Ich erinnere mich in dieser elenden Nacht mit Wehmut an die wunderbaren Busse der „Cruz del Sur“ Gesellschaft, an die Cama Sitze, die warmen Decken, die weichen Kissen, die Beinstützen, auf der Fahrt von Cusco nach Lima.

Davon kann man hier nur träumen. Nach ein paar Stunden hat man zwar irgendwie etwas Schlaf gefunden, aber lediglich mühsamen, eingeengten, ganz und gar nicht komfortablen. Allerdings stimmt die Behauptung, dass die nächtliche Fahrt auf der Strasse beträchtliche Vorteile aufweist. Es sind nur wenige Fahrzeuge zu überholen, vor allem fast keine dieser Monstertrucks, und so braust unser Bus mit Höchstgeschwindigkeit durch die dunkle Nacht, einmal mehr ein geisterhaftes Schemen, ein Gespenst mit hunderten von PS.

Er hält kein einziges Mal an. Hat es etwas damit zu tun, dass nächtliche Überfälle auf Busse keine Seltenheit sind (waren?) und die Wahrscheinlichkeit nun durch hohe Geschwindigkeit reduziert wird? Keine Ahnung.

From Medellin to Cartagena

Tu Onda Beach Hotel

Anyway, auch unangenehme Nächte gehen nach gut 13 Stunden zu Ende.

Schon der erste Kontakt mit der Aussenwelt zeigt ganz andere Temperaturen als die in letzter Zeit erlebten. Es ist bereits am frühen Vormittag drückend heiss, was das besagte Feel-Good-Level ein weiteres Mal positiv beeinflusst.

Der Taxichauffeur allerdings hat nicht die geringste Ahnung, wo er meine Unterkunft finden soll, also fahren wir mal aufs Geratewohl los, immer schön in Richtung des Meeres. Man hält mal hier, fragt jemanden am Strassenrand, dann hält man dort bei einem Hotelwächter, doch der hat keinen blassen Schimmer, zeigt aber souverän in die falsche Richtung, und erst später stellt sich heraus, dass sein Hotel grade mal etwa dreihundert Meter von meinem weg liegt.

Wir nähern uns aber unserem Ziel, allerdings ohne es zu wissen, und als dann unerwartet das Schild „Tu Onda Beach Hotel“ auftaucht, sind der Taxifahrer und ich schon beinahe zu einer verschworenen Gemeinschaft geworden und geben uns ein High-Five.

Tu Onda Beach Hotel 1 Tu Onda Beach Hotel 2

Das „Tu Onda Beach Hotel“ erweist sich als das richtige Hotel, allerdings am falschen Ort, wie sich später herausstellen wird. Das soll mich aber im Moment nicht interessieren, denn alles, wonach mein geschundener Körper lechzt, ist eine tüchtige Dusche und zwei, drei Stunden Schlaf. An der Reception sind zwei weitere Touristen eben am einchecken, eine Dame mit ihrem Sohn. Wir unterhalten uns geraume Zeit auf Englisch, bis der Junge zu seiner Mutter sagt: „Häsch gseh?“

Alles klar, dos Suizos.

Aber wie gesagt, das Hotel ist schön, besitzt einen grossen Innenhof mit Tischen und Stühlen, einer Bar und seltsamerweise einem Barren und einem Reck. Kein Swimming Pool, aber Turngeräte, an denen sich ein paar junge Männer mit massgeschneiderten Bodys und Sixpacks versuchen, allerdings ohne die Zuschauer auch nur im Geringsten zu beeindrucken …

Cartagena de Indias

Cartagena de Indias mit ihren 1.001.755 Einwohnern ist eine Stadt an der Karibikküste Kolumbiens und liegt im Norden des Landes mit Zugang sowohl zum offenen Meer als auch zur Bahía de Cartagena de Indias.

Die Stadt hat sich als eine der schönsten Kolonialstädte Südamerikas behauptet. Cartagena ist die Stadt mit den meisten Touristen und nicht zuletzt wegen der geografischen Lage die sicherste und bestbewachte Stadt in Kolumbien.

Auf dem Weg in die Stadt (die sich leider viel weiter entfernt von meinem Hotel befindet als erwartet) zeigt sich am Horizont die Skyline der City. Sie macht den Eindruck einer mondänen Weltstadt, was allerdings nur für einen relativ kleinen Teil der Stadt zutrifft.

Cartagena Skyline 1 Cartagena Skyline 2

Das ummauerte Stadtzentrum

Das komplett ummauerte alte Stadtzentrum mit Festungsring und den Stadtteilen Centro mit der Kathedrale und zahllosen Palästen im andalusischen Stil, San Diego, dem Viertel der Händler und der zahlenmäßig kleinen Bourgeoisie sowie Getsemaní, dem Viertel der kleinen Leute und Handwerker, das aus dieser Zeit stammt, wurde 1959 zum nationalen Kulturerbe erklärt und ist seit 1984 UNESCO-Weltkulturerbe.

City Walls of Cartagena Old part of town

Das besagte Centro Historico ist eine besondere Augenweide. Schachtelartig angelegt (das kennen wir in der Zwischenzeit) bietet es eine beeindruckende Ansammlung wunderbar erhaltener Kolonialhäuser aus spanischen Zeiten. Viele sind farbig bemalt, blau, grün, rot, orange und alle Töne dazwischen. Violette Pflanzen (Bougainvillea?) hängen tief über den Gassen, verströmen einen betörenden Duft (oder ist es doch das Parfum der Dame, die eben neben mir vorbeirauscht?).

Houses painted in all colors
Farbige Häuser, dazwischen enge Gassen
Colors you never get enough of
Farben um sich sattzusehen

Ich kann mich nicht erinnern, in einem Kaff dermassen viele Touristen gesehen zu haben, nicht mal in Cusco. Sie sind im Vergleich zu den Einheimischen massiv in der Überzahl, stolpern einander über Beine und Füsse, auf der Suche nach der Kathedrale, dem Parque Bolivar, einem kühlen Bier oder vielleicht nach dem Ausgang, der nämlich nicht so einfach zu finden ist.

Leider sind nur wenige Strassen für den Verkehr gesperrt, sodass das beständige Hupen schon bald auf die Nerven geht. Allerdings ist zu erwarten, dass bei einem weiteren Wachstum des Tourismus dieses Problem wohl bald zu Ungunsten des Verkehrs gelöst wird.

Nearly destroyed Murales in Cartagena
Murales vom Zahn der Zeit angenagt
Streets and alleys in Cartagena 1
Erinnert manchmal an Havanna in Kuba
Streets with no Names
Namenlose Strassen und die unvermeidlichen Murales
Yet sometimes a human being
Und doch, manchmal ein menschliches Wesen, das sich auf die Strasse traut

Das Leben als ruhiger Fluss

Die Seitenstrassen sind still und einsam, hier ist das Leben ein ruhiger Fluss. Aber auch hier haben Graffiti-Künstler ihre Spuren hinterlassen.

Ich lasse mich wie üblich treiben, die Augen weit offen, lasse die Bilder, die Geräusche aus den Fenstern, aus den Hinterhöfen, den Garagen und kleinen Shops auf mich wirken. Merkwürdigerweise habe ich plötzlich den Eindruck, gar nicht mehr an einem bestimmten Ort zu sein. Es ist ein Ort-loses, Zeit-loses, Sein-loses Treiben, ganz im Hier und Jetzt, wo weder Ort noch Zeit eine Rolle spielen.

Die Sonne spielt ihre gewohnte Rolle, brennt auf Haupt und Schultern, macht das Atmen schwer, aber ich bin dankbar, suhle mich in den aufgeheizten Gassen an der unüblichen Hitze.

Ich bin glücklich.

Das Nachtleben

Das karibische Nachtleben in Cartagena de Indias ist legendär, eine touristische Spezialität ist Rumba en Chiva, eine Party im Bus.Ich weiss allerdings nicht, was das bedeutet. Ich habe weder einen Bus noch eine Party erblickt.

Die meisten Diskotheken befinden sich in der Calle Arsenal, Getsemaní. Kleinere Clubs und Restaurants befinden sich im Historischen Zentrum der Stadt. In Cartagena entstand die afrokaribische Musikrichtung Champeta, die vor allem in den Armenvierteln der Stadt gehört und gefeiert wird.

Warm yellow light filling the enpty alleys
Warmes gelbes Licht füllt die beinahe verlassenen Strassen
and in the middle of the hustle and bustle Horse carriages, waitimg for tired touristst
Mitten im Trubel Pferdekutschen, auf müde Touristen wartend
illuminated restaurants with all kinds of bric-a-brac
beleuchtete Kneipen mit allerhand Krimskrams
The guests are surrounded by lights and random stuff
Die Gäste sind von Lichtern und irgendwelchen Dingen umgeben

Wie Djema al Fna

Manchmal kommt man sich vor wie auf der Djema al Fna in Marrakesch, fehlen eigentlich nur noch die Wasserverkäufer und die Märchenerzähler.

Junge Burschen geben vor den Touristenbussen in perfekter Choreographie Breakdance-Einlagen, die absolute Weltklasse sind. Diese Körperbeherrschung. Man kann gar nicht anders als stehen zu bleiben und zu staunen. Ein junger Bursche hängt waagrecht in der Luft, nur durch seine Hand an einem senkrechten Stab in der Luft gehalten. Die Fussgänger bleiben stehen, wundern sich, überlegen sich eine physikalisch korrekte Antwort auf das unerklärliche Phänomen, bis auch der letzte merkt, dass der junge Mann durch den Ärmel, sein Hemd und seine Hose durch eine waagrechte Metallkonstruktion in der Schwebe gehalten wird.

Soviel zum Hintergrund. Zum Nachtleben kann ich nicht viel beitragen, denn wie schon erwähnt liegt unser schönes Hotel zwar am Meer, dafür weit abseits von Nachtleben, Diskos und Champeta (vom altersbedingten Drang, früh ins Bett zu gehen, ganz zu schweigen).

So geht der Tag schnell vorbei, Müdigkeit kommt auf, der Himmel verdunkelt sich, Time to say Goodbye …

 

Kilometerstand: 9015

Song zum Thema:  Fonseca, Silvestre Dangond – Cartagena

Und hier geht die Reise weiter …

 

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