrangements bewundere. Bei der alten Dame zwar nichts kaufe, aber ein paar freundliche Blicke austausche, mehr braucht es nicht. Und wo ich an Bildern unterschiedlicher Qualität vorbeihusche, bevor mich der Verkäufer entdeckt.

Main street in Luang Prabang Mekong

Meeting with old friends ... I admire the artfully made flower arrangements

... which are sold at the entrance to the temple ... or the more or less artistic paintings

Und natürlich landet man früher oder später immer wieder bei ihm, Gautama, in all seiner Pracht, und – als besondere Überraschung- beim Abdruck eines Fusses seiner Heiligkeit. Dazu gibt es natürlich einiges zu sagen bzw. zu fragen: erstens – wie kann ein Mensch der damaligen kleingewachsenen Spezies derart grosse Füsse haben. Und zweitens – warum sollte Buddha ausgerechnet hier gewesen sein und die Güte gehabt haben, ausgerechnet hier einen Fussabdruck zu hinterlassen?

Aber das sind halt die Fragen, die sich in Asien stellen, sie bleiben unbeantwortet, und das ist gut so.

... and finally end up with him once again ... and the imprint of his feet (?)

Und so geht der Tag vorbei. Mit vielen Déja-Vus, die mir auch beim zweiten Mal unendlich Freude bereiten.

Abschied

Und so lande ich gegen Abend zurück in meinem Hotel, verabschiede mich und bereite mich auf den Flug nach Hanoi, zurück in die Kälte, vor.

It's gone dark
Es ist dunkel geworden
PS Song zum Thema:  Radiohead – The Tourist
Und hier geht die Reise weiter … in Hanoi

 

Laos

In Zeitlupe nach Vang Vieng

Die Fahrt von Luang Prabang nach Vang Vieng ist atemberaubend – und lang und anstrengend.

Eine gute Asphaltstrasse verbindet Luang Prabang mit Vang Vieng.

Es ist nicht eine gute Asphaltstrasse. Soweit zur Aussage in Wikipedia (manchmal frage ich mich, wie das Onlinelexikon zu seinen Informationen kommt).

Aber schlechte Strassen machen das Fahren im Minibus eben gerade zu einem besonderen Abenteuer durch eine wunderbare Landschaft.

Ich bin sehr froh darüber. Gute Strassen kann ich zuhause  haben, hier geht es eben genau darum, Grenzerfahrungen zu sammeln. Und diese Passfahrt mit einem des öfteren an der Grenze des Zulässigen fahrenden Chauffeurs ist tatsächlich eine besondere Grenzerfahrung.

Immerhin hält er zwischendurch mal an, diese Stopps, meistens irgendwo am Arsch der Welt gelegen und nur durch die Aufenthalte der durchfahrenden Wagen in ihrer Existenz gesichert, sind immer ein besonderes Highlight.

 

Stopps am Arsch der Welt

Ich liebe diese besondere Atmosphäre. Das kurze Durchatmen, das Lockern der verkrampften Gelenke. Einen Kaffee trinken, Gespräche mit den Mitreisenden, vielleicht sogar in seltenen Fällen das Finden des Souvenirs, das man schon lange gesucht hat und ausgerechnet an diesem seltsamen Ort findet.

 

Stop in nowhere land  not really inviting

Stop im Nirgendwo mit nicht wirklich einladender Toilette

Die Strasse führt dicht bewaldeten Berghängen entlang, schneidet wie ein Messer durch die Abhänge, Kurve um Kurve, eine staubige Angelegenheit.

Der versprochene Asphalt ist kilometerweit verschwunden oder hat gar nie existiert. Manchmal ist der Fahrer gezwungen, die Geschwindigkeit auf Schritttempo zu reduzieren, um den tiefen Löchern auszuweichen. Doch es geht vorwärts, Stunde um Stunde, Kilometer um Kilometer. Gelegentlich fallen mir die Augen zu. Der schlechte Schlaf der letzten Nacht verlangt seinen Tribut.

Neben mir sitzt ein älteres englisches Ehepaar. Immer wieder erstaunlich, wie auch Leute im fortgeschrittenen Alter erstklassige Strapazen auf sich nehmen. Allerdings ist hier eine länderspezifische Unterscheidung zu treffen. Es handelt sich in den meisten Fällen um Leute aus dem angelsächsischen Raum, Engländer, Amerikaner, Australier. Unsere Breitengrade sind in dieser Statistik eher selten vertreten. Zu verwöhnt? Zu sehr auf Sicherheit bedacht?

 

Ballermann

Irgendwann erreichen wir Vang Vieng, das heutige Tagesziel. Ich fühle mich augenblicklich im falschen Film. Oder ist es das falsche Alter? Was soll man zu einem Ort sagen, der früher garantiert sehr schön gewesen sein muss, der jetzt aber zu einem Sammelort aller Sünden dieser Welt geworden ist.

Vang Vieng evening - blurry
Vang Vieng am Abend – verschwommen

Das Kaff wimmelt von mehrheitlich sehr jungen Travellers (oder vielmehr von jungen Leuten, die hier eingeflogen werden, um sich ein paar Tage volllaufen zu lassen). Die Geschichte ist wahrscheinlich einfach: irgendwann entdeckte jemand den zweifellos vorhandenen Reiz der Landschaft, verbunden mit dem Tubing, billigen Getränken und vor allem mehr oder weniger frei zugänglichen Drogen und schon war die Sache geritzt.

Ich bin in einem offenbar  ziemlich neuen Hotel einquartiert. Preis ok, Zimmer auch, das Badezimmer allerdings  zeugt von dem handwerklichen Ungeschick der Einheimischen: mitten im Raum ist eine Erhöhung, an der man sich den Fuss brechen kann. Vom Hotel aus sind es nur ein paar Meter bis zu den ersten Bars und Restaurants. In der Nacht allerdings könnte es laut werden.

 

Alkoholleichen

Der Gang durch das Dorf erinnert mich an die Ballermann-Zentren auf Kreta. An die Alkoholleichen, die noch am Vormittag in fortgeschrittener, alkoholinduzierter Ohnmacht auf den Trottoirs liegen. So schlimm ist es nicht, aber es kommt dem schon ziemlich nahe. Eine weitere Seltsamkeit des Ortes ist, dass in all den zahlreichen Restaurants und Bars auf den TV-Bildschirmen ausschliesslich „Friends“ gezeigt wird. Das steht zwar auch in meinem Führer, aber man glaubt es erst, wenn man es tatsächlich sieht.

 

Das Umland mit der unvergleichlichen Karstlandschaft ist allerdings beindruckend, grandios in ihrer stillen Schönheit. Ich werde deswegen noch einen Tag anhängen, um eine Velotour zu machen. Mal sehen, ob Vang Vieng doch noch das eine oder andere Highlight bereithält.

 

PS Song zum Thema:  Ian Dury & the Blockheads – Sex & Drugs & Rock & Roll

Und hier geht die Reise weiter …

 

Laos

Luang Prabang – Der letzte König

Luang Prabang ist die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz im bergigen Norden und war ursprünglich die Hauptstadt des historischen Königreichs Lan Xang und des französischen Protektorats Laos. Bis zur Abschaffung der Monarchie in Laos 1975 war es die Königsstadt.

Heute ist die Stadt von der UNESCO als Welterbe anerkannt und eines der wichtigsten touristischen Ziele des Landes.

32 buddhistische Klöster sowie die gesamte französische Kolonialarchitektur in der Stadt wurden unter Denkmalschutz gestellt und werden seitdem restauriert. Eine restriktive Stadtplanung soll zudem Verstöße gegen den kunsthistorisch einzigartigen Charakter des Stadtzentrums verhindern.

2015 besuchten 500.000 ausländische Touristen Luang Prabang.

 

Luang Prabang
Luang Prabang – Vogelsicht

Das historische Zentrum der Stadt liegt im Schutz der Spornlage zwischen Mekong und seinem Nebenfluss Nam Khna auf rund 300 Meter Höhe. Sie ist ein Handelszentrum für Reis, Kautschuk und Teakholz. Außerdem werden handwerkliche Produkte wie Holzarbeiten, Textilien, Papier hergestellt.

Luang Prabang ist Sitz einer Universität, der Souphanouvong University.

 

Der letzte König

Der letzte laotische König Savang Vatthana, der bis 1975 in Luang Prabang residiert hatte, wurde mit seiner Frau und dem Kronprinzen in ein politisches Umerziehungslager deportiert. Dort kam die Königsfamilie – vermutlich 1984 – aus bislang ungeklärten Umständen ums Leben.

Mit der Machtübernahme der Pathet Lao kam es auch in Luang Prabang zum Exodus regimefeindlicher Laoten, landesweit flohen rund 300.000 Menschen. Die Stadt Luang Prabang fiel in einen „Dornröschen-Schlaf“.

Seit der wirtschaftlichen Liberalisierung, insbesondere der Privatisierung des Tourismus 1991, wird die kulturhistorische Bedeutung von Luang Prabang erkannt und verstärkt vermarktet.

Über die asphaltierte Nationalstrasse 13  ist die Stadt via Vang Vieng mit der Hauptstdadt Vientiane verbunden. Das werde ich spätestens morgen auf der Fahrt nach Vang Vieng nachkontrollieren können. Die bisherigen Erfahrungen mit laotischen Nationalstrassen haben, sagen wir mal, nicht unbedingt zu euphorischem Hurragebrüll geführt.

 

Abend am Mekong

Die Stadt selbst, mit ihrer Ruhe und Gelassenheit (trotz der Massen von Touristen), hat es mir angetan. Ich sage selten sowas, aber hier könnte ich durchaus eine Weile leben.

Warum nicht? Laotisch lernen, in den Klöstern Meditation betreiben, lange Velotouren machen. Herunterkommen vom jahrelangen Missbrauch von Gesundheit und Nerven. Aber wie so vieles wird es ein Phantom, eine Illusion bleiben.

 

Der Duft von Blumen

Wenn man einen Moment erwischt wie am Abend, kurz vor dem Sonnenuntergang, wenn sich die Touristen in die Restaurants verzogen haben, um Pizza, Hamburger oder all die anderen westlichen Köstlichkeiten zu essen, ohne die es offenbar einfach nicht geht, wird es an den Orten ausserhalb des geschäftigen Zentrums unversehens ruhiger.

Nicht so still, wie man es gerne hätte, aber trotzdem riecht die Luft plötzlich nach Blumen, nach dem Duft der Bäume, vielleicht auch ein bisschen nach dem Mekong (der nicht nur ein grossartiger Fluss ist, sondern gleichzeitig auch eine Sammelkloake aller Abwässer von hier bis zum Himalaya).

 

Kaffee Nom

Und so sitze ich in einem winzigen Restaurant oberhalb des Flusses, der Kopf leer und gleichzeitig übervoll, vor mir ein Kaffee Nom, ein Teller mit irgendwas Laotischem, dessen Name und Zusammensetzung ich vergessen habe, mir aber auch vollkommen egal ist.

Die Wirtin ist wieder mal so rührend freundlich, dass sich ein komisches Gefühl einstellt. Es kommt wahrscheinlich daher, dass es keine geschäftsmässige Freundlichkeit, sondern echt ist, aus dem Herzen kommend.

Und auf sowas sind wir zynischen Westler nicht vorbereitet. Man wird sozusagen auf dem linken Fuss erwischt und fühlt sich auf seltsame Weise schuldig. Wie soll man ihre Geste erwidern? Natürlich mit einem ebenso freundlichen Lächeln, aber genügt es? Soll der Tipp entsprechend höher sein? Also Freundlichkeit mit Geld vergelten?

Wir sind so kaputt.

 

Kaffee Nom
Kaffee Nom

Meditation gesucht

Junge Mönche schlendern vorbei, lachend, fröhlich, so wie immer. Das erinnert mich daran, dass ich eigentlich an einer Meditationssitzung teilnehmen wollte. In meinem Führer wird auf einige Klöster hingewiesen, die an der abendlichen Meditationsstunde auch Fremde teilnehmen lassen.

Ich finde mich also zur angegebenen Zeit beim besagten Kloster ein, doch im Ausnahme einiger Mönche, die im Hof irgendwas tun, aber ganz und gar nicht den Eindruck erwecken, dass hier eine Meditationsstunde stattfinden könnte.

Nach einer Weile – die angegebene Zeit ist längst abgelaufen, frage ich den Erstbesten, der mir über den Weg läuft, doch die sprachlichen Barrieren sind wieder einmal zu hoch. Wenn die Sprache nicht funktioniert, dann vielleicht die altbekannte Methode mit Hand und Fuss, doch nicht mal meine angedeuteten gefalteten Hände, die geschlossenen Augen, das ruhige Atmen führen zum Erfolg, im Gegenteil. Die jungen Samaneras, die sich in der Zwischenzeit im mich versammelt haben, finden den seltsamen Fremden zum Kreischen.

Nun denn, dann halt nicht.

Am Nachmittag streife ich durch die Stadt, die stillen Gassen, wo der Lärm nur noch als fernes Raunen zu hören ist, den Duft der Magnolien einatmend, den Ständen entlang, wo sich die Touristen gegenseitig auf den Füssen stehen, um am Ende überteuerte chinesische Souvenirs zu kaufen, die zuhause wenig Freude machen und schon bald in eine verstaubte Zukunft versinken werden.

 

Das letzte Mal am Mekong

Doch ich will nochmals mit dem Velo die Umgebung erkunden, um Abschied von Luang Prabang zu nehmen. Vor allem möchte ich nochmals am Mekong sitzen, und zwar dort, wo er mit dem Nebenfluss Nam Khan zusammenfliesst.

Und nach einer kurzen Fahrt duch das geschäftige Zentrum und Hügel auf und Hügel ab liegt er vor mir, der Mekong. Eine aus Bambus gefertigte Brücke, die aussieht, als müsste sie jedes Jahr nach dem Hochwasser neu gebaut werden, führt über den Nebenfluss ans andere Ufer.

 

Nam Khan  Die Dame in ihrem Häuschen

Brücke über den Nam Khan,mit Obolus natürlich

Allerdings gilt es, dafür einen Obolus zu bezahlen. Eine freundliche Dame macht mich mit einem Grinsen darauf aufmerksam und zieht dafür umgerechnet etwa 10 Rappen ein. Der wacklige Übergang wird dadurch noch mehr aufgewertet, ich gehe mit langsamen zögernden Schritten über den fragilen Untergrund.

Später, nun definitiv in jener seltsam melancholischen Stimmung, die jedem Abschied innewohnt, und schaue auf den Fluss hinaus, das strudelnde Wasser, das unaufhörliche Auf und Ab der Wellen, das Glitzern auf ihren Kämmen, die einen winzigen Augenblick lang die Sonne reflektieren.

 

PS Song zum Thema:  Luca Bloom – Bridge of Sorrow

Und hier geht’s weiter …

 

Laos

Luang Prabang – Mönche und Samaneras

In der heiligen Stadt trifft man an allen Ecken und Enden auf Mönche. Sie erwecken Aufsehen in ihren dunkelroten Gewändern, ihren kahlgeschorenen Köpfen, ihrem wachen und verschmitzten Ausdruck im Gesicht. Da ist gar nichts Asketisches zu entdecken, eher eine ungebrochene Lebensfreude.

Die Samaneras hingegen, in hellerem Orange gekleidet, sind Novizen, der Nachwuchs sozusagen. Allerdings ist der Anteil der Samaneras klein, der sich zu einem mönchischen Leben entschliesst. Die meisten Jungen verbringen eine gewisse Zeit im Kloster und kehren dann in ihre bürgerliche Existenz zurück.

 

Young Monk
Samanera – jung und bereits sehr würdevoll

Der Hügel

Nach den gestrigen Anstrengunen ist heute Easy-Going angesagt. Die Stadt bietet soviele Highlights, dass die paar Tage kaum reichen, um alles zu sehen. Der über der Stadt thronende Hügel muss bestiegen werden, es soll dort allerhand Spannendes zu sehen geben. Der Hügel spielte auch militärstrategisch (was mich als Militärhasser allerdings nicht vom Stuhl wirft) eine bedeutsame Rolle, die entsprechenden Hinterlassenschaften der kriegerischen Zeiten sind immer noch zu bestauen oder je nach Sicht zu verabscheuen.

Dann steht mitten in der Stadt das Museum bzw. der Königspalast, dessen Ruf allerdings nicht der Beste ist. Den Grund dafür werde ich selbst herausfinden.  ansehen, lesen, chillen, mehr nicht. Und schreiben. Mal sehen, wie es mit meinen Romanen weitergehen soll. Ich muss mir da was einfallen lassen.

Über der Stadt thront ein angenehm zu besteigender Hügel, der auch bei grosser Hitze, so wie heute, ohne Anstrengung zu erobern ist. Die Aussicht ist erwartungsgemäss umwerfend. Die Stadt liegt wie eine alternde Dame unter uns, eingebettet zwischen die sie umgebenden Flüsse und die fruchtbaren Felder ringsum. Ein leichter Dunst schwebt einem durchsichtigen Schleier gleich über der Landschaft, verleiht ihr beinahe etwas Mystisches.

 

Kanone
Alte Kanone auf dem Hügel – Erinnerungen in Form verrostender Artefakte

Ein waschechter Samanera

Auf dem Weg hinunter treffe ich auf einen jungen Mönch, einen waschechten Samanera. Er gibt sich redlich Mühe, Englisch zu sprechen, löchert mich mit Fragen zum Woher und Wohin, um mir dann am Schluss 500 Kip abzuluchsen. Der gut geplante und durchgeführte Trick verdient Respekt.

Am Fuss des Hügels setze ich mich an einen Tisch vor dem Kloster, und schreibe in mein Tagebuch. Einmal mehr merke ich, wie sehr ich es vermisse.

 

Und noch ein Samanera

Der junge Mönch spricht mich nochmals an, und ich bin tatsächlich drauf und dran, ihn zu fragen, was er denn nun schon wieder will, bis ich merke, dass es nicht der gleiche ist wie vorher. Dieser ist intelligenter und sprachenkundiger als der erste und erzählt mir seine Geschichte.

Es ist immer die gleiche: die Jünglinge stammen in den meisten Fällen aus armen Familien, die es sich nicht leisten können, ihre Söhne zuhause zu ernähren, und so werden diese für ein paar Jahre ins Kloster geschickt. Dort werden sie geschult, erhalten eine Ausbildung, die es ihnen später erlaubt, einen Job zu finden. Das Gespräch dauert lange und bringt mir eine Menge neuer Informationen. Bis sich der junge Mönch mit grossem Bedauern verabschieden muss, denn eine Glocke ruft zu Was-weiss-ich.

 

Der Königspalast

Am Nachmittag der Königspalast. Eigenartig. Er ist irgendwie aus der Zeit gefallen, dabei regierte der letzte König bis in die 70-er Jahre, bevor er von den Kommunisten samt Familie eingesperrt wurde. Niemand überlebte. Königsein und Altwerden vertragen sich manchmal schlecht.

Alles wirkt gleichzeitig königlich und furchtbar spiessig. Die Phantasie streikt, will sich das Familienleben mit den Kindern und Bediensteten und Untergebenen und Besuchern vorstellen. Trotz Pomp wirkt das Gebäude – nicht nur weil es ein Museum ist – irgendwie merkwürdig und leer und voll von falschem Pathos. Erinnert mich an die vielen Paläste in Indien, dasselbe Phänomen.

 

Der Königspalast
Der Königspalast

Ich habe mich entschlossen, noch einen Tag länger zu bleiben. Vielleicht noch einmal ein bisschen velofahren, herumstreunen. Das gute Essen geniessen. Die Atmosphäre der alten Stadt reinziehen. Und dann weiter reisen Richtung Süden.

 

PS Song zum Thema:  Dressed Up Animals – Ruinen

 

Laos

Luang Prabang – Das Schicksal der Elefanten

Nebliger, grauer Morgen.

Sonntag. Keine Kirchenglocken, dafür Vogelgezwitscher in der Ferne (oder bilde ich mir das bloss ein?). Die Luft riecht wie immer, eigentlich nicht nach Sonntag, sondern nach TukTuk-Abgasen und Küchengerüchen im Hintergrund des Restaurants, wo ich eben einen Cinnamon-Bagel mit Butter und selbstgemachter (!) Konfitüre verdrücke. Dazu natürlich einen meiner geliebten Kaffee Mon mit jeder Menge Kondensmilch aus der Tube.

Heute ist Sport angesagt, um meine eingerosteten Muskeln zu lockern. Velofahren in die Umgebung von Luang Prabang, vielleicht schaffe ich es sogar bis zum Elephant Village.

Ein Wasserfall könnte das erste Ziel sein, doch er bleibt auch nach sehr anstrengender Fahrt über unbefestigte Strassen, über muskelübersäuernde Steigungen ein Phantom. Der Schweiss rinnt in Strömen, so muss es sein. Das Velo könnte zwar aus dem letzten Jahrhundert sein, ein Damenvelo, ohne Gänge, aber es bewährt sich tapfer. Und ich fühle mich ebenso tapfer.

 

Ein harter Weg bergauf

Ein Schild weist den Weg zu einem Elefantenzentrum, es erweist sich später allerdings nicht als dasjenige, das ich suche. Macht nichts. Anfänglich ist die Strasse recht ordentlich, doch dann wird sie steiler, kurviger, staubiger. Eine veritable Bergstrasse, die Meter um Meter schlechter wird, voller Löcher, spitzen Steinen und Abschnitten, wo Baumaschinen an der Arbeit sind. Die Aussicht, mit meinem schwächlichen Velo den ganzen Weg wieder zurückfahren zu  müssen, erweckt doch etwas flaue Gefühle.

 

Hard Road  Baumaschinen

Es wird härter – was hier gemacht wird, ist schleierhaft

Lastwagen donnern vorbei, dicke Staubwolken hinter sich herziehend. Manchmal muss ich absteigen, wenn es zu steil wird und die Pumpe ins Stottern kommt. Doch irgendwie schaffe ich es, im Sinne des Wortes über Stock und Stein, ins Camp.

 

Meine Lieblingstiere

Und da sind sie, meine Lieblingstiere (neben Katzen, Tigern, Bären, Eisvögel, Steinadler und allen andern mit 2, 4 oder mehr Beinen), etwa zehn Elefanten, die genussvoll an ihrem Zuckerrohr kauen.

Wenn man sie so ansieht und in ihre kleinen schlauen Augen blickt, im Wissen, welches Schicksal ihnen und ihren Artgenossen blüht, überkommt einen Traurigkeit. Von der Million Dickhäutern, die einmal das Land bewohnten, sind gerade noch mal etwa tausend übrig geblieben, ein ansehnlicher Teil als Arbeitselefanten, die aber durch den Ersatz durch Maschinen auch nicht mehr gebraucht werden.

 

Elephant Camp
 Ein bisschen einsam, ein bisschen traurig

 

Ein junger Mann mit Plänen

Die Rückfahrt dauert viel weniger lang als erwartet, und mein zerbrechlich aussehendes Gefährt hält wesentlich mehr aus als es aussieht. Nach einer Cake-Pause folge ich dem Mekong Richtung Norden, kaufe Bananen zu einem Preis, der mir die Schamröte ins Gesicht treibt, und unterhalte mich mit einem jungen Mann, der sich zu mir setzt.

Ein junger Mann
Zufallsbegegnungen

Er studiert ganz in der Nähe und spricht ein leidlich gutes Englisch (auf jeden Fall besser als mein Laotisch, dass immer noch aus Sabaidee und Kopdschai lai lai besteht). Er hat Pläne für seine Zukunft, glaubt felsenfest daran, dass er eine Zukunft hat, wenn er sich nur genug anstrengt.

Diese jungen Leute sind bewundernswert. Es gibt keine Hindernisse, die nicht überwunden werden können, obwohl die Aussicht auf Erfolg gering ist.

Ich wünsche ihm alles Glück dieser Welt.

 

Dem Mekong entlang

Dann zweige ich in eine Strasse ab, die direkt am Fluss liegt, durchquere kleine Ansammlungen von Hütten auf unbefestigten Strassen, weiche watschelnden Hühnern und Enten und Hunden und Kindern aus und fühle mich einfach göttlich. Das sind wieder diese Momente, die Glücksgefühle, die grossen, diejenigen, die alles erst ausmachen.

 

Spielende Kinder  Dem Mekong entlang

Brücke über einen Mekong Zufluss
Brücke über einen Mekong Zufluss

Manchmal braucht es so wenig für ein kleines Glücksgefühl und Wohlbehagen. Eine warme Dusche nach einem anstrengenden Tag, ein mundendes Nachtessen, ein bequemes Bett. So wie jetzt.

 

Patrick Leigh Fermor

Ich vertiefe mich ein weiteres Mal in Patrick Leigh Fermors 2-bändiges Opus Magnum Die Zeit der Gaben: Zu Fuß nach Konstantinopel. Also sozusagen das Ur-Werk aller Wanderbücher, erlebt und geschrieben von einem damals 18-jährigen Engländer.

 

Ich zitiere aus dem Klappentext:

18 Jahre alt ist Patrick Leigh Fermor, als er sich aufmacht, Europa zu erkunden. Sein Ziel vor Augen, er will nach Konstantinopel, wandert er zunächst von Hoek van Holland rheinaufwärts. Tief hinein nach Deutschland geht die winterliche Reise, durch Wiesen und Wälder, verschneite Städte, die Donau entlang, nach Wien und Prag, bis in die ungarischen Marschen. Es ist das Jahr von Hitlers Machtergreifung. In seiner poetischen und präzisen Sprache lässt Patrick Leigh Fermor vor unserem inneren Auge das alte Europa erstehen, das wenige Jahre später in Schutt und Asche versinken wird.

Während des Zweiten Weltkriegs stand Fermor im Dienst der Special Operaions Executive. Die SOE setzte Major Fermor unter anderem im besetzten Kreat ein. Dort lebte Fermor im Untergrund, organisierte den Widerstand gegen die deutschen Besatzer und entführte schließlich zusammen mit einem Offizierkameraden den deutschen Generalmajor und Befehlshaber der deutschen Besatzungstruppen auf Kreta. Er wurde dafür mit zwei Orden ausgezeichnet und zum Ehrenbürger von Iraklio ernannt.

Ich habe vor kurzem erfahren, dass Fermor im letzten November mit 96 Jahren gestorben ist. Ich fühle einen Verlust, als hätte mich ein guter Freund verlassen. Ein Wanderer, ein ewig Reisender. Ein poetischer Schriftsteller von Gottes Gnaden. Ich werde ihn vermissen, auch wenn ich bis vor drei Jahren nicht mal etwas wusste von seiner Existenz.

 

PS Song zum Thema:  Tame Impala – Elephant

Und hier geht die Reise weiter …

 

Laos

Luang Prabang – Die heiligste aller Städte

Nun bin ich also in der heiligsten aller Städte des Landes – Luang Prabang. Und heute werde ich herausfinden, warum das so ist …

Doch das erste, was am Morgen, beim Hinaustreten ins Frei, auffällt, ist die frische Luft. Sie riecht nach Gewürzen, nach frischem Brot, nach Wald.

Seltsam in einer Stadt, die gestern Abend noch vor allem nach Auspuffgasen und allerlei anderen schlimmen Düften roch. Vielleicht hat sie der Nachtwind weggeblasen, vielleicht – und das ist die grössere Wahrscheinlichkeit – bilde ich mir das nur ein.

Weil es so sein sollte in dieser heiligsten allen Städte in Laos.

Wat Xieng Thong

Es fängt an mit den Malereien, an denen sich auch das ungeübte Auge nicht sattsehen kann. Vögel, Tiere, Gottheiten, in allen Farben des Spektrums, die auch nach so vielen Jahren (oder Jahrhunderten) noch immer verzaubern.

 

Wat Xieng Thong Temple
Wat Xieng Thong Tempel

 

Is there anything more beautiful?
Gibt es etwas Schöneres?

 

Gong
Ein Gong …
Kunst
… und künstlerische Feinheiten

Eine billige Plastikblume am Buddha

Und immer ist da dieser typisch buddhistische Klang, dieser weltliche Aspekt, der in allem mitschwingt. Eine billige Plastikblume am Hals einer jahrhundertealten Figur. In Burma waren es gelegentlich Preisschilder, hier könnte auch eine Colaflasche zelebriert werden. Es würde keinen stören.

Für westliche Geister allerdings, vor allem die dogmatischen, undenkbar, verstörend, eine Beleidigung des guten Geschmacks und für den Künstler (dem es vermutlich ziemlich egal gewesen wäre). Das ist das Schöne am Buddhismus, diese Dinge spielen schlicht keine Rolle, der Geist der Vergänglichkeit durchdringt die Welt, also auch die alten Götter und deren Abbilder.

 

Tempel und Auto
Der buddhistische Pragmatismus: Tempel und Garage in einem

Absurde kleine Existenzen

Nun, wie auch immer, ich sitze an einem Steintisch im Schatten eines Baumes, Touristen strömen in Scharen vorbei, ich gehöre zu ihnen, diesen Ignoranten. Macht nichts. Vergänglich. Wir sind alle absurde kleine Existenzen, hechelnd nach Anerkennung, manchmal jaulend vor Einsamkeit, eine winzige Flamme in der Dunkelheit. Vergänglich. Es spielt keine Rolle, nur die Summe am Schluss zählt. Oder doch nicht?

Einige dunkle Wolken hängen über der Stadt; zuhause würden sie wohl ein baldiges Sommergewitter ankündigen. Doch hier bilden sie nur eine kurze Episode, machen den Mittag und seine Hitze etwas erträglicher.

 

Sich treiben lassen

Die Stadt ruft sozusagen danach, sich einfach treiben zu lassen. Das Denken beiseite zu lassen. Achtsamkeit, diesen westlichen Hype, wirken zu lassen. Und dann nur noch sein. Mal beim nächsten Tempel, beim Fluss, der sich träge an der Stadt vorbei wälzt. Oder im Café bei der Betrachtung der Menschen, die vor dem Fenster vorbeigehen. Auf dem Hügel, der über der Stadt thront, die Aussicht geniessen.

 

Philosophische Gedanken am Abend

Die Stadt ruft ambivalente Gefühle hervor. Ohne Touristen wäre sie eine stille, verträumte alte Stadt, voller Geschichte, voller Erzählungen übe die Welt, über Kriege und Not. Und die absonderlichen Launen der Spezies Mensch, die fähig ist zu höchster Kunst und barbarischer Grausamkeit. Man muss es wie alles andere in Gelassenheit hinnehmen.

Und wenn wir gerade von Gelassenheit sprechen – die wirkungsvollste Waffe gegen die Zweifel am Sinn der eigenen Existenz wäre eigentlich das Zurücknehmen der Wichtigkeit der eigenen Existenz. Sehr heilsam als Gedanke, aber kann man leben damit?

Seltsam – die Stadt scheint prädestiniert dafür, in philosophische Gedanken abzugleiten. Ob das gut ist, weiss ich nicht, wir werden sehen.

 

Der Nachtmarkt

Gegen Abend entsteht Hektik. Wo vor kurzem noch allerlei Vehikel und tausende Fussgänger sich den Platz streitig gemacht haben, werden nun in Windeseile Stände aufgestellt, aus Anhängern, Autos, Fuhrwerken, Taschen und Rucksäcken eine Million Tücher, T-Shirts, Handschuhe, Ringe und Armbänder und eine weitere Million kleiner und grösserer Kinkerlitzchen bereitgestellt. Jetzt verstehe ich – Nightmarket!

 

Nightmarket in Luang Prabang
Tausend Lampen, tausend Stoffe, T-Shirts, Teppiche …

 

PS Song zum Thema:  Sisters of Mercy – Temple of Love

Und hier geht’s weiter …

 

Laos

Nam Ou Flussfahrt – Das Abenteuer endet

Der Tag beginnt früh, mit Hühnergegacker, Entengeschnatter, fröhlichen Kinderstimmen.

Frühmorgendliche Kühle und Feuchtigkeit in der Luft. Langsamer, träger Gang durch die Pfade zwischen den Häusern. Das Ticketbüro öffnet erst um acht, also zuerst mal Frühstück, wie es sich gehört. Abschiedsgespräche, immer dasselbe. Man schwört sich, in Verbindung zu bleiben, und weiss doch ganz genau, dass es niemals klappen wird.

 

Abschiede

Das Boot legt verspätet ab, weil ein paar hohe Beamte begrüsst werden müssen. Sie werden empfangen wie Könige. Ich will mich gar nicht erst damit aufhalten, wie sehr mich die Verneigungen vor diesen merkwürdig spiessigen Männern ärgern. Wir leben gottseidank in Ländern, wo Unterwürfigkeit vor den oberen Hierarchiestufen verpönt ist. Aber kann man es den Leuten hier verdenken? Sie leben in einem Land, wo oben und unten klar geregelt ist. Verstösse werden geahndet. Punkt. Aber daran gewöhnen werde ich mich niemals.

Das Dorf, das mir in kurzer Zeit ans Herz gewachsen ist, Muang Ngoi und Reto und James und Suzie, verschwinden im vom Morgenlicht verwunschenen Ufer.

 

Farewell tu Muang Ngoi
Ready for takeoff

 

Ein Blick zurück, nur einer, dann gibt es nur noch das Vorne.

Am Anfang lässt uns der Fluss unsere morgendliche Ruhe, gibt vor, gezähmt zu sein, seine Kraft verloren zu haben. Das Ufer gleitet ruhig und gemächlich vorbei, eine Herde Kühe, eng zusammen liegend, ein Boot am Ufer, dann wieder lange nichts, nur Bäume, Gebüsche, braune und gelbe Erde.

Und manchmal Fischer, stoisch ihre Ruten ins Wasser haltend, Wasserbüffel, im Dreck suhlend, Dörfer, Häuser, Hütten. Und der Urwald, manchmal gerodet und mit Eukalyptusbäumen bepflanzt. Dann werde ich wütend und traurig und verfluche die Chinesen, die das alles angerichtet haben.

 

Fishermen at work
Fischer an der Arbeit
Cows at the shore, sunbathing
Sonnenbadende Kühe am Ufer
Sometimes a boat, empty ...
Manchmal ein leeres Boot …

... or a few kids, playing in the water

Aber dann ist es mit der Ruhe vorbei, der Fluss will uns einmal mehr zeigen, wer der Herr im Hause ist.

Ich schaue auf das rasende Wasser hinaus, wie in Trance, immer wieder durchgeschüttelt durch die eine oder andere Stromschnelle, die nun im Minutentakt auftauchen, ein paar Sekunden lang tosen und lärmen, um dann hinter uns zu verschwinden.

 

Wild water
Wildes Wasser

Unidentifiable Objects in the water

An einer Stelle ist der Fluss zu einem tobenden Ungeheuer geworden. Wir sind gezwungen, das Boot zu verlassen und ein paar hundert Meter zu Fuss flussabwärts zu gehen, bis zur Stelle, wo man wieder guten Gewissens und ohne unnötige Risiken einsteigen darf.

 

Auf der Suche nach einem Boot

In Nong Kiao, dem nächsten grösseren Dorf, geht das Boot vor Anker. Ende der Reise. Von hier an heisst es, wieder einen Platz auf einem Boot zu finden. Was erheblich schwieriger ist als angenommen. Das erste Boot ist nämlich bei unserer Ankunft bereits voll und legt eben ab. Ja Kruzifix! Natürlich gibt es andere Boote, und auch der Preis ist bekannt. Allerdings sinkt dieser natürlich mit der Anzahl der Passagiere, was zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht gewährleistet ist.

Es gilt also, in der heissen Mittagspause ein paar Leute zu finden, die das gleiche Ziel haben. Ich mache mich erst mal auf den Weg in die nächste Bank; das Bargeld geht zur Neige und der freundliche Bootsvermieter möchte gerne in bar bezahlt werden. Na gut, allerdings dauert es doch seine Zeit, bis ich in dem Kaff etwas Ähnliches wie eine Bank finde.

Und dann haben wir zwar nicht die gewünscht Anzahl Passagiere beisammen, aber der Preis tut nicht mehr ganz so weh (es gibt da doch einige Travellers, die monetär eher aus dem letzten Loch zu pfeifen scheinen).

 

Der Mekong saugt uns auf

Ich bin heute ganz still, rede kaum, während um mich vielstimmiges, vielsprachliches Geschnatter den Lärm des Aussenborders zu übertönen versucht. Wieder einmal gehöre ich heute, ganz bewusst, nicht dazu. Ich befinde mich in meiner eigenen Welt, konzentriert und ganz, dem Augenblick hingegeben.

Die Pak Ou Höhlen

Ein paar Kilometer nördlich von Luang Prabang befinden sich die Pak Ou Höhlen, eine buddhistische Kultstätte, berühmt für ihre hunderten von Buddhastatuen. Es handelt sich um zwei Höhlen, die sich auf der Westseite des Mekong Flusses befinden.

Es ist klar, dass wir dort Halt machen. Allerdings muss man sich einmal mehr den Platz erkämpfen. Seit es in Laos immer mehr chinesische Touristen hat, die in Hundertschaften die berühmtesten Orte bevölkern, ist es manchmal etwas schwierig geworden. Aber man gewöhnt sich daran.

 

One of the many Buddhas
Einer der vielen Buddhas

 

Even more Buddhas
Noch mehr Buddhas

 

Und dann sind wir da, pünktlich zum Sonnenuntergang

Wie bestellt geht in dem Augenblick, als das Boot am Ufer von Luang Prabang anlegt, die Sonne in ihrem täglichen Pomp und unerreichtem Pathos unter.

 

Sunset over the Mekong
Sonnenuntergang über dem Mekong

 

Ich weiss nicht recht, wo ich mich befinde, irre ein bisschen herum, und bin unversehens allein. Ich frage mich durch, erreiche die Hauptstrasse, biege in einen Nebenweg ab. Irgendwann finde ich ein Hotel, esse eine Pizza, schlurfe durch die Stadt. Alles andere morgen …

 

PS Song zum Thema:  The Hat ft. Father John Misty & S.I. Istwa – The Angry River

Und hier geht’s weiter …