Die Stupa thront hoch über dem See und der Stadt, ein idealer Ort, um eine Friedensbotschaft in die Welt zu senden. Meine Bucketlist für Pokhara neigt sich langsam dem Ende entgegen, und so mache ich mich schon am frühen Vormittag auf, um den Hügel mit der World Peace Stupa zu besteigen.

Aber eignet sich ein kaum bekannter Stupa an einem Ort, der den meisten Menschen fremd ist, für eine Friedensbotschaft an die Welt? Ich bezweifle es, lasse mich aber gerne vom Gegenteil übezeugen.

 

Ein schmales Boot und Schwimmwesten

Die kurze Fahrt über den See kostet 500 Rupien, dazu 70 Rupien für die zwingend erforderliche Schwimmweste. Einerseits ein einträgliches Geschäft für den Verleiher, andererseits vermutlich auf schlechte Erfahrungen der Schwimmkünste ihrer Klienten zurückzuführen. Mit mir zusammen wartet ein junges deutsches Paar auf die Abfahrt.

Jetzt endlich komme ich mir vor wie ein richtiger Tourist.

 

Boats on the Lake  Shop at the shore

 

Die Insel

Das Boot ist klein und schmal, der Ruderer sitzt ganz hinten und schwingt sein Werkzeug mit gemächlichen, professionellen, beinahe lautlosen Bewegungen. Wider Erwarten gibt es einen Zwischenhalt auf der kleinen, offenbar heiligen Insel mitten im See.

 

Apparently a Hindu sanctuary  Fat fish near temple

Hier finden sich vor allem Hindus ein, um im kleinen Tempel ihre Anbetungen an die zahllosen indischen Götter anzubringen. Die Schlange vor dem Eingang ist lang, doch die Gläubigen warten, leise schwatzend, geduldig. Man hat Zeit sich umzusehen, die vollgefressenen Fische zu bestaunen, die tagtäglich von den Touristen gefüttert werden. Sie haben offenbar ein gutes Karma erwischt, waren im letzten Leben vielleicht ausgemergelte Bettler. Die ewige Gleichung muss aufgehen.

 

Der Aufstieg

Der Weg zur Stupa hinauf bietet mal wieder Stufen ohne Ende, doch mit dem leichten Gepäck am Rücken ist das alles ein Klacks.

Meine beiden deutschen Bootsbegleiter haben sich verzogen, offenbar ziehen sie es vor, allein weiterzuziehen. Kann ich gut verstehen. Vor allem auch, weil ich sehr langsam bin, ein Spaziergänger, jemand, der keine Eile hat, nicht wie die anderen Touristen, die an mir vorbeihetzen.

Es wäre sicher schön, allein durch den dichten Wald zu steigen, den würzigen Geruch der Bäume und Gebüsche einzuatmen, um endlich all den Staub und Dreck der Grossstadt loszuwerden. Aber eben, der Solo-Aufstieg wird mir verwehrt, denn vor mir und hinter mir und manchmal auch neben mir keuchen ganze Heerscharen den Berg hinauf.

 

Steps again

 

Schlechte Sicht und ein guter Kaffee

Wie nicht anders zu erwarten, bieten bei der Ankunft ganz oben eine ganze Menge Restaurants und Läden ihre Produkte und Dienste an. Ich setze mich auf eine kleine Terrasse, nippe an einem Black Coffee und versuche, die unter mir liegende Stadt zu erkennen. Ein eher schwieriges Unterfangen, denn die Luft ist so feucht, dass die Stadt wie durch einen Filter scheint.

 

Pokhara through haze  ... and the lake, in haze as well

Doch der Kaffee ist zur Abwechslung mal wirklich gut.

Die Dame am Tresen, bei der ich bezahle, klärt mich auf. Offenbar gibt es hier in der Gegend einen kleinen Kaffeeanbau, von dessen Produkten ich eben eine Tasse voll geniessen durfte. Ich würde gerne einen Sack kaufen, aber wenn ich an meine übervollen Rucksäcke denke, verzichte ich lieber und halte mich an den Ferrari-Kaffee in Dietikon.

 

Der Stupa

Der Weltfriedesnstupa auf 1113 Meter Höheauf dem Bergkamm gehört zu den schönsten Ausflugszielen in der Umgebung von Pokhara. Er ist 40 Meter hoch und wirkt irgendwie falsch. Zuviel Bombast?

 

The World Peace Stupa

Natürlich muss man beim Betreten des Stupas die Schuhe ausziehen und auf jegliche lauten Geräusche verzichten. Wenn ich an die vergleichbaren Stupas in Burma denke, dann wirkt das Ding hier ausgesprochen künstlich. Aber was soll’s, wenn ich schon mal hier bin …

Meine Befürchungen haben sich bestätigt. Dieses Gebäude ist alles, aber ganz sicher nicht geeignet, um eine Friedensbotschaft in die Welt zu senden. Aber Hauptsache, die Besucher glauben an das Märchen – eines von vielen.

 

Golden Buddha  And a sitting Buddha

 

Der Abstieg

Es gibt mehrere Varianten, zurück in die Stadt zu gelangen. Man kann natürlich denselben Weg wählen und das Boot über den See nochmals nehmen. Finde ich nicht so attraktiv. Man kann aber auch einen kürzeren Weg durch den Dschungel nehmen, oder man nimmt den längeren, der allerdings etwas unübersichtlich ist.

Da ich jeweils mit Genuss die falscheste aller Alternativen wähle, ist klar, dass ich die dritte Variante wähle. Wie sich herausstellt, ist auch diese Wahl nicht das Gelbe vom Ei. Die Strasse ist zumindest im oberen Teil einigermassen verkehrsarm, das ändert sich jedoch schnell, als sie in die Hauptstrasse einbiegt, die vom Tal hinten in Richtung Pokharas verläuft. Nun also dichter Verkehr, stinkende und rauchende Busse und Lastwagen, Hupen und Brummen, und einmal mehr die Gefahr, über den Haufen gefahren zu werden. Als ich endlich die Ebene erreiche, sind bereits zwei Stunden verflossen.

 

Ein Fanta und rotgekleidete Damen

Ich setze mich am Srassenrand an einen Tisch vor einem Shop, bestelle ein Fanta und beobachte wieder mal, mit viel Genuss, das alltägliche Leben an einer gewöhnlichen nepalesischen Strasse. Wie immer ein Schauspiel, eine Operette, ein Drama, manchmal Komödie, manchmal Tragödie, doch immer Leben in all seinen Facetten.

Mein Blick fällt schliesslich auf eine Gruppe wunderschöner, in allen Tönen von Rot gekleideter Damen, sehr würdevollen Schrittes an mir vorbei stolzierend, bis eine ihren Daumen an das eine Nasenloch hebt und sich schnäuzt und damit die ganze stolze Würde auf einen Schlag zerstört …

 

Dem See entlang

Am Nachmittag dann zum letzten Mal der Spaziergang entlang des Sees, eine besondere Attraktion, die mich allerdings etwas an einen Senioren-Urlaub erinnert, der vor allem aus langen Spaziergängen und noch längeren Mittagsschläfchen bestehen soll (wie ich höre).

 

Boat on the lake  Cow on the lake

Ein Boot liegt im von Algen und anderen Pflanzen überwachsenen See, eine Kuh steht gedankenverloren im Wasser, man möchte ihre Gedanken lesen können (wenn sie denn welche hätte).

Kinder spielen am Strand, ihre Gesichter versunken in ihrer eigenen Welt, und doch, der Fremde wird sekundenlang mit misstrauischem Blick gemustert.

Auf halber Strecke kommen mir zwei Jungen entgegen, ziemlich verwahrlost, dem Kindesalter längst entwachsen und auf direktem Weg in eine Zukunft, die keine ist. Der jüngere der beiden stellt sich in Kung-Fu Pose vor mich hin, Herausforderung und Aggression in den bereits erloschenen, kalten Augen. Keine guten Aussichten …

 

Kids playing at the shore

 

PS Song zum Thema:  The Veils – Here come the Dead

Und hier geht die Reise weiter …

 

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